Restaurantbesuch: konkludente Erklärung über Zahlungswilligkeit und -fähigkeit


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A besucht das Restaurant des B und bestellt ein 3-Gänge-Menü. A plant von Anfang an, die Zeche zu prellen. Er hat auch gar kein Geld dabei.

Einordnung des Falls

Restaurantbesuch: konkludente Erklärung über Zahlungswilligkeit und -fähigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat den objektiven Tatbestand des Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) erfüllt, wenn er den B durch Täuschung zu einer Vermögensverfügung veranlasst hat, die bei B einen Vermögensschaden hervorgerufen hat.

Genau, so ist das!

Täuschungshandlung ist die ausdrückliche oder konkludente intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen mit dem Ziel bewusster Irreführung.Irrtum bezeichnet das Auseinanderfallen von subjektiver Vorstellung und objektiver Wahrheit. Eine Vermögensverfügung ist jedes bewusste, freiwillige Handeln, Dulden oder Unterlassen, durch welches das Vermögen unmittelbar gemindert wird. Ein Vermögensschaden ist ein negatives Saldo, welches im Wege einer Gesamtbetrachtung aller Zu- und Abflüsse ermittelt wird.

2. Die Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit des A sind "Tatsachen" (§ 263 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Tatsachen sind alle in der Vergangenheit oder Gegenwart liegenden äußeren sowie inneren, also psychische Vorgänge oder Zustände, die dem Beweis zugänglich sind. Die Zahlungswilligkeit des A ist ein innerer Zustand, die Zahlungsfähigkeit des A ist ein äußerer Zustand. Beides sind "Tatsachen" (§ 263 Abs. 1 StGB).

3. A hat den B über seine Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit getäuscht (§ 263 Abs. 1 StGB), indem er ein 3-Gänge-Menü bestellt hat, ohne bezahlen zu wollen.

Ja!

Täuschungshandlung ist die ausdrückliche oder konkludente intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen mit dem Ziel bewusster Irreführung. A hat sich vorliegend nicht ausdrücklich in Bezug auf seine Zahlungswillig- und fähigkeit geäußert. Eine konkludente Täuschung liegt vor, wenn dem Verhalten nach der Verkehrsanschauung ein Erklärungswert innewohnt. Mit dem Eingehen einer vertraglichen Verpflichtung ist ein positiver Erklärungsgehalt verbunden, Erfüllungswillen und Erfüllungsfähigkeit zu haben, sofern sich nach den Umständen nicht ausnahmsweise ein anderes ergibt. Die Bestellung im Restaurant enthält konkludent die Erklärung, zahlungswillig und zahlungsfähig zu sein.

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FABIA

Fabian

11.5.2020, 15:56:58

Ich frage mich, wie man beweisen will, dass jemand Zahlungswillig ist.

Der BGBoss

Der BGBoss

12.5.2020, 23:55:51

Der Entschluss des A ist eine innere, also physische, Tatsache, welche an sich freilich schwer zu beweisen ist. Tatsächlich entfällt die Strafbarkeit, wenn dieser Entschluss nicht spätestens beim Bestellen gefasst wird, da sonst keine Täuschung vorliegt. Jedoch ist zu evaluieren, dass der Anspruch des B auf Zahlung nicht erlischt.

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

23.6.2020, 15:48:46

Danke für die Frage! Im Strafrecht müsste dem Angeklagten nachgewiesen werden, dass er im Zeitpunkt der Täuschung nicht zahlungswillig war.

LEN

Lenny

13.6.2021, 10:39:01

Hallo Fabian, ich hoffe, ich verstehe deine Frage richtig. Die Beweisbarkeit in der Definition der “Tatsache” betrifft meiner Meinung nach nicht ein strafprozessuales Erfordernis, sondern die materiell-rechtliche Frage danach, was rational als Tatsache angesehen werden kann. Die Frage ist stark erkenntnistheoretisch geprägt und in den Einzelheiten im Rahmen der Anwendung des Betrugstatbestands umstritten. Deshalb nur meine Gedanken zum “Beweis” der

Zahlungswilligkeit

des A: Diese ließe sich meiner Ansicht nach grundsätzlich beweisen, indem man ihn zum Beispiel einfach dazu befragt. Dabei dürfte es jedoch wohl nicht darauf ankommen, ob dies forschungspraktisch auch tatsächlich umsetzbar wäre.

Tigerwitsch

Tigerwitsch

5.2.2021, 17:10:28

Es würde doch in dem Bsp am Vermögensschaden fehlen, oder? Weil A kein Geld hat und nicht zahlen könnte...

Vulpes

Vulpes

5.2.2021, 19:30:35

Der Vermögensschaden wird nach dem

Prinzip der Gesamtsaldierung

ermittelt, also die Differenz der Vermögenslage vor und nach der Verfügung berechnet. Im vorherigen Punkt hätte ich das Servieren des Menüs als Vermögensverfügung bejaht. Vor dem Servieren hatte B noch das Menü in seinem Vermögen. Nachdem er den

Bewirtungsvertrag

durch das Servieren der bestellten Speisen erfüllt hat stellt sich heraus, dass A nicht zahlen kann und somit der Anspruch auf Zahlung des B nach einen wirtschaftlichen

Vermögensbegriff

wertlos ist. Er hat im Vergleich zur Vermögenslage vor seiner Verfügung also ein Menü weniger und mithin einen Schaden i. H. des Menü-Preises erlitten.

Vulpes

Vulpes

5.2.2021, 19:33:26

Übrigens könnte man sogar wenn das Menü noch nicht serviert worden wäre einen Eingehungsbetrug prüfen und hier m. E. eine schadensgleiche Vermögensgefährung annehmen.

Tigerwitsch

Tigerwitsch

5.2.2021, 19:48:56

Dankeschön für die schnelle Antwort. Ich habe gedacht, dass aufgrund des Umstandes, dass der Anspruch des B gegen A wertlos ist, der Vermögensschaden entfällt. Zumal A ja von Beginn an nicht zahlen wollte. Dem ist wohl nicht so...bzw lässt einen Vermögensschaden nicht entfallen. 🤔

PASCA

Pascal

7.3.2024, 14:29:10

Erhält B hier nicht einen Zahlungsanspruch gegen A, sodass die Leistungen geichwertig sind und der Vermögensschaden im Wege der

Gesamtsaldierung

entfällt?

LI

Linus

23.6.2024, 18:08:16

Nein, da es nicht auf die zivilrechtliche Lage sondern auf die rein faktische Lage ankommt. Wenn der Täter bereits bei Eingebung des Vertrags vorhat nicht zu zahlen, ist der Anspruch auf Zahlung strafrechtlich nix wert. Wenn du die Situation ohne die Täuschung (+ Anspruch auf Zahlung; - Verpflichtung essen zu servieren) mit der mit Täschung (+“wertloser” Anspruch; -Verpflichtung essen zu servieren) vergleichst, wirst du ein negatives Delta und somit einen Schaden feststellen.


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