Referendariat

Die StA-Klausur im Assessorexamen

Das materielle Gutachten

Führt der Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 55 StPO zu einem Beweisverwertungsverbot?

Führt der Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 55 StPO zu einem Beweisverwertungsverbot?

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Um künftig keine Fehler mehr zu machen, ruft sich Polizeianwärter P noch einmal ins Gedächtnis, was er bei der Zeugenvernehmung neben der Belehrung nach § 57 StPO noch beachten muss.

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Einordnung des Falls

Führt der Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 55 StPO zu einem Beweisverwertungsverbot?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Zeuge ist nicht nur über die Wahrheitspflicht (§ 57 StPO), sondern auch über sein Auskunftsverweigerungsrecht zu belehren (§ 55 Abs. 2 StPO).

Ja, in der Tat!

Nach § 55 Abs.1 StPO kann der Zeuge die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs.1 StPO bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Über dieses Auskunftsverweigerungsrecht muss der Zeuge bei einer polizeilichen Vernehmung belehrt werden (§§ 163 Abs. 3 S. 2, 55 Abs. 2 StPO). Beachte: § 55 Abs.1 StPO dient dem Schutz des Zeugen oder seiner nahen Angehörigen vor der Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die vor (!) seiner Vernehmung begangen wurde. Zweck der Vorschrift ist es indes nicht, den Zeugen vor einer Falschaussage, also der Begehung einer Straftat, zu schützen.
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2. Führt ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 55 Abs.2 StPO nach Auffassung der Rechtsprechung zu einem Beweisverwertungsverbot im Verfahren gegen den Beschuldigten?

Nein!

Es ist streitig, ob eine unterbliebene Belehrung des Zeugen nach § 55 Abs.2 StPO ein Verwertungsverbot begründet: Für ein Beweisverwertungsverbot führt e.A. an, dass jeder Verstoß gegen die Regeln über zulässige Methoden der Wahrheitsfindung auch den Rechtskreis des Beschuldigten berühre und das Auskunftsverweigerungsrecht auch dem Schutz des Beschuldigten vor Falschaussagen des Zeugen diene. Der BGH lehnt jedoch ein Beweisverwertungsverbot mit der Begründung ab, dass allein der Zeuge durch das Auskunftsverweigerungsrecht vor dem Konflikt bewahrt werden soll, sich oder seine Angehörigen durch wahrheitsgemäße Angaben bloßzustellen. Weiter sei § 55 StPO als reine Verfahrensvorschrift nicht dazu bestimmt, die verfahrensrechtliche Stellung des Beschuldigten im Strafverfahren zu sichern.
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