Zivilrecht

Zivilprozessrecht

Prozessführungsbefugnis

Prozessführungsbefugnis von Amts wegen

Prozessführungsbefugnis von Amts wegen

3. Juli 2025

11 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Über das Vermögen der S-GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Vom Geschäftsführer G erfährt Insolvenzverwalter I, dass die S-GmbH sich in einem vielversprechenden Rechtsstreit über Schadenersatzansprüche gegen X befindet. I möchte die Klage führen.

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Einordnung des Falls

Prozessführungsbefugnis von Amts wegen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die S-GmbH ist grundsätzlich parteifähig und wird durch G vor Gericht vertreten (§§ 50, 51 ZPO).

Genau, so ist das!

Parteifähigkeit ist eine Prozesshandlungsvoraussetzung. Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 ZPO). Die Rechtsfähigkeit ergibt sich im Fall der S-GmbH aus § 13 Abs. 1 GmbHG. Die Prozessfähigkeit (§ 51 ZPO) stellt das prozessuale Gegenstück zur Geschäftsfähigkeit dar, vgl. § 52 ZPO. Die juristische Person selbst ist nicht prozessfähig und wird daher durch ihren gesetzlichen Vertreter vor Gericht vertreten (Hübsch in: BeckOK ZPO, 34. Edition 2019, § 51 RdNr. 11 ff).So muss sich die S-GmbH gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG durch den Geschäftsführer G vertreten lassen.
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2. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner S seine Partei- und Prozessfähigkeit (§§ 50, 51 ZPO).

Nein, das trifft nicht zu!

Der Schuldner verliert mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht seine Partei- und Prozessfähigkeit. Er verliert jedoch die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen (§ 80 Abs. 1 InsO). Der jeweils bestellte Insolvenzverwalter erhält das Verwaltungs- und Verfügungsrecht.

3. Insolvenzverwalter I möchte für die S-GmbH einen Gerichtsprozess führen, der der Insolvenzmasse zugutekommen kann. Die Prozessführung ist zulässig.

Ja!

Der Insolvenzverwalter hat im laufenden Insolvenzverfahren die Befugnis, Prozesse zu führen, welche die Insolvenzmasse betreffen. I ist gemäß § 80 Abs. 1 InsO als Partei kraft Amtes prozessführungsbefugt.Weitere Beispiele für Parteien kraft Amtes sind etwa der Zwangsverwalter gemäß § 152 ZVG oder der Testamentsvollstrecker gemäß §§ 2197 ff. BGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JEN

Jenny

14.10.2024, 18:13:06

Warum wird hier nicht § 85 I 1 InsO herangezogen?

JURAFU

jurafuchsles

24.10.2024, 09:31:59

Weil dieser § nur dazu dient, wenn die GmbH insolvent wird, während ein Prozesses bereits bei Gericht anhängig war. Es geht also um einen anderen Zeitpunkt.

FL

Florian

7.11.2024, 15:51:35

Aber genau das war doch hier der Fall oder? Oder betrifft §85 InsO wirklich nur den Fall der Abhängigkeit und gilt ab Rechtshöngigkeit schon nicht mehr?

M.E

m.e.l.a.n.i.e

12.5.2025, 19:30:56

Ich habe es auch so verstanden, dass der Prozess schon läuft und der Insolvenzverwalter also nach Rechtshängigkeit den Prozess weiterführt.

AN

An

19.11.2024, 21:51:12

Wenn der

Insolvenzverwalter Partei kraft Amtes

ist und die Verwaltungs- und

Verfügungsbefugnis

hat, wieso vertritt dann der Geschäftsführer die S vor Gericht?

M.E

m.e.l.a.n.i.e

12.5.2025, 19:33:32

Ich glaube, das war nur grundsätzlich gemeint. Grundsätzlich wird eine GmbH vor Gericht von ihrem Geschäftsführer vertreten. Bei laufendem Insolvenzverfahren vertritt der Insolvenzverwalter die insolvente GmbH.

BABA

babakd

4.3.2025, 16:54:01

T/P § 51 Rn. 25 ff.

M.E

m.e.l.a.n.i.e

12.6.2025, 14:14:34

In der Klausur (2. Examen) muss man die Rechtsstellung des Verwalters aber nicht diskutieren, oder doch? Ich habe es jetzt so verstanden, dass die genannten Verwalter (nach ganz hM) Parteien kraft Amtes sind (und keine gesetzlichen Vertreter o.Ä.), s. auch T/P Rn. 25, 26, 29.


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