+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Beschuldigte B ist mit ihrem Lebensgefährten L schon Jahrzehnte zusammen. Auch wenn sie nicht verheiratet sind, kommt ihr Zusammenleben einer Ehe gleich. Nun soll L als Zeuge im Strafverfahren gegen B vernommen werden.

Einordnung des Falls

Eheähnliche Lebensgemeinschaft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Steht dem Lebenspartner eines Beschuldigten ein Recht zur Zeugnisverweigerung zu (§ 52 Abs.1 Nr. 2a StPO)?

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Ja!

Nach § 52 Abs.1 Nr.2a StPO sind nicht nur Ehepartner, sondern auch Lebenspartner des Beschuldigten zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt.

2. Darf L als Lebensgefährte also das Zeugnis gemäß § 52 Abs.1 Nr. 2a StPO verweigern?

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Nein, das ist nicht der Fall!

Lebenspartner nach § 52 Abs.1 Nr. 2a StPO sind Personen gleichen Geschlechts, die vor dem 31.10.2017 eine eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem LPartG begründet haben. B und L sind keine Lebenspartner iSd. § 52 Abs.1 Nr.2a StPO, sondern leben bloß in „eheähnlicher Lebensgemeinschaft“ zusammen. Seit dem 31.10.2017 ist auch für gleichgeschlechtliche Partner die Eheschließung möglich (§ 1353 BGB). Ein Zeugnisverweigerungsrecht folgt dann aus § 52 Abs.1 Nr.2 StPO.

3. Aufgrund des Zusammenlebens in eheähnlicher Lebensgemeinschaft steht dem L jedoch ein Zeugnisverweigerungsrecht entsprechend § 52 Abs.1 Nr. 2, Nr. 2a StPO zu.

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Nein, das trifft nicht zu!

Es ist streitig, ob auch das Zusammenleben in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zur Zeugnisverweigerung berechtigt. Denn schließlich besteht zwischen den Partnern ein Vertrauensverhältnis, das idR dem zwischen Eheleuten oder eingetragenen Lebenspartnern gleichkommt. Allerdings lehnt die hM ein entsprechendes Zeugnisverweigerungsrecht ab: (1) Zum einen stehe der eindeutige Wortlaut des § 52 Abs.1 Nr. 2, Nr. 2a StPO der Gleichstellung entgegen. (2) Zum anderen habe der Gesetzgeber die zahlreichen Gesetzesänderungen der vergangenen Jahre nicht zum Anlass genommen, die Regelungen zum Zeugnisverweigerungsrecht zu ändern, sodass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt und somit eine analoge Anwendung ausgeschlossen ist. (3) Überdies sei das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft häufig kaum klar zu bestimmen. L hat somit kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 2a StPO (analog).

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