Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Der Verwaltungsakt

Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts

Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts

19. Mai 2025

14 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A demonstriert in Berlin für die Umsetzung eines Volksentscheids. A schwenkt eine Fahne, die weder Menschen gefährdet noch den Verkehr blockiert. Polizist P spricht – nach erfolgter Anhörung – gegenüber A die Sicherstellung der Fahne nach § 38 ASOG Bln aus.

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Einordnung des Falls

Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zunächst müsste P aufgrund einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage gehandelt haben. Ist die Sicherstellung aufgrund einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage ergangen?

Ja!

Ein Verwaltungsakt ist rechtmäßig, wenn er aufgrund einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage ergangen ist und im übrigen formell und materiell rechtmäßig ist. Als Ermächtigungsgrundlage kommt hier die jeweils einschlägige landespolizeirechtliche Rechtsgrundlage für die Sicherstellung in Betracht (hier: § 38 ASOG Bln; vgl. auch § 26 NPOG, Art. 25 PAG, § 43 PolG NRW). An der Rechtmäßigkeit dieser Vorschriften bestehen keine Zweifel. Eine Ermächtigungsgrundlage ist rechtmäßig, wenn sie mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Sollte dies in der Klausur einmal ausführlicher zu thematisieren sein, wirst Du dazu entsprechende Hinweise im Sachverhalt finden.
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2. Die Sicherstellung müsste zudem formell rechtmäßig gewesen sein.

Genau, so ist das!

Aus der Ermächtigungsgrundlage ergeben sich häufig spezielle formelle Regelungen für den Erlass des Verwaltungsakts. Prüfe erst das speziellere Gesetz, bevor Du auf die allgemeinen Regeln des VwVfG abstellst. Der Verwaltungsakt muss formell rechtmäßig ergangen sein. Formell rechtmäßig ist ein Verwaltungsakt, wenn er die anwendbaren Zuständigkeits-, Verfahrens- und Formvorschriften einhält. Im Rahmen des Verfahrens ist vor allem an die Anhörung (§ 28 VwVfG) zu denken. Die allgemeinen Formvorschriften ergeben sich aus §§ 37, 39 VwVfG. Die Zuständigkeit der Polizei ergibt sich aus den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen. Der Verwaltungsakt konnte mündlich ergehen (§ 37 Abs. 2 S. 1 Var. 3 VwVfG). P hat A vor Erlass der Sicherstellung angehört (§ 28 Abs. 1 VwVfG). Eine Anhörung wäre hier wohl nicht nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG entbehrlich gewesen: Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass P – nach einer objektiven ex-ante-Beurteilung – ein sofortiges Handeln für notwendig halten durfte.

3. Die materielle Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts setzt zunächst voraus, dass der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage erfüllt ist. Ist der Tatbestand der Sicherstellung (§ 38 ASOG Bln) hier erfüllt?

Nein, das trifft nicht zu!

Materiell rechtmäßig ist ein Verwaltungsakt, wenn er mit dem materiellen Recht vereinbar ist. Dafür müssen die materiellen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sein. Das bedeutet, dass der Tatbestand der Norm erfüllt ist und die Behörde die richtige Rechtsfolge angeordnet hat. Die Sicherstellung setzt tatbestandlich eine gegenwärtige Gefahr voraus. Das Schwenken der Fahne begründet keine gegenwärtige Gefahr i.S.d. § 38 Nr. 1 ASOG Bln. Auch die anderen Tatbestandsalternativen kommen nicht in Betracht. Damit ist schon der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage nicht erfüllt. In der Praxis wäre die Prüfung an dieser Stelle zu Ende. In der Klausur musst Du häufig laut Aufgabenstellung – hilfsgutachterlich – weiterprüfen.

4. Auf Rechtsfolgenseite prüfst Du immer, ob die Behörde ihr Ermessen richtig ausgeübt hat.

Nein!

Die materielle Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts setzt voraus, dass der (1) Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage vorliegt und die Behörde (2) die richtige Rechtsfolge gewählt hat. Im Rahmen der Rechtsfolge muss danach unterschieden werden, ob es sich um eine gebundene Entscheidung („Der Verwaltungsakt ist zu erlassen.“) oder eine Ermessensentscheidung („Die Behörde kann / darf / ist befugt (…)“) handelt. Liegt eine gebundene Entscheidung vor, kommt es nur darauf an, ob die Behörde die vorgesehene Rechtsfolge vorgenommen hat. Bei Ermessensentscheidung ist das Handeln der Behörde nur auf Ermessensfehler überprüfbar (vgl. § 114 VwGO). Achte immer genau darauf, welche Entscheidungsform vorliegt und stelle dies entsprechend in Deinem Obersatz klar! Die aufgeworfenen Themen dienen hier nur dem ersten Überblick. Wir vertiefen dies an anderer Stelle.
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