Mehrstufiger Verwaltungsakt: Erforderliches Einvernehmen, Zustimmung oder Genehmigung


mittel

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Die oberste Landesstraßenbaubehörde L will eine neue Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße festsetzen. Dies erfolgt nach § 5 Abs. 4 S. 4 FStrG im „Benehmen“ mit der höheren Verwaltungsbehörde V. V spricht sich gegen das Vorhaben aus. L setzt die Ortsdurchfahrt dennoch fest.

Einordnung des Falls

Mehrstufiger Verwaltungsakt: Erforderliches Einvernehmen, Zustimmung oder Genehmigung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Festsetzung der Ortsdurchfahrt durch L ist ein Verwaltungsakt.

Ja!

Nach § 35 S. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. § 35 S. 2 VwVfG erweitert den Begriff im Hinblick auf sog. Allgemeinverfügungen. Eine Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Die Festsetzung der Ortsdurchfahrt betrifft die Benutzung einer öffentlichen Sache durch die Allgemeinheit und ist ein Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung.

2. Handelt es sich um einen mehrstufigen Verwaltungsakt?

Genau, so ist das!

Sieht das Gesetz eine Beteiligung einer anderen Behörde am Verwaltungsverfahren vor, spricht man von einem „mehrstufigen Verwaltungsakt“. Das Gesetz kann einerseits „Einvernehmen“, die „Zustimmung“ oder die „Genehmigung“ einer anderen Behörde vorsehen. Andererseits kann auch von einem Erlass des Verwaltungsakts im „Benehmen“ mit einer anderen Behörde die Rede sein. Die Ortsfestsetzung erfolgt nach § 5 Abs. 4 S. 4 FStrG im „Benehmen“ mit der höheren Verwaltungsbehörde. Mit der Ortsfestsetzung durch L liegt ein mehrstufiger Verwaltungsakt vor.

3. Ist L an die Stellungnahme der V rechtlich gebunden?

Nein, das trifft nicht zu!

Sieht das Gesetz ein „Einvernehmen“, die „Zustimmung“ oder die „Genehmigung“ einer anderen Behörde vor, so darf die Behörde den entsprechenden Verwaltungsakt nur im Einklang mit dem Mitwirkungsakt erlassen. Spricht das Gesetz dagegen nur von einem „Benehmen“, so muss die erlassende Behörde nur eine Stellungnahme der Drittbehörde einholen. An den Inhalt dieser Stellungnahme ist sie jedoch rechtlich nicht gebunden. Sie kann entgegen der Ansicht der mitwirkenden Behörde entscheiden. L ist an die Stellungnahme der V nicht gebunden und konnte die Ortsdurchfahrt festsetzen.

4. Aus der Unverbindlichkeit der Stellungnahme der V folgt, dass es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt handeln kann.

Ja!

Bereits aus dem Grund, dass die Stellungnahme der mitwirkenden Behörde für die erlassende Behörde nicht bindend ist, hat diese nicht die erforderliche Regelungswirkung eines Verwaltungsakts (§ 35 S. 1 VwVfG). Darin unterscheidet sich die Beteiligung einer Behörde im Sinne eines „Benehmens“ zu einer Beteiligung durch „Einvernehmen“, „Zustimmung“ oder die „Genehmigung“. Bei der letzteren Beteiligungsform kann der Beteiligungsakt unter Umständen ein eigenständiger Verwaltungsakt sein. Sieht das Gesetz nur ein „Benehmen“ vor, kommt ein eigenständiger Verwaltungsakt der mitwirkenden Behörde von Anfang an nicht in Betracht. Die Stellungnahme der V ist mangels Regelungswirkung schon kein Verwaltungsakt.

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Marc-Randolph

Marc-Randolph

29.9.2023, 13:07:25

Hallo liebes Jura Fuchs Team, nur eine kleine Anmerkung: Die Frage ob L an die Stellungnahme gebunden ist, ist als Frage formuliert, endet aber mit einem Punkt. Ich würde vorschlagen die Frage als Aussage zu formulieren, dann passt es auch mit der Fragestellung, ob die Aussage stimmt oder nicht. Herzliche Grüße!

Sophix58

Sophix58

21.11.2023, 10:54:21

Liebes Jurafuchs-Team, vielen Dank auch wieder für diese hilfreiche Einheit! Da ich mir nicht ganz sicher bin, wo diese Anregung am besten passen würde, wollte ich fragen bzw. vorschlagen, eine zusätzliche Einheit zur Zusicherung gem. § 38 VwVfG zu machen. Gerade wegen der Besonderheiten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit mit Hinblick auf etwaige Ansprüche aus der Zusicherung wäre das sehr hilfreich!:)

Linne_Karlotta

Linne_Karlotta

24.11.2023, 09:38:08

Hallo Sophix58, danke für deine Anregung! Wir sind immer froh, eine Rückmeldung von euch zu bekommen und zu wissen, was ihr euch wünscht. Wir haben das auf dem Zettel und nehmen das Thema sobald es geht auf. :) Viele Grüße, Linne - für das Jurafuchs-Team


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