Polizeigesetzliche Standardmaßnahmen (Fall)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A hält B in seiner Wohnung gegen den Willen des B gefangen. Die Polizei hat gesicherte Kenntnis hierüber entschließt sich dazu, die Wohnung des A zu durchsuchen.

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Einordnung des Falls

Polizeigesetzliche Standardmaßnahmen (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das SOG enthält in § 16 Abs. 2 SOG eine Ermächtigung zum Betreten und Durchsuchen von Wohnungen.

Ja!

In den §§ 11 ff. SOG sind die sogenannten polizeigesetzlichen Standardmaßnahmen normiert. In § 16 Abs. 2 SOG findet sich die Ermächtigung zum Betreten und Durchsuchen von Wohnungen. Standardmaßnahmen sind solche Maßnahmen, die in häufig auftretenden Situationen ergriffen werden. Insoweit sind sie der Regelfall des polizeilichen Handelns. Neben den §§ 11 ff. SOG sind auch die Ermächtigungsgrundlagen des PolDVG als Standardmaßnahmen einzuordnen, da sie sich - anders als die spezialgesetzlichen Befugnisse - nicht gegen bereichsspezifische Gefahren richten.
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2. Auf Grundlage des § 16 Abs. 2 SOG darf die Polizei A gegenüber anordnen, sie in die Wohnung zu lassen. Das Betreten der Wohnung selbst ist hiervon nicht umfasst.

Nein, das ist nicht der Fall!

Grundsätzlich enthalten die Standardermächtigungen Anordnungsbefugnisse zum Erlass eines Verwaltungsaktes gemäß § 35 S. 1 VwVfG. Die Reichweite einer Ermächtigung ist jedoch durch Auslegung zu ermitteln und kann auch eine Handlungsbefugnis umfassen. Bereits dem Wortlaut nach ermächtigt § 16 Abs. 2 SOG auch dazu, die Wohnung tatsächlich zu Betreten und damit zu einem Realakt. Ist der Wohnungsinhaber anwesend, so wird die Polizei in aller Regel auch eine Duldungsverfügung aussprechen. Hierbei handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 S. 1 VwVfG.

3. Öffnet A die Tür nicht, darf die Polizei die Tür zur Wohnung auf Grundlage des § 16 Abs. 2 SOG auch gewaltsam aufbrechen.

Nein, das trifft nicht zu!

Auch soweit eine Standardermächtigung eine Handlungsbefugnis vermittelt, ist hiervon nach hM nicht die Ermächtigung zum Gebrauch von Gewalt umfasst. Hierfür spricht insbesondere, dass die besonders bürgerschützenden Vorschriften der Verwaltungsvollstreckung ansonsten umgangen würde. Auf (alleiniger) Grundlage der Standardermächtigungen kann die Polizei daher keine Sachen zerstören oder den Widerstand von Personen brechen. Das gewaltsame Aufbrechen der Tür wäre eine Form unmittelbaren Zwangs (§ 15 VwVG, §§ 18 ff. SOG) und daher nur unter den - vorliegend angesichts der qualifizierten Gefahrenlage für höchstrangige Rechtsgüter des B gleichwohl zu bejahenden - Voraussetzungen der Verwaltungsvollstreckung möglich.

4. Die Polizei könnte ihr Handeln auch auf § 3 Abs. 1 SOG stützen.

Nein!

Der Grundsatz der Spezialitätverbietet im Rahmen der Standardermächtigungen den Rückgriff auf § 3 Abs. 1 SOG als Generalklausel, soweit eine Standardmaßnahme ergriffen werden soll. Erlaubte man einen Rückgriff, so würden die speziellen Voraussetzungen der §§ 16 f.SOG umgangen. Hierzu zählen neben den erhöhten tatbestandlichen Anforderungen gemäß § 16 Abs. 2 SOG insbesondere auch der Richtervorbehalt des § 16a Abs. 1 S. 1 SOG . Die geschärften Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der §§ 16 f. SOG rechtfertigen den mit einer Wohnungsdurchsuchung verbundenen gewichtigen Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG und sind insoweit Ausprägung der gesetzgeberischen Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Außerdem enthält bereits Art. 13 GG sehr konkrete Vorgaben zu Eingriffen in die Unverletzlichkeit der Wohnung, die sich in den §§ 16 ff. SOG zum Teil widerspiegeln.
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