Fehlschlag Unterlassen 3

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T sieht, wie ihr Sohn ins Wasser fällt. Da T sich dieses Jahr die Weihnachtsgeschenke sparen möchte, will sie ihn ertrinken lassen. Als sie sieht, dass dieser wider Erwarten halbwegs schwimmen kann, überlegt sie kurz, diesen wieder ins Wasser zu stoßen, lässt dann aber davon ab.

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Einordnung des Falls

Fehlschlag Unterlassen 3

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nimmt man einen Versuch an, liegt ein Fehlschlag vor, da die aktiven Handlungsmöglichkeiten nach jeder Ansicht auszublenden sind.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. Beim Unterlassen stellt sich jedoch die Problematik, dass der Täter den Erfolg sehr häufig durch aktives Tun trotzdem noch zur Vollendung bringen kann. Nur ein Teil der Literatur geht davon aus, dass der Übergang vom Unterlassen zum aktiven Handeln eine Zäsur darstellt. Dem wird entgegengehalten, dass der Unterlassungstäter damit gegenüber einem Täter schlechter gestellt wird, der seine Tat aktiv begehe. Ein Fehlschlag liege daher erst vor, wenn der Erfolg auch durch aktives Handeln nicht mehr erreicht werden könne. T dachte darüber nach, ihren Sohn erneut ins Wasser zu stoßen und hätte dies tun können. Sofern man das aktive Handeln bei der Bewertung des Fehlschlags berücksichtigt, läge somit kein Fehlschlag vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EB

Elias Von der Brelie

7.6.2023, 15:28:01

Lag nicht ein

Versuchter Totschlag durch Unterlassen

trotzdem noch vor? So wie ich das verstanden hätte wäre es ein neuer Tatbestand wenn T ihren Sohn wieder reinschubst. Das erste war Totschlag durch Unterlassen, was Fehlgeschlagen ist. Das zweite wäre dann ja nur Totschlag. Bin hier ein wenig durcheinander.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.6.2023, 14:11:39

Hallo Elias, vielen Dank für Deine gute Rückfrage. Der BGH hatte bislang nur den Fall zu entscheiden, dass dem Täter mehrere Rettungshandlungen hintereinander zur Verfügung stehen. Unterlässt der Täter dabei die erste und ergreift dann die nächste, so soll nach der zum positiven Tun entwickelten

Gesamtbetrachtungslehre

noch kein Fehlschlag anzunehmen (Vgl. BGH NJW 2003, 1057). In der Literatur geht man nun einen Schritt weiter und befasst sich auch mit dem "vorläufig fehlgeschlagenen Versuch", der durch eine aktive Handlung noch zum Erfolg geführt werden könnte. Ein großer Teil der Literatur will auch beim Unterlassen der aktiven Erfolgsherbeiführung noch den Fehlschlag verweigern und kommt somit zur Straflosigkeit des Täters (EngländerJZ 2012, 130ff.; MüKoStGB/Hoffmann-Holland§24 Rn. 83;Rengier,AT,§49Rn. 65;Wessels/Beulke/Satzger,AT, Rn. 1226.EngländerJZ 2012, 130ff.; MüKoStGB/Hoffmann-Holland§24 Rn. 83;Rengier,AT,§49Rn. 65;Wessels/Beulke/Satzger,AT, Rn. 1226). Ein anderer Teil sieht es dagegen wie Du und geht davon aus, dass er Übergang von dem Unterlassen zum Tun eine Zäsur darstellt. Das Unterlassensdelikt ist damit fehlgeschlagen und der Täter hier wegen des fehlgeschlagenen Versuchs strafbar (vgl. Murmann, Grundkurs Strafrecht, 5.A. 2019, § 29 RdNr. 116 mit weiteren Nachweisen). Es ist im Ergebnis also beides vertretbar. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team


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