§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB: Absichtsmerkmal bei Polizeiflucht


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Eine Streifenwagenbesatzung will T einer Verkehrskontrolle unterziehen. T beschleunigt seinen Pkw, um die Polizei abzuhängen. Er fährt 145 km/h (statt der erlaubten 50 km/h), überfährt eine rote Ampel und schneidet mehrere Kurven. Die Polizeibeamten geben die Verfolgung auf.

Einordnung des Falls

§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB: Absichtsmerkmal bei Polizeiflucht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich „als Kfz-Führer im Straßenverkehr mit nicht angepasster Geschwindigkeit grob verkehrswidrig fortbewegt“ (§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB), indem er mit 145 km/h vor der Polizei flüchtete.

Genau, so ist das!

Nicht angepasst ist eine Geschwindigkeit, die eine Geschwindigkeitsbegrenzung verletzt oder der konkreten Verkehrssituation zuwiderläuft (vgl. auch § 3 Abs. 1 StVO). Die grobe Verkehrswidrigkeit ist bei einem besonders schweren Verstoß gegen Verkehrsregeln gegeben. Ein solcher ist insbesondere bei der doppelten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit anzunehmen. T fuhr mit 145 km/h (statt der erlaubten 50 km/h) und damit mehr als doppelt so schnell, wie es erlaubt war. Er hat sich somit mit nicht angepasster Geschwindigkeit grob verkehrswidrig fortbewegt. Dies tat er als Kfz-Führer im Straßenverkehr.

2. Der subjektive Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt Vorsatz, Rücksichtslosigkeit und die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, voraus.

Ja, in der Tat!

Vorsatz ist der Wille zu Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände. Im Fall einer Vorsatztat handelt rücksichtslos, wer sich aus eigensüchtigen Gründen über die Belange der anderen Verkehrsteilnehmer hinwegsetzt. Ferner ist eine überschießende Innentendenz erforderlich, nämlich das Anliegen, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. T handelte vorsätzlich und auch allein, um sich dem ihm folgenden Polizeiwagen zu entziehen, mithin rücksichtslos. Fraglich und im Einzelnen umstritten ist, wie der Begriff „höchstmöglich“ auszulegen ist, und wie genau die „Intention“ beschaffen sein muss.

3. Nach h.M. ist auf die absolute Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs abzustellen.

Nein!

Es ist nicht erforderlich, dass der Fahrer sein Kfz voll ausreizt, also die technisch höchstmögliche Geschwindigkeit fährt. Es kommt vielmehr auf die relativ mögliche Höchstgeschwindigkeit an. Der Täter muss demnach mit seiner Fahrweise darauf abzielen, abhängig von der jeweiligen Verkehrssituation (Witterung, Verkehrsdichte, Wegführung), seinen Fahrkünsten und der Fahrzeugbeschaffenheit möglichst schnell voranzukommen. Dass es T darauf ankam, sich mit möglichst hohem Tempo fortzubewegen, wird vor allem durch sein Fahrverhalten dokumentiert (wie Kurvenschneiden). Allerdings könnte sein primäres Fluchtziel dem Absichtsmerkmal entgegenstehen.

4. Nach h.M. genügt es, dass der Täter vor einem ihn verfolgenden Polizeifahrzeug fliehen will („Raserabsicht“ als Zwischenziel).

Genau, so ist das!

Da der Gesetzgeber mit der Nr. 3 besonders das Nachstellen eines Rennens erfassen wollte, wird vertreten, die Erzielung der möglichst hohen Geschwindigkeit müsse das Hauptziel des Täters sein. Der h.M. genügt es aber, wenn der Täter die höchstmögliche Geschwindigkeit erzielen will, um ein weiterreichendes Ziel zu verwirklichen. Hierfür spricht, dass sich gerade in der fluchtbedingten Konkurrenzsituation mit der Polizei der Rennersatzcharakter samt einhergehender Risikofaktoren manifestiert. Die Absicht des T, vor der Polizei zu fliehen (Endziel), schließt somit nicht die Absicht aus, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen (Zwischenziel).

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