Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen
Die ZVR-Klausur
Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO
Ranghöheres Recht des Vollstreckungsgläubigers
Ranghöheres Recht des Vollstreckungsgläubigers
17. Februar 2025
16 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

S wohnt bei G zur Miete. G verklagt S erfolgreich wegen ausstehender Miete und lässt den von S am 01.01.2022 in die Wohnung eingebrachten TV pfänden. Bank D wehrt sich gegen die Pfändung. Denn S habe ihr das Eigentum an dem TV zur Sicherung eines Darlehens am 01.06.2022 übertragen.
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Einordnung des Falls
Ranghöheres Recht des Vollstreckungsgläubigers
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. D kann gegen die Pfändung mit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) vorgehen.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Drittwiderspruchsklage ist begründet, wenn D das behauptete Interventionsrecht tatsächlich zusteht und G keine Einwendungen hat.
Genau, so ist das!
3. Die Klage der D ist begründet und hat Erfolg, weil G keine Einwendungen gegen das Sicherungseigentum der D geltend machen kann.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jose
3.8.2021, 17:33:43
Braucht es hier tatsächlich den § 242? Dachte, dass sich auf den nur gestützt wird, wenn sich ein Recht nicht schon anderweitig ergibt? Könnte der G nicht einfach geltend machen, dass sein
Vermieterpfandrechtfrüher entstanden und damit ranghöher ist?

Lukas_Mengestu
13.10.2021, 10:10:36
Hallo Jose, im Ergebnis ist das genau der Einwand den G erhebt, nämlich, dass ihm das bessere Recht zusteht. Der genaue Prüfungsort ist dabei Geschmacksache. Überwiegend wird dies als Einwand des Rechtsmissbrauchs geprüft (vgl. Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 18.A.2021, §771 RdNr. 33). Teilweise wird aber auch argumentiert, dass es im Fall eines besseren Zugriffsrechtes bereits an einem "die Veräußerung hindernden Rechts" Klägers fehlt und der Einwand des besseren Rechts als Angriff gegen dieses Recht zu prüfen ist (ähnlich zB wie der Einwand der Nichtigkeit der Übertragung des Eigentums auf den Kläger wegen § 134 BGB bzw. § 138 BGB). Du hast hier insoweit ein wenig Spielraum, wo Du es verortest. Beste Grüße, Lukas

Isabell
13.10.2021, 09:07:07
Muss ich dafür nicht wissen, von wann die Mietrückstände sind? Oder entsteht das
Vermieterpfandrechtsofort mit Einbringen in die Wohnung, unabhängig davon, ob zu dem Zeitpunkt schon eine Forderung bestand?

Lukas_Mengestu
13.10.2021, 09:50:07
Hallo Isabell, der Zeitpunkt der Rückstände ist tatsächlich nicht maßgeblich, da das
Vermieterpfandrechtunmittelbar mit Einbringung der Sachen entsteht und auch künftige Mietforderungen sichert - begrenzt allerdings durch §562 Abs. 2 BGB (vgl. hierzu BGH NJW 2014, 3775 RdNr. 19 f.). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Isabell
13.10.2021, 10:12:24
Zack, da hat sich ein ewig bestehender Knoten rund ums
Vermieterpfandrechtgelöst. Danke für diesen Aha-Moment!

Lukas_Mengestu
13.10.2021, 23:18:20
Perfekt, so soll das sein! :-)

Blackpanther
10.2.2022, 10:40:26
Wenn ich das richtig verstanden habe ist das
Vermieterpfandrechtgem. §
805 ZPOkein die
Veräußerung hinderndes Rechtweil es besitzlos ist. Andererseits ist es aber ein tauglicher Einwand gegen das
Interventionsrechtdes
Drittwiderspruchsklägers zB. aufgrund
Sicherungseigentums?

