Gesetzliche Prozessstandschaft

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S schuldet G €2.000. G verklagt S auf Zahlung. Da G dem Z ebenfalls €2.000 schuldet, tritt er im Verlauf des Verfahrens seinen Anspruch gegen S erfüllungshalber an Z ab. G verlangt von S nun Zahlung an Z.

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Einordnung des Falls

Gesetzliche Prozessstandschaft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei Klageerhebung war G prozessführungsbefugt.

Ja, in der Tat!

Unter Prozessführungsbefugnis versteht man das Recht, ein Gerichtsverfahren über ein streitiges Recht als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen. Die Prozessführungsbefugnis muss bei Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen.G war ursprünglich Anspruchsinhaber und damit prozessführungsbefugt.
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2. Durch Abtretung der Forderung hat G seine Prozessführungsbefugnis verloren, es sei denn es liegt ein Fall der Prozessstandschaft vor.

Ja!

Die Prozessführungsbefugnis muss bei Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegen. Eine Prozessstandschaft ermöglicht es, fremde Rechte im eigenen Namen geltend zu machen. Dies ist etwa dann sinnvoll, wenn ein Verwalter auftritt (Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker). Zu unterscheiden sind gewillkürte und gesetzliche Prozessstandschaft. Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft: (1) ein Recht bzw. seine Ausübung ist abtretbar gemäß §§ 398 ff. BGB, (2) der Rechtsinhaber erteilt eine Ermächtigung (3) der Kläger hat ein schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung und (4) die Gegenpartei wird nicht unbillig benachteiligt.

3. G ist vorliegend ein gewillkürter Prozessstandschafter.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ist ein Recht oder seine Ausübung abtretbar, kann zwar eine gewillkürte Prozessstandschaft vorliegen. Für einen Fall wie diesen hier gibt es aber eine gesetzliche Regelung. Eine gesetzliche Prozessstandschaft liegt nämlich vor, wenn eine bestimmte Person durch Gesetz ermächtigt wird, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen. G hat die Forderung erst nach Rechtshängigkeit abgetreten. § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO stellt klar, dass die Streitsache das begonnene Verfahren nicht beeinflusst (vgl. auch § 325 Abs. 1 ZPO). Aufgrund dieser Normierung kommt nur eine gesetzliche Prozessstandschaft in Betracht.

4. Die Streitsache muss ein körperlicher Gegenstand (§ 90 BGB) sein.

Nein, das trifft nicht zu!

Im Grundsatz können alle Rechtspositionen eine Streitsache nach § 265 ZPO darstellen, mithin auch Forderungen (Bacher in: BeckOK ZPO, 34. Edition 2019, § 265 RdNr. 6). Vorliegend wurde die streitbefangene Forderung nach Rechtshängigkeit veräußert. Es liegt ein Fall gesetzlicher Prozessstandschaft (§ 265 Abs. 2 ZPO) vor. Das spätere Urteil wirkt auch Z gegenüber (§ 325 Abs. 1 ZPO). Ohne Einwilligung des S könnte Z den Prozess gar nicht erst übernehmen.

5. G hat richtigerweise seine Klage umgestellt, indem er nunmehr beantragt, S zur Zahlung an Z zu verurteilen.

Ja!

Stellt der Prozessstandschafter den Antrag nicht um, ist die Klage abzuweisen. Es handle sich dabei laut BGH nicht um einen Fall der Klageänderung, sondern eine Modifikation des Klageantrags (BGH, Az. V ZR 104/03 RdNr. 21 und 25f). Ein Vorgehen nach § 264 ZPO ist kraft gesetzlicher Anordnung nicht als Klageänderung anzusehen und damit ohne weitere Voraussetzungen stets zulässig.Die Umstellung des Antrags dient vorwiegend der Prozessökonomie, denn sie verhindert die erneute Klageerhebung. G hat die Klage wirksam umgestellt und ist gesetzlicher Prozessstandschafter des Z.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

HAN

hannabuma

27.12.2023, 19:38:42

Unter welche Nr. des

§ 264 ZPO

fällt dieser Sachverhalt?

NI

Nikudo

28.12.2023, 16:31:15

Im BeckOK steht, dass es sich um einen Fall des § 264 Nr. 2 ODER 3 ZPO handeln kann (BeckOK ZPO/Bacher ZPO § 264 Rn. 4-6). In diesem Unterkapitel wird in einer späteren Aufgabe § 264 Nr. 2 ZPO angenommen. Ich würde es unter „qualitative Erweiterung“ gem. § 264 Nr. 2 ZPO subsumieren. Eine Erweiterung iSv Nr. 2 liegt vor, wenn das bisherige Beg

ehre

n als inhaltsgleiches Minus des neuen Beg

ehre

ns angesehen werden kann. So liegt es hier. Wenn der ursprüngliche Antrag unter Umständen auf Leistung an einen Dritten umgestellt werden muss, stellt sich das für mich als Erweiterung dar.

HAN

hannabuma

28.12.2023, 18:07:54

Vielen Dank!


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