Wiederholungsgefahr (Grundfall)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

A veranstaltet eine Demo. Die Behörde meint, das Corona-Sicherheitskonzept der Demo sei unzureichend, und löst die Demo auf. A hat weitere Demos mit dem gleichen Corona-Sicherheitskonzept geplant und will gerichtlich feststellen lassen, dass die Auflösung rechtswidrig war.

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Einordnung des Falls

Wiederholungsgefahr (Grundfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Anfechtungsklage ist darauf gerichtet, einen Verwaltungsakt gerichtlich aufheben zu lassen (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). Hat sich ein Verwaltungsakt aber bereits erledigt, entfaltet also keine tatsächliche oder rechtliche Beschwer bzw. keine Rechtswirkung mehr, ist eine Aufhebung sinnlos. Als statthafte Klageart kommt dann eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO in Betracht. Die Auflösung der Veranstaltung ist ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 (L)VwVfG). Dieser hat sich mit seiner Vollziehung erledigt, sobald die Veranstaltung tatsächlich nicht mehr stattfindet. Die Auflösung anzufechten, wäre sinnlos. Statthaft ist die Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog – Erledigung vor Klageerhebung).
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2. Die Auflösung hat A möglicherweise in ihren subjektiven Rechten verletzt. A ist daher klagebefugt.

Ja, in der Tat!

Die Fortsetzungsfeststellungsklage soll nicht dazu dienen, die Voraussetzungen der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage zu umgehen. Auch i.R.d. Fortsetzungsfeststellungsklage muss deshalb der vormals wirksame Verwaltungsakt den Kläger möglicherweise in seinen Rechten verletzt haben. Die Klagebefugnis richtet sich nach § 42 Abs. 2 VwGO analog. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Auflösung der Veranstaltung A in ihren Rechten aus Art. 8 Abs. 1 GG verletzt hat. A ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO analog).

3. Weil die Auflösung A in ihren subjektiven Rechten verletzt haben könnte, hat sie ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auflösung.

Nein!

Von der Frage der Klagebefugnis ist die Frage nach einem berechtigten Interesse des Klägers an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts zu unterscheiden. I.R.d. Fortsetzungsfeststellungsklage muss deshalb nach dem Gesetzeswortlaut (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO a.E.) zusätzlich zur Klagebefugnis ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts bestehen (= Fortsetzungsfeststellungsinteresse). Die Anforderungen gehen über die bloße Klagebefugnis hinaus. A muss ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrikeit der Versammlungsauflösung geltend machen können.

4. Es gibt abschließende Fallgruppen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses.

Nein, das ist nicht der Fall!

Es gibt Fallgruppen, in denen ein berechtigtes Interesse i.d.R. problemlos angenommen werden kann. Dazu zählen z.B. die Wiederholungsgefahr, das Rehabilitationsinteresse und das Präjudizinteresse. Die Fallgruppen sind aber nicht abschließend. Sie decken lediglich die häufigsten Fällen ab, in denen ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts angenommen werden kann. Im Normalfall lässt sich der Sachverhalt unter eine der gängigen Fallgruppen subsumieren. Verlasse Dich aber nicht blind auf die Gruppen, sondern argumentiere im Zweifel selber!

5. A hat weitere, vergleichbare Demos mit dem gleichen Sicherheitskonzept geplant. Sie hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Auflösung der Demo rechtswidrig war.

Ja, in der Tat!

Eine gängige Fallgruppe des Fortsetzungsfeststellungsinteresses ist die „Wiederholungsgefahr“. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts besteht dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verwaltung in Zukunft einen ähnlichen Verwaltungsakt erlassen wird. A hat weitere, ähnliche Veranstaltungen mit dem gleichen Sicherheitskonzept geplant. Angesichts dessen sprechen gute Gründe dafür, dass die Behörde bei gleichbleibenden Sicherheitskonzept zukünftige Demos wieder auflösen wird. Argumentiere hier immer mit dem Sachverhalt. In der Klausur wirst Du konkrete Anhaltspunkte für das Fortsetzungsfeststellungsinteresse bzw. die einschlägigen Fallgruppen finden.
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