+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Autofahrerin A parkt ihr Auto im absoluten Halteverbot. Zwei Tage später stellt sie fest, dass ihr Auto abgeschleppt wurde. Die zuständige Behörde verlangt von A die Erstattung der Kosten des mit dem Abschleppvorgang beauftragten Abschleppunternehmers U.
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Einordnung des Falls
Weiterer Fall zur Verdeutlichung des Polizei- und Ordnungsrechts (Sekundärebene)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Da der Staat grundsätzlich zur Gefahrenabwehr verpflichtet ist, muss er auch alle hiermit verbundenen Kosten tragen.
Nein, das trifft nicht zu!
Gefahrenabwehr als zentrale staatliche Aufgabe ist grundsätzlich durch den „Steuerstaat“ zu finanzieren. Wendet der Staat hingegen besondere Mittel auf oder schaltet sogar Dritte ein, um einen rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen, kann es im Sinne einer gerechten Lastenverteilung sogar geboten sein, dass nicht der Staat und damit auch nicht die Allgemeinheit die Kosten zu tragen hat.
Die Pflicht zur Kostentragung folgt hierbei grundsätzlich der gefahrenabwehrrechtlichen Verantwortlichkeit. Diese trifft also denjenigen, der den rechtswidrigen Zustand zu verantworten hat.
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2. Der Erlass eines Kostenbescheides bedarf einer gesetzlichen Grundlage.
Ja!
Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) abgeleitete Grundsatz des Vorbehalt des Gesetzes verlangt zumindest für belastendes staatliches Handeln eine gesetzliche Grundlage.
Die Auferlegung von Kosten ist belastendes staatliches Handeln und bedarf daher einer gesetzlichen Grundlage.
Im Einzelfall kann die Abgrenzung und Identifikation der richtigen Rechtsgrundlage - wie auch auf der Primärebene - schwierig sein. Eine Generalklausel wie § 9 Abs. 1 POG gibt es für die Auferlegung von Kosten nicht.
3. Kann A gegen den Kostenbescheid im Wege der Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO vorgehen?
Genau, so ist das!
Die Anfechtungsklage ist statthaft, wenn die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt wird (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO).
Der Kostenbescheid erfüllt alle Voraussetzungen des Verwaltungsaktes nach § 35 S. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 LVwVfG. Statthafte Klageart ist somit die Anfechtungsklage.
Die Rechtmäßigkeit des Kostenbescheides ist auch von den formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen wie etwa dem Anhörungserfordernis gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG abhängig.
4. Für die materielle Rechtmäßigkeit eines Kostenbescheides ist es gänzlich ohne Bedeutung, ob die ursprüngliche Maßnahme rechtmäßig war.
Nein, das trifft nicht zu!
Aus dem verfassungsrechtlichen Gesetzmäßigkeitsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt, dass nur die Kosten rechtmäßiger Maßnahmen dem Verantwortlichen auferlegt werden können. Die materielle Rechtmäßigkeit eines Kostenbescheides hängt somit maßgeblich von der Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Maßnahme ab (sogenannter Rechtmäßigkeitszusammenhang zwischen Primär- und Sekundärebene).
Dies führt dazu, dass in einer Klausur, in der der Kläger einen Kostenbescheid angreift, inzident immer auch die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Maßnahme zu prüfen ist.
Im Einzelnen ist hier umstritten, ob zwingende Voraussetzung auch die formelle Rechtmäßigkeit ist oder ob die materielle Rechtmäßigkeit ausreicht.
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