Lukas_Mengestu
11.2.2022, 09:49:22
Genau so ist es :-)
juravulpes
12.4.2024, 16:42:48
Das
Vermieterpfandrechtist als dingliches Verwertungsrecht grundsätzlich ein die
Veräußerung hinderndes Recht. Wenn der Vermieter allerdings – wie im Regelfall – keinen Besitz an dem belasteten Gegenstand hat, kann er gem. §
805 ZPOnur die Vorzugsklage erheben.

nboss
16.5.2024, 11:25:00
Also geht §771 ZPO durch oder nicht ?
finnjh
9.8.2024, 16:52:53
Der Anspruch der D gem. § 771 ZPO geht nicht durch (@[nboss](248650)) . Zwar hat D mit dem
Sicherungseigentumein die
Veräußerung hinderndes Recht. Allerdings ist die Geltendmachung dieses
Interventionsrechtes ausgeschlossen, da G ein rangbesseres Recht zusteht. Dieses besteht in dem (zeitlich früher begründeten)
Vermieterpfandrecht. Abseits der Thematik besteht die von @[Blackpanther](163646) beschriebene Problematik, ob das
Vermieterpfandrechtselbst ein
Interventionsrechtdarstellen kann. Hier sagt die Rspr (wie zudem auch von @[juravulpes](240712) beschrieben), dass der Vermieter aufgrund der Besitzlosigkeit des Pfandrechtes nur Vorzugsklage gem. §
805 ZPOerheben, aber nicht gem. § 771 ZPO die Zwangsvollstreckung verhindern kann.

FW
15.10.2024, 11:48:09
Hi, irgendwie versteh ich nicht, dass das
Vermieterpfandrechtja ranghöher als das
Sicherungseigentumsein soll. Einerseits wird gesagt, dass
Sicherungseigentumist vollwertiges Eigentum und somit kein Eigentum 2. Klasse. Andererseits soll dies aber im Rang niedriger sein als ein
Vermieterpfandrecht. Ich hatte es so gelernt, dass zwischen beschränkt dinglichen Rechten - somit auch dem
Vermieterpfandrecht- ein Rangverhältnis bestehen kann, dass sich nach dem Zeitpunkt der Eintragung richtet. Beim
Sicherungseigentumals vollwertiges Eigentum kann aber doch kein Rangverhältnis bestehen.
Elee
5.11.2024, 13:17:20
Auch Volleigentum kann außerhalb des §
936 BGBselbstverständlich mit Rechten Dritter ( im Ausnahmefall auch eigener, wenn keine Konsolidation eintritt) belastet erworben werden, nichts anderes gilt daher für das
Sicherungseigentum. Im Fall ist das Pfandrecht höheren Ranges, weil es zu einer Zeit entstanden ist, als S noch Eigentümer war (Prioritätsprinzip!) und durch die Übertragung an D nicht erlischt (mangels Übergabe scheidet ein
gutgläubig lastenfreier Erwerbnach § 936 Abs. 1 S. 3 Var. 2 BGB aus. Auch eine Enthaftung nach § 562a S. 1 BGB kommt nicht infrage.) Praktisch wirkt sich das derart aus, dass D im Verwertungsfall erst dann aus dem Erlös des Sicherungsguts befriedigt wird, wenn der Pfandgläubiger G in voller Höhe der gesicherten Forderung Befriedigung erlangt hat. Auf welche Eintragung beziehst du dich? Das Rangverhältnis kollidierender Sicherheiten richtet sich grundsätzlich nach dem Prioritätsprinzip, welches u.a. in § 879 BGB niedergelegt ist. Gleichwohl ist die Vorschrift nur auf Grundstücksrechte anzuwenden. Der Erwerb von Rechten an Mobilien ist von keiner Registereintragung abhängig (ein solches existiert schon gar nicht).
HanDerenoglu
13.1.2025, 14:34:20
Ist es nicht so, dass die Bank lediglich ein
Anwartschaftsrechterworben hat, welches aber mit dem Pfandfecht des Vermieters belastet ist? Oder war das ein anderer Fall