Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Erlöschen des Schuldverhältnisses
Tilgungsreihenfolge: Irrtum über Schuldenumfang
Tilgungsreihenfolge: Irrtum über Schuldenumfang
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M schuldet V €400 Miete und €400 aus einem Kaufvertrag. M glaubt, neben der Miete seien nur noch €100 offen und übergibt V bei ihrem Auszug €500 mit den Worten: "Das dürfte alles sein". V erklärt, dies reiche nicht und will Ms Couch als Pfand behalten. M erwidert, die Miete sei beglichen.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Tilgungsreihenfolge: Irrtum über Schuldenumfang
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Darf V die Couch als Pfand behalten, wenn ihr daran ein Vermieterpfandrecht (§ 562 Abs. 1 BGB) zusteht?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hat M durch die Aussage "Das dürfte alles sein" zum Ausdruck gebracht, sie wolle vorrangig die Mietschuld tilgen?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Kann man nach der herrschenden Meinung bei fehlerhafter Tilgungsbestimmung immer auf die gesetzliche Tilgungsreihenfolge zurückgreifen (§ 366 Abs. 2 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Wird aufgrund der fehlerhaften Zweckbestimmung die Kaufpreisschuld als "weniger sichere" Forderung getilgt (§ 366 Abs. 2 BGB)?
Nein!
5. Angenommen die Voraussetzungen des Vermieterpfandrechts lagen zunächst vor. Darf V nach der geleisteten Zahlung von €400 die Couch als Pfand behalten?
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
QuiGonTim
18.7.2022, 16:48:56
Liebes Jurafuchsteam, könntet ihr zur teleologische Reduktion des § 366 Abs. 1 BGB noch eine Übersichtsaufgabe erstellen? Dies scheint mir doch ein kleiner Fallstrick in Klausuren zu sein, den man drauf haben sollte. :)
Nora Mommsen
3.8.2022, 15:17:55
Hallo QuiGonTim, auch diese Anregung haben wir mit auf unsere Liste gesetzt und arbeiten daran alles schnell umzusetzen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
lennart20
20.4.2023, 19:15:30
Ein weiterer Fall zur teleologischen Reduktion wäre gern gesehen! Vielen Dank
Lukas_Mengestu
25.4.2023, 13:25:56
Hi lennart, das nehmen wir gerne mit auf. Beste Grüße, Lukas
QuiGonTim
25.2.2024, 12:20:33
Liebes Jurafuchs-Team, ließe sich der Fall nicht bereits durch die Annahme einer
konkludenten
Tilgungsbestimmungohne den Umweg über die teleologische Reduktion des § 366 Abs. 2 BGB lösen? Als
geschäftsähnliche Handlungist die
Tilgungsbestimmungnach §§ 133, 157 BGB analog auszulegen. M leistete beim Auszug, also bei einer Handlung, die in unmittelbaren Zusammenhang zum Mietverhältnis steht und überhaupt keinen Bezug zum Kaufvertrag aufweist. Der Auszug wird aus
Leihensicht nahezu sinnbildlich als Ende des Mietverhältnisses angesehen. Wenn M der V in dieser Situation Geld mit den Worten „Das dürfte dann alles sein“ übergibt, drängt sich jedem objektiven Dritten der Schluss nahezu auf, dass M seine Leistung auf da Mietverhältnis bezog und in diesem Moment den Kaufvertrag überhaupt nicht im Sinn hatte. - Absatz - Oder macht es aus klausurtaktischer Sicht mehr Sinn hier eine fehlende
Tilgungsbestimmunganzunehmen, um danach zeigen zu können, dass man mit der teleologischen Reduktion des § 366 Abs. 2 BGB (Voraussetzungen: offenkundiger Widerspruch zu den redlich verstandenen Interessen des Schuldner + Erkennbarkeit für den Gläubiger) vertraut ist?
juravulpes
10.3.2024, 18:18:43
Dafür bietet der Sachverhalt meines Erachtens zu wenig Anhaltspunkte. Viel naheliegender ist es doch, in der Erwiderung des M, dass die Miete beglichen sei, eine
nachträgliche Tilgungsbestimmungzu sehen. Auf die teleologische Reduktion des § 366 Abs. 2 BGB dürfte es hier jedenfalls nicht ankommen.
Rechtsanwalt B. Trüger
6.5.2024, 13:07:11
Warum wird bei Aufgabe 1 die Kaufpreisschuld getilgt. Der Mieter würde doch auch ohne Erklärung eher auf die Mietschuld zahlen wollen, um das
Vermieterpfandrechtzu vermeiden…oder habe etwas nicht beachtet?
Maximilian Puschmann
7.5.2024, 11:45:56
Hallo Rechtsanwalt B. Trüger, der Unterschied liegt darin, dass der Mieter in Aufgabe 1 überhaupt keine Erklärung abgibt. Die Anrechnungsregeln des § 366 Abs. 2 kommen dann nur ausnahmsweise nicht zum Tragen, wenn das Ergebnis im Einzelfall mit dem vom Gesetz fingierten hypothetischen vernünftigen Parteiwillen nicht mehr in Einklang zu bringen ist. Beste Grüße, Max – für das Jurafuchs-Team