Öffentliches Recht
Verwaltungsrecht AT
Der Verwaltungsakt
Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts
Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A demonstriert in Berlin für die Umsetzung eines Volksentscheids. A schwenkt eine Fahne, die weder Menschen gefährdet noch den Verkehr blockiert. Polizist P spricht – nach erfolgter Anhörung – gegenüber A die Sicherstellung der Fahne nach § 38 ASOG Bln aus.
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Einordnung des Falls
Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zunächst müsste P aufgrund einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage gehandelt haben. Ist die Sicherstellung ist aufgrund einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage ergangen?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Sicherstellung müsste zudem formell rechtmäßig gewesen sein.
Genau, so ist das!
3. Die materielle Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts setzt zunächst voraus, dass der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage erfüllt ist. Ist der Tatbestand der Sicherstellung (§ 38 ASOG Bln) hier erfüllt?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Auf Rechtsfolgenseite prüfst Du immer, ob die Behörde ihr Ermessen richtig ausgeübt hat.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Philip Karbus
14.2.2024, 21:39:11
Wenn eine Gefährdung in der materiellen Prüfung verneint wird, mangelt es dann nicht schon zuvor an der formellen Rechtmäßigkeit des VA, da mangels Gefährungslage die Anhörung gerade nicht entbehrlich gewesen wäre? Oder liegt das im Ermessen der
Behörde( nach § 28 II Alt. 1 VwVfg "kann" von Anhörung abgesehen werden, wenn sie im öffentlichen Interesse "notwendig" erscheint), sodass hier für die formelle Zulässigkeit hier ausreicht, dass eine Notwendigkeit im öffentlichen Interesse nicht schlechthin ausgeschlossen erscheint?
Stella2244
19.8.2024, 11:52:47
Gute Frage
Linne_Karlotta_
4.9.2024, 13:56:23
Hallo in die Runde, danke für die gute Nachfrage! Nach § 28 Abs. 2 VwVfG kann von der Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist. Sogleich erfolgt eine Auflistung an Regelbeispielen von Fällen, in denen dies der Fall ist. So ist eine Anhörung entbehrlich, wenn eine sofortige Entscheidung wegen
Gefahr im Verzugoder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG). Bei beiden Alternativen der Nr. 1 muss eine sofortige Entscheidung „notwendig erscheinen“. Dieser Begriff unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Maßgeblich ist die objektive Beurteilung aus einer ex-ante-Sicht. Das heißt: Durfte die
Behördein dem Moment der Maßnahme ein sofortiges Einschreiten für notwendig halten? Dies ist der Fall, wenn ein besonnener Durchschnittsbeamter aufgrund der Umstände des Einzelfalls annehmen durfte, dass ein weiteres Zuwarten den Zweck der Maßnahme gefährden würde. Hierfür müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Eine nur theoretische, nicht durch konkrete tatsächliche Hinweise belegte Möglichkeit, dass ein weiteres Abwarten den Zweck der Maßnahme gefährdet hätte, reicht hier nicht aus. Gerade wegen der Bedeutung der Anhörung zum Schutz der Rechte des Adressaten einer belastenden Maßnahme, sollten die Ausnahmefälle des § 28 Abs. 2 VwVfG eher restriktiv angenommen werden. Vgl. hierzu z.B. Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 28 Rn. 51 ff., beck-online. In diesem Fall hätte man daher in der Tat bereits die formelle Rechtmäßigkeit verneinen können, da der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein besonnener durchschnittlicher Polizist anstelle des P (im Sinne einer objektiven ex-ante Betrachtung) ein sofortiges Einschreiten für notwendig halten durfte. Ich habe den Sachverhalt jetzt entsprechend angepasst und die Beurteilung in einem Vertiefungshinweis aufgenommen. Ich hoffe, ich konnte Euch damit weiterhelfen. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team
Sassun
29.10.2024, 10:09:19
s.o.