Bei versuchter Anstiftung 6.3

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte D1 überreden, dass dieser D2 überredet, D3 zu überzeugen, einen Auftragskiller anzuwerben, um O zu töten. Dabei soll zwischen T und allen weiteren kein Kontakt stattfinden. D1 lehnt ab.

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Einordnung des Falls

Bei versuchter Anstiftung 6.3

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die versuchte Anstiftung zum Totschlag ist strafbar.

Ja, in der Tat!

Die versuchte Anstiftung ist nur strafbar, wenn versucht wird zu einem Verbrechen anzustiften. Eine versuchte Anstiftung (§ 30 Abs. 1 S. 1 StGB) liegt dann vor, wenn der Anzustiftende keinen Tatentschluss fasst, den Tatentschluss nicht ausführt oder bereits vorher zur Tat entschlossen war. Totschlag ist ein Verbrechen und daher ist die Anstiftung bereits im Versuch strafbar (§§ 212 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB).
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2. T hat jedoch nicht zum Totschlag, sondern zu einer weiteren Anstiftung anzustiften versucht.

Ja!

T hat nicht versucht D1 zu überreden, einen Totschlag zu begehen. Er hat vielmehr versucht D1 zu überreden, weitere Personen zu einer Anstiftung anzustiften, wobei ein Totschlag erst am Ende stehen soll. Es handelt sich dabei um eine Kettenanstiftung.

3. Der Versuch einer Kettenanstiftung ist nach dem Gesetzeswortlaut ebenfalls strafbar.

Genau, so ist das!

Bestraft wird, wer einen anderen anzustiften versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu einem solchen anzustiften (§ 30 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB). Hier findet sich daher auch der Versuch der Anstiftung zu einer weiteren Anstiftung, welcher gleichermaßen bestraft wird. Dabei muss die Tat, die am Ende stehen soll, ein Verbrechen sein. Erfasst ist dabei die fehlgeschlagene Anstiftung zur Anstiftung, wenn T also schon den D1 nicht überzeugen könnte. Erfasst ist aber auch die erfolgreiche Anstiftung zur versuchten Anstiftung, wenn T den D1 also überzeugt hat, aber D1 mit der Anstiftung zur Tat scheitert. Dabei ist nach der herrschenden Meinung und der Rechtsprechung eine Strafbarkeit auch dann gegeben, wenn die Kette mehrere Glieder enthalten soll.

4. Eine Literaturauffassung lehnt eine Strafbarkeit als rechtsstaatsfeindlich und damit verfassungswidrig ab.

Ja, in der Tat!

Eine Ansicht in der Literatur sieht eine Strafbarkeit als verfassungswidrig. In den Fällen, in denen der Täter bereits mit der Anstiftungshandlung selbst scheitert und damit das Geschehen nicht aus der Hand gebe, entstehe keine Gefahr für das geschützte Rechtsgut. Der Täter begeht kein Unrecht. Dieses Problem verstärkt sich durch die Vervielfachung von Zwischengliedern und der damit einhergehenden Gefährlichkeit durch die erste Handlung, sofern diese erfolglos bleibt. In Betracht kommt dann, falls die Norm aufrechterhalten werden soll, eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend in Betracht, dass einige Fallgestaltungen aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen werden.

5. Diese Auffassung wird jedoch von der herrschenden Meinung und dem BGH abgelehnt.

Ja!

Der BGH hat bisher keinen Verfassungsverstoß angenommen. Dabei sieht der BGH die gleiche Strafbarkeit, unabhängig von der Anzahl der Glieder in der gewollten Anstiftung. Der BGH stellt auch nur geringe Anforderungen an die Vorstellung des Anstiftenden hinsichtlich der Haupttat, die am Ende stehen soll und hinsichtlich der weiteren Glieder. Er muss weder Namen noch die Zahl der Glieder kennen. Er muss auch nicht wissen oder sich vorstellen, wann und wo die Tat ausgeführt wird. Dies verstärkt das Problem, dass Unrecht und Gefahr für das Rechtsgut gering sind. Auch der persönliche Schuldvorwurf wird verschwindend gering. Dabei ist auch festzustellen, dass der Wortlaut des § 30 Abs. 1 S. 1 StGB nicht zwingend eine Strafbarkeit für eine lange Kette vorschreibt.

6. T hatte „Tatentschluss“, eine Anstiftung zur Anstiftung einer Anstiftung zum Totschlag zu begehen.

Genau, so ist das!

Es gelten die Maßstäbe, die auch sonst für den Versuch gelten. T war entschlossen den D1 anzustiften, eine Anstiftung zur Anstiftung zum Totschlag zu begehen. Er hatte Vorsatz in Bezug darauf, dass D1 zur Anstiftung zum Totschlag anstiftet, und auch darauf, dass er selbst den entscheidenden Impuls setzt, ihn also anstiftet. Der doppelte Anstiftervorsatz lag daher vor. Wobei vorliegend wohl eher von einem mehrfachen Anstiftervorsatz die Rede sein kann. Zum einen in Bezug auf die eigene Anstiftung, dann in Bezug auf die Anstiftungen von D1 bis D3 und in Bezug auf die Haupttat.

7. T hat zur Anstiftung „unmittelbar angesetzt“.

Ja, in der Tat!

Das unmittelbare Ansetzen (§ 22 StGB) liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Auch bei der versuchten Anstiftung gelten die allgemeinen Maßstäbe des Versuchsbeginns entsprechend. Im Detail wird selbstverständlich über Einzelfragen gestritten. Es kommt insbesondere nicht auf den Versuch der Haupttat an, denn dann liegt eine vollendete Anstiftung vor. Die Frage ist lediglich, ob der Anstifter zur Anstiftung selbst unmittelbar angesetzt hat. T hat alles nach seiner Vorstellung Erforderliche getan. Der Versuch ist jedoch fehlgeschlagen, da es nie zu einer Anstiftung durch D1 gekommen ist. Ein unmittelbares Ansetzen liegt daher vor.
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