Referendariat
Die ZVR-Klausur
Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO
Gesamthandsgemeinschaften: Nicht-rechtsfähiger Verein
Gesamthandsgemeinschaften: Nicht-rechtsfähiger Verein
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
D ist Mitglied im Briefmarkenverein S. S ist nicht ins Vereinsregister eingetragen. D ist kein Mitglied des Vorstands von S. G verklagt S erfolgreich auf Zahlung von €5.000. G lässt bei D - ohne dessen Einwilligung - eine wertvolle Briefmarke, die dem Verein gehört, pfänden.
Diesen Fall lösen 67,2 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Gesamthandsgemeinschaften: Nicht-rechtsfähiger Verein
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. D kann mit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) gegen die Pfändung der Briefmarke vorgehen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Statthafter Rechtsbehelf für D ist die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO).
Ja, in der Tat!
3. Die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) des D ist begründet und hat Erfolg.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Isabell
8.1.2021, 21:14:18
Haften die Mitglieder von Vereinen für den Verein nicht erst ab Entlastung des Vorstandes?
Christian Leupold-Wendling
8.1.2021, 23:14:12
Hi Isabell, das Eigentum an der Briefmarke gehört zum Vereinsvermögen.
Thjolly
19.9.2023, 09:08:34
Sieht die hM den Besitz nicht auch als
Interventionsrechtan (so zumindest BGHZ 2, 164 und bei Kaiser ZVR Rn.40)? Gewichtiges Argument mit Verweis auf die dem Besitz nach 858 ff. BGB zukommende Ausschlussfunktion und bei
Recht zum Besitzzukommende Nutzungsfunktion, sodass er eigentumsähnlich (Vgl. Funktionen des 903 BGB) ist. Ihm kommt also mehr als nur die von der Gegenansicht behaupte
tatsächliche Position zu.
juravulpes
12.4.2024, 13:44:19
Besitz wird von der im Vordringen befindlichen/mittlerweile herrschenden Ansicht nicht als
Interventionsrechteingeordnet. Dafür sprechen mE auch die besseren Argumente: Besitz ist eine
tatsächliche Position und schon terminologisch kein Recht. Die dem Besitz zukommende Ausschlussfunktion wird durch §
809 ZPOgeschützt, dessen Verletzung im Wege der Vollstreckungserinnerung geltend gemacht werden kann. Sofern der Besitz berechtigt ist, kommt es für die Annahme eines
Interventionsrechts auf die Einordnung des den Besitz tragenden obligatorischen oder dinglichen Rechts an.
Tat
17.1.2024, 22:29:47
Leo Lee
20.1.2024, 14:20:44
Hallo
Tat, vielen Dank für diesen sehr wichtigen Hinweis! In der
Tatist das Redaktionsteam gerade dabei, die „überholten“ Aufgaben an das MoPeG anzupassen. Da diese sehr viele sind und auch über viele Gebiete hin verstreut sind, bitten wir an dieser Stelle um Verständnis und Nachsicht :). Wir werden alles tun, damit die Änderungen so schnell wie möglich kommen! Wir würden uns weiterhin freuen, wenn du uns weiterhin unter bearbeitungsbedürftigen Aufgaben mitteilen würdest, dass eine Änderung des MoPeGs nötig ist. Wir möchten die Gelegenheit nehmen, um dir dafür zu danken, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Marcel13
10.10.2024, 16:07:24
Die Aufgabe ist immer noch nicht nachgearbeitet. Nur zur Info :)
KlarKarl
6.12.2024, 17:18:08
Immer noch nicht
jurafuchsles
7.7.2024, 10:44:15
wie ist es denn jetzt nach dem neuen Recht ?
