Grundrechtsmündigkeit 1

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die zwölfjährige deutsche Staatsbürgerin D organisiert eine große Versammlung auf dem Münchener Marienplatz. Für ihr Alter hat D die übliche Reife und Einsichtsfähigkeit. Polizist P erteilt ihr ein Platzverbot mit der Begründung, dass die Versammlungsfreiheit nichts für Kinder sei.

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Einordnung des Falls

Grundrechtsmündigkeit 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Volljährigkeit ist allgemeine Voraussetzung für die Grundrechtsberechtigung natürlicher Personen.

Nein, das trifft nicht zu!

Dem Wortlaut des Grundgesetzes sind keine starren Altersgrenzen zu entnehmen, die allgemeine Voraussetzungen hinsichtlich des Alters eines Grundrechtsträgers aufstellen. Lediglich einzelne Grundrechte, wie beispielsweise das aktive und passive Wahlrecht in Art. 38 GG, normieren starre Altersgrenze .
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2. Das Problem, ob sich ein Grundrechtsträger wegen seines Alters oder seiner persönlichen Verfassung auf die Grundrechte berufen kann, heißt Grundrechtsmündigkeit.

Ja!

Die Frage, ob sich ein Grundrechtsträger auf die Grundrechte in Anbetracht seines Alters oder seiner persönlichen Verfassung (z.B. geistige Behinderungen) berufen kann, heißt Grundrechtsmündigkeit. Die Grundrechtsmündigkeit meint die Fähigkeit, Grundrechte wahrzunehmen. Die Grundrechtsmündigkeit besitzt sowohl in der materiellen als auch in der prozessualen Prüfung (Stichwort Prozessfähigkeit) Relevanz. Vertiefend behandeln wir das Problem der Grundrechtsmündigkeit bei der Prozessfähigkeit in unserem Kurs Verfassungsprozessrecht.

3. Die Eröffnung des persönlichen Schutzbereichs der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) setzt ein Mindestalter voraus.

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Grundgesetz kennt keine starren Altersgrenzen, vielmehr kommt es auf den Einzelfall an. Entscheidend ist die individuelle Entscheidungs- und Einsichtsfähigkeit („Grundrechtsreife“) des Grundrechtsträgers. Im Zweifel sind dabei die Hürden niedrig anzusetzen. Das gilt in jedem Fall auch für die Versammlungsfreiheit, die für die Wahrnehmung demokratischer Mitbestimmungsrechte - auch und gerade bei noch nicht wahlberechtigten Personen - nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Es gilt: Problem erkannt, Gefahr gebannt! Eine knappe Ausführung hierzu genügt. Eine starke Meinung in der Literatur hält die Grundrechtsmündigkeit für überflüssig. Grundrechtsberechtigt sei jeder, der die natürliche Handlungsfähigkeit besitzt. Demnach sei die Grundrechtsmündigkeit ausschließlich ein Problem der Prozessfähigkeit.

4. Der persönliche Schutzbereich der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) ist vorliegend eröffnet.

Ja, in der Tat!

Die Versammlungsfreiheit ist ein Deutschen-Grundrecht. D ist grundrechtsmündig, wenn sie die notwendige geistige Reife und Einsichtsfähigkeit besitzt. Mit zwölf Jahren hat D bereits die notwendige Einsichtsfähigkeit, um zu begreifen, weshalb sie eine Versammlung organisiert und was sie damit bewirkt.
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