Elektronische Form (§ 126a BGB)

4. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M möchte ein Café eröffnen und dazu von V einen Geschäftsraum für 2 Jahren anmieten. M und V legen die Vertragsbedingungen unter Nennung ihrer Namen in einer PDF-Datei fest und versehen diese mit ihrer eingescannten Unterschrift. Jeder speichert die Datei auf einem eigenen USB-Stick.

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Einordnung des Falls

Elektronische Form (§ 126a BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die elektronische Form stellt eine Variante zur Schriftform dar.

Ja!

Das Gesetz sieht eine Ersetzungsmöglichkeit der Schriftform vor (§ 126 Abs. 3 BGB). Soweit das Gesetz keine andere Regelung trifft, kann die Schriftform durch eine elektronische Form (§ 126 a BGB) ersetzt werden. Es handelt sich nur um eine Alternative zur Schriftform und bedarf des (zumindest konkludenten) Einverständnisses des anderen Teils. Die elektronische Form ist beispielsweise ausgeschlossen bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses(§ 623 BGB) oder der Übernahme einer Bürgschaft (§ 766 S. 2 BGB). Hintergrund ist insbesondere der Übereilungsschutz. Der Mietvertrag bedarf der Schriftform (§ 550 S. 1 BGB, § 578 Abs. 2 S. 1 BGB). Durch die Anfertigung der elektronischen Datei möchten die Parteien zumindest konkludent die Schriftform ersetzen.
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2. Das PDF-Dokument ist ein elektronisches Dokument.

Genau, so ist das!

Das elektronische Dokument wird definiert als Daten in elektronischer Form, die auf einem zur dauerhaften Speicherung geeigneten Schriftträger fixiert sind und in Schriftzeichen gelesen werden können. Ohne die Möglichkeit zur dauerhaften Wiedergabe kann die Beweisfunktion nicht erfüllt werden. Dieser Anforderung wird beispielsweise die Speicherung auf einem USB-Stick, Diskette oder CD-Rom gerecht. Ausreichend ist, dass die Lesbarkeit der Schriftzeichen auf dem Bildschirm gewährleistet ist. Der Mietvertrag ist auf dem Laptop in Schriftzeichen lesbar und als PDF-Dokument auf dem USB-Stick dauerhaft gesichert.

3. Die Namen von M und V müssen am Ende des Mietvertrages genannt werden.

Nein, das trifft nicht zu!

Zur Wahrung der elektronischen Form ist die Hinzufügung des Namens durch den Aussteller erforderlich (§ 126a Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzung ist aber nicht gleichzusetzen mit der Unterzeichnung der schriftlichen Urkunde (§ 126 BGB). Deshalb ist es nicht notwendig, dass der Name am Ende der Erklärung genannt wird. Auch die Nennung in der Überschrift oder innerhalb der Erklärung ist ausreichend. Zu beachten ist, dass die Nennung eines Kürzels nicht ausreichend ist. Zur Identifikation des Ausstellers ist der Familienname zu nennen. Die Nennung der Namen von M und V ist ausreichend. Die konkrete Position in der Erklärung ist irrelevant.

4. Die eingescannte Unterschrift stellt eine qualifiziert elektronische Signatur dar.

Nein!

Das elektronische Dokument muss mit einer qualifiziert elektronischen Signatur versehen werden (§ 126 a BGB). Diese ist in Art. 3 Nr. 12 Elektronische-Transaktionen-Verordnung legaldefiniert. Erforderlich ist, dass die Signatur von einer qualifizierten elektronischen Signaturherstellungseinheit erstellt wurde und auf einem gültigen qualifizierten Zertifikat beruht. Hintergrund ist die Gewährleistung der Identität und Authentizität. Die Unterschrift wurde von den Parteien selbst eingescannt und wahrt nicht die strengen Anforderungen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EF

Elisabeth F.

23.5.2022, 18:10:03

Aussteller sind hier beide und müssen daher beide namentlich genannt werden,oder wie? Was sind denn die Voraussetzungen dass eine Partei „Aussteller“ wird?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.5.2022, 10:26:22

Hallo Elisabeth, Aussteller ist derjenige, der die Erklärung in eigener Verantwortung abgibt (Einsele, in: MüKo-BGB, 9.A. 2021, § 126a RdNr. 5). Hier geben sowohl M als auch V eigene Erklärungen ab (Angebot und Annahme), sodass insoweit in der Tat beide Aussteller sind und das Dokument sowohl ihre Namen enthalten, als auch mit ihrer elektronischen Signatur versehen sein müsste. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

LawStudent

LawStudent

19.9.2023, 20:05:28

Verstehe das mit der Variante nicht. Nur weil die elektrische Form die schriftliche Form fast immer ersetzt ist die elektronische Form doch keine Unterform der Schriftform. 126a BGB regelt die Anforderungen an die Form und auch dass diese die Schriftform ersetzen kann, aber vom Wesen her ist die elektronische Form doch etwas ganz anderes. Alleine die qualifizierte elektronischen Signatur erfordert ja eine ganz andere Vorbereitung und ein ganz anderes Wissen, wie es bei der Schriftform der Fall ist.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

20.9.2023, 17:22:31

Hallo LawStudent, das Rangverhältnis ergibt sich letztlich aus § 126 Abs. 3 BGB, wonach die elektronische Form die schriftliche Form ersetzen kann, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Daraus ergibt sich, dass die elektronische Form die "Ersatzform" der Schriftform ist. In den meisten Fällen stehen beide alternativ nebeneinander, außer bei entsprechender gesetzlicher Anordnung (zB Kündigung eines Arbeitsverhältnisses,

§ 623 BGB

). Dass die elektronische Form andere Anforderungen als die schriftliche Form hat, ändert an diesem Rangverhältnis erst einmal nichts :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Sandra-

Sandra-

10.10.2024, 10:45:35

Eine kurze Verständnisfrage: Ich habe gelernt, dass die elektronische Form ein Äquivalent zur Schriftform ist. Es ist also kein "weniger" oder "mehr". Es besteht doch dann streng genommen gerade kein Rangverhältnis, oder? Wegen der Formulierung bin ich etwas stutzig geworden, als ich die Aufgabe bearbeitet habe. Es erklärt sich m.E. eigentlich vollständig aus der Norm § 126 III BGB, wonach die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden kann. Über eine kurze Rückmeldung wäre ich sehr dankbar, auch wenn

§ 126a BGB

vermutlich wenig Examensrelevanz aufweist. :-)


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