Tobias Krapp
2.8.2024, 16:20:51
Hallo jurafuchsles, danke für deine Nachfrage! An der Lösung selbst ändert sich nichts. Auch nach dem MoPeG sind Vereinsmitglieder Dritte, es sei denn sie sind Vereinsorgan oder
Besitzdienerfür ein Organ. Nur der Hintergrund und die Begleitvorschriften haben sich geändert: Das MoPeG hat den ohnehin verunglückten Begriff des "nichtsrechtsfähigen Vereins" in § 54 BGB a.F. gestrichen und bezeichnet einen nicht eingetragenen Verein nun als "Verein ohne Rechtspersönlichkeit", § 54 BGB n.F. Dieser ist nun nach § 54 I S. 1 oder 2 BGB n.F. (je nachdem um welchen Vereinstyp es sich handelt), entweder dem eingetragenen Verein gleichgestellt und insoweit rechts- und damit parteifähig (§ 50 ZPO) oder die Rechts- und
Parteifähigkeitergibt sich aus der Verweisung auf das Recht der GbR, die ihrerseits nach § 705 II BGB n.F. rechts- und damit parteifähig ist. Daher wurde im Rahmen des MoPeG § 50 II ZPO a.F., der die
Parteifähigkeitdes nicht rechtsfähigen Vereins klarstellte, gestrichen. Eine Klarstellung ist nun schlicht nicht mehr notwendig, denn die Rechts- und
Parteifähigkeitergibt sich jetzt bereits ausdrücklich aus den genannten Normen. In der Folge wurde auch § 7
35 ZPOa.F. aufgehoben, nach dem zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines nicht rechtsfähigen Vereins ein gegen den Verein ergangenes Urteil "genügte". Durch die Neuregelungen in § 54 BGB n.F. ist zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines solchen Vereins ein Titel gegen den Verein nicht nur "genügend", sondern vielmehr erforderlich, entweder nach § 54 I S. 1 BGB n.F. iVm § 750 I ZPO oder nach § 54 I S. 2 BGB n.F. iVm § 722 Abs. I BGB n.F. All dies ändert also nichts daran, dass Vereinsmitglieder Dritte iSd §
809 ZPOsind: Sie sind, wie die neuen Regelungen zeigen, nach wie vor weder Gläubiger noch Schuldner des Vollstreckungsverfahrens. Im Fall ist D auch weder Organ noch
Besitzdienerfür ein Organ. Also ist unverändert die Vollstreckungserinnerung hier zulässig und begründet. Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias
Tobias Krapp
2.8.2024, 16:24:51
@[Wendelin Neubert](409)
Entenpulli
3.10.2024, 13:29:19
@[
Tobias Krapp](259492) Danke für die ausführliche Erklärung. Ich verstehe allerdings nicht, wieso D im vorliegenden Fall nicht
Besitzdienersein soll.
Nocebo
24.7.2024, 13:48:38
Es stimmt, dass - wie in der Lösung vermerkt - der bloße Besitz selbst kein
InterventionsRECHTdarstellt. Das
Recht zum Besitzgibt jedoch nach hM, jedenfalls aber nach gewichtiger aA
tatsächlich ein
Interventionsrecht. Der Hinweis hierauf fehlt in dieser Aufgabe und sollte ergänzt werden. Man darf wohl davon ausgehen, dass hier eine Leihe von dem Verein vorliegt, wodurch ein
Recht zum Besitzbestehen würde. Dann hätte die
DrittwiderspruchsklageErfolg. Die Erinnerung daneben natürlich auch. "Der Besitz an einer beweglichen Sache als solcher gewährt nach heute wohl hM noch kein „die Veräußerung hinderndes Recht“ iSv § 771 Abs. 1, wohl aber das
Recht zum Besitz(OLG Rostock NJOZ 2005, 253; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rn. 39; Musielak/Voit/Lackmann Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Spohnheimer Rn. 25; Zöller/Herget Rn. 14.5: „Besitz“, jeweils mwN; aA Stamm ZZP 124 (2011), 317 (332 ff.))." (BeckOK ZPO/Preuß, 53. Ed. 1.7.2024, ZPO § 771 Rn. 29)