Strafrecht

BT 4: Brandstiftungsdelikte

Schwere Brandstiftung, § 306a StGB

Schwere Brandstiftung bei einem Wohnmobil (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 StGB – andere Räumlichkeit)

Schwere Brandstiftung bei einem Wohnmobil (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 StGB – andere Räumlichkeit)

11. Juli 2025

3 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

A zündet den Wohnwagen an, in dem sich der Obdachlose O regelmäßig, jedoch widerrechtlich aufhält. Der Wohnwagen steht in Flammen.

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Einordnung des Falls

Schwere Brandstiftung bei einem Wohnmobil (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 StGB – andere Räumlichkeit)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat sich wegen schwerer Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB) strafbar gemacht, wenn er "eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient", "in Brand gesetzt hat".

Ja, in der Tat!

Die schwere Brandstiftung ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt: Die Brandstiftung wird in diesem Fall wegen ihrer generellen Gefährlichkeit für Leib und Leben von Menschen als strafwürdig angesehen. Aus diesem Grund ist § 306a StGB nicht die Qualifikation von § 306 StGB. § 306 StGB schützt das Eigentum. § 306a StGB bezweckt den Schutz von Menschen vor der Gefährdung durch Brände.
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2. A hat den Wohnwagen "in Brand gesetzt" (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB).

Ja!

Eine Sache ist in Brand gesetzt, wenn sie in einer Weise vom Feuer erfasst ist, dass ein Weiterbrennen aus eigener Kraft möglich ist. Erforderlich ist das Brennen eines für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Objekts wesentlichen Teils. Der Wohnwagen steht in Flammen, sodass ein Weiterbrennen aus eigener Kraft möglich ist.

3. Der Wohnwagen ist eine "andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient" (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 StGB).

Genau, so ist das!

Eine andere Räumlichkeit ist ein nach allen Seiten und nach oben kubisch abgeschlossener Raum. Durch § 306a StGB werden auch ungewöhnliche Formen des Wohnens geschützt. Erforderlich ist, dass das Tatobjekt realen Wohnzwecken gewidmet wurde. Dies ist der Fall, wenn er wenigstens für einen Menschen - und sei es auch nur zeitweise oder vorübergehend - den räumlichen Lebensmittelpunkt bildet. Nicht erforderlich ist, dass sich zum Zeitpunkt des Brandes wirklich Menschen in den Räumen befinden. Für die Widmung zu Wohnzecken ist ausschließlich die tatsächliche Nutzung beachtlich, auch wenn sie widerrechtlich erfolgt. Der Wohnwagen stellt einen umschlossenen Raum dar. B hält sich regelmäßig dort auf und hat darin seinen räumlichen Lebensmittelpunkt gebildet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FRA

Franz

4.12.2024, 17:29:42

Ich habe es leider nicht in den anderen Aufgaben gefunden und stehe gerade am Schlauch: Es könnte hier doch durchaus sein, dass der Wohnwagen unbewohnt aussieht und A nichts von der tatsächlichen Benutzung des Wohnwagens als Lebensmittelpunkt/Wohnung weiß. Sein Vorsatz bezöge sich dann doch nur auf die Eigenschaft des Wohnwagens als Kfz (§ 306 Abs. 1 Nr. 4), jedoch nicht auf die Wohnungseigenschaft, auf die es für § 306a Abs. 1 Nr. 1 jedoch ankommt. Fällt man dann im eben beschriebenen Fall beim subjektiven Tatbestand heraus?

FO

forste35

17.2.2025, 17:11:32

Ja, müsste schon so sein, da Teil des objektiven Tatbestands, oder? @[Jurafuchs](137809)

FEL

felix16s

2.7.2025, 12:34:27

Ich würde das als Tatbestandirrtum in Form eines error in objecto auslegen, da der A in dem von dir konstruierten Fall eben nur ein KfZ iSd § 306 I Nr. 4 und keine als Wohnung genutzte Räumlichkeit nach § 306a I Nr. 1

in Brand setzen

wollte, sich also ein anderes Tatobjekt vorstellte. Da es sich (angesichts des unterschiedlichen Strafrahmens) um unterschiedlich gewichtete Rechtsgüter handelt, wäre der error in objecto auch beachtlich. Das hätte nach der hM dann wohl zur Konsequenz: Versuchsstrafbarkeit nach §§ 306 I Nr. 4, 12 I, 22, 23 I StGB in Bezug auf das von A gewollte Inbrandsetzen des Kfz und eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit nach § 306d I oder II StGB (je nach Gefährdung für denjenigen, der in dem Wohnwagen wohnt (habe seinen Namen vergessen)), in Bezug auf die tatsächlich in Brand gesetzte bewohnte Räumlichkeit. Also ja: in dem von dir beschriebenen Fall fällt man bezüglich der vollendeten Begehung des § 306a I Nr. 1 StGB wohl beim Vorsatz raus.


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