Bei versuchter Anstiftung 7.2

25. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte den R, den sie für einen Richter hält, überzeugen, Rechtsbeugung zu begehen. R lehnt ab. Später stellt T fest, dass R lediglich Referendar war und kein Richter.

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Einordnung des Falls

Bei versuchter Anstiftung 7.2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die versuchte Anstiftung ist strafbar, wenn die Haupttat ein Verbrechen sein soll.

Ja, in der Tat!

Die versuchte Anstiftung ist nur strafbar, wenn versucht wird, zu einem Verbrechen anzustiften (§ 30 Abs. 1 S. 1 StGB). Dabei ist es unstreitig erforderlich, dass die Haupttat, also die geplante Tat durch den Angestifteten, ein Verbrechen sein muss. Stellt diese für diesen nur ein Vergehen dar, scheidet eine Strafbarkeit des Anstifters aus, auch wenn die Tat für diesen ein Verbrechen darstellt, insbesondere aufgrund des § 28 StGB. Rechtsbeugung ist ein Verbrechen und daher ist die Anstiftung bereits im Versuch strafbar (§§ 339, 12 Abs. 1 StGB). Für R wäre die Tat ein Verbrechen, wenn er Richter wäre.
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2. Die Tat müsste nach der Rechtsprechung auch für T ein Verbrechen darstellen.

Nein!

Nach der Rechtsprechung ist es ausreichend, dass die Tat für den Haupttäter ein Verbrechen darstellt. Dies ist insbesondere dann widersprüchlich, wenn es sich um Merkmale im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB handelt. Denn dann wird die versuchte Anstiftung akzessorisch behandelt, wohingegen die vollendete Anstiftung wegen § 28 Abs. 2 StGB unabhängig von der Haupttat bewertet wird. Daher verlangt ein Teil der Literatur, dass die Tat auch für den Anstifter selbst ein Verbrechen darstellen muss. Daneben gibt es weitere differenzierende Lösungen, die je nach Straftat unterscheiden.

3. T hatte „Tatentschluss“, eine Anstiftung zum Rechtsbruch zu begehen.

Genau, so ist das!

Es gelten die Maßstäbe, die auch sonst für den Versuch gelten. T war entschlossen, den R zum Rechtsbruch anzustiften. Sie hatte Vorsatz in Bezug darauf, dass R die Rechtsbeugung begeht, und auch darauf, dass sie selbst den entscheidenden Impuls setzt, ihn also anstiftet. Der doppelte Anstiftervorsatz lag daher vor.

4. T hat zur Anstiftung „unmittelbar angesetzt“.

Ja, in der Tat!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. T hat alles zur Anstiftung Erforderliche getan. Der Versuch ist lediglich fehlgeschlagen.

5. T hat einen untauglichen Versuch begangen.

Ja!

T hat einen untauglichen Versuch begangen, da R kein Richter war und daher den objektiven Tatbestand des § 339 StGB nicht erfüllen konnte. Hier ist wieder problematisch, dass sich eine Gefahr für das Rechtsgut immer weiter verringert beziehungsweise dass eine solche Gefahr abwesend ist.

6. Rechtsfolge ist eine doppelte Strafrahmenreduzierung.

Genau, so ist das!

Es tritt im Ergebnis eine doppelte Milderung des Strafrahmens ein, einmal über § 30 Abs. 1 S. 2 StGB und danach aufgrund eines fehlenden strafbarkeitsbegründenden Merkmals (§ 28 Abs. 1 StGB), da T selbst keine Richterin ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AH

Angela Hildmann

21.12.2021, 12:09:42

Könnte man nicht sogar von einer "dreifachen" Strafrahmenreduzierung sprechen aufgrund § 23 Abs. 3?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

21.12.2021, 17:45:59

Hallo Angela, bei § 30 Abs. 1 S. 2 StGB und § 28 Abs. 1 StGB ist die

Strafrahmenverschiebung

obligatorisch, das heißt, sie ergibt sich zwingend aus dem Gesetz. § 23 Abs. 3 StGB verschiebt dagegen nicht den Strafrahmen (kein Verweis auf § 49 Abs. 1 BGB). Vielmehr verweist § 23 Abs. 3 StGB nur auf die Milderungsvorschrift des § 49 Abs. 2 StGB. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Verschiebung des Strafrahmens, denn es bleibt hier im Minimum bei dem jeweils angedrohten gesetzlichen Mindestmaß. Auch das Höchstmaß bleibt unberührt. Insofern passt der Begriff "dreifache" Strafrahmenreduzierung leider nicht so richtig. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Dogu

Dogu

23.9.2023, 10:19:42

Wäre das vielleicht eine Anmerkung in der Musterlösung wert? Ich bin auch über §

23 III StGB

gestolpert. : )

MI

Milou

28.1.2022, 00:20:57

wieso wäre das hier kein

fehlgeschlagener Versuch

?

VIC

Victor

28.1.2022, 10:08:58

Das wäre hier auch ein

fehlgeschlagener Versuch

. Das wird aber erst beim Rücktritt relevant. Diesbezüglich ist hier nichts ersichtlich.

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

29.1.2022, 20:50:05

Der Fehlschlag ist subjektiv zu bestimmen. Da T nicht wusste, dass R Richter ist, liegt eigentlich kein Fehlschlag vor. Zumindest lese ich den Fall so, dass erst viel später T davon erfahren hat.

lennart20

lennart20

11.5.2023, 18:14:14

Könntet ihr evtl. den § 28 II StGB erklären?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

12.5.2023, 12:14:38

Hallo lennart20, danke für deine Frage. Der § 28 Abs. 2 StGB regelt die Strafzumessung von m

ehre

ren Beteiligten, wenn der verwirklichte Tatbestand

besondere persönliche Merkmale

enthält die die Strafe schärfen oder mildern.

Besondere persönliche Merkmale

sind beispielsweise die Zueignungs- oder

Bereicherungsabsicht

. Genauso sind unstreitig die subjektiven Mordmerkmale

besondere persönliche Merkmale

. Umstritten ist die Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB deswegen, weil die Rechtsprechung der Ansicht ist, dass § 211 StGB kein Qualifikationstatbestand ist. Danach würden die besonderen persönlichen Merkmale der subjektiven Mordmerkmale strafbegründend wirken, und nicht wie von § 28 Abs. 2 StGB vorausgesetzt strafschärfend. Kommt § 28 Abs. 2 StGB zur Anwendung, hat das zur Folge, dass die Strafe bei demjenigen Beteiligten, der die besonderen persönlichen Merkmale aufweist zu schärfen ist gegenüber dem der diese nicht aufweist. Sag gerne Bescheid, wenn du noch weitere Fragen dazu hast. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

RAP

Raphaeljura

8.7.2023, 00:50:31

Dann würde man hier immer zum selben Ergebnis kommen, egal ob es sich bei dem Angestifteten um einen Referendar, Rechtspraktikanten oder Rechtspfleger handelt. Es kommt ja wohl nur auf die Vorstellung darauf an. Richtig?


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