Öffentliches Recht

Grundrechte

Gleichheitsrecht (Art. 3 GG)

Behandlung durch denselben Hoheitsträger

Behandlung durch denselben Hoheitsträger

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die in der Gemeinde B tätige Jugendhilfe J erhält von ihrer Gemeindeverwaltung einen Zuschuss in Höhe von €50.000 für Projektarbeit. Die Kinder- und Jugendhilfe K von gleicher Größe und Struktur in der Nachbargemeinde F geht dort leer aus. K fühlt sich in Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

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Einordnung des Falls

Behandlung durch denselben Hoheitsträger

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) fordert die strikte Gleichbehandlung aller Menschen und Vereinigungen.

Nein, das trifft nicht zu!

Art. 3 Abs. 1 GG verlangt keine völlige Gleichbehandlung, verbietet also nicht jede Form von Benachteiligung, Bevorzugung oder sonstiger Ungleichbehandlung. Systematisch lässt sich dies daran erkennen, dass Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG Ungleichbehandlungen anhand ganz bestimmter Kriterien ausdrücklich verbieten. Diese Regelungen wären überflüssig, wenn jede Ungleichbehandlung strikt durch Art. 3 Abs. 1 GG verboten wäre.
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2. Der allgemeine Gleichheitssatz erlaubt eine staatliche Ungleichbehandlung von Menschen und Vereinigungen, die miteinander in wesentlicher Hinsicht vergleichbar sind.

Nein!

Art. 3 Abs. 1 GG verlangt zwar keine strikte Rechtsgleichheit, jedoch, dass Menschen nicht ohne guten Grund unterschiedlich behandelt werden. Ausgangspunkt ist, dass die von staatlichen Maßnahmen Betroffenen miteinander vergleichbar sein müssen. Dafür werden sog. Vergleichsgruppen gebildet und geprüft, ob sich diese einem gemeinsamen Bezugspunkt (sog. tertium comparationis) zuordnen lassen. Ist dies der Fall und werden die Vergleichsgruppen nicht gleich behandelt, liegt eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor.

3. Sind Jugendhilfe J und Kinder- und Jugendhilfe K verfassungsrechtlich in wesentlicher Hinsicht miteinander vergleichbar?

Genau, so ist das!

Zur Bildung von sog. Vergleichsgruppen wird geprüft, ob sich diese einem gemeinsamen Bezugspunkt (sog. tertium comparationis) zuordnen lassen. J und K sind beide in der Kinder- bzw. Jugendhilfe tätig, von gleicher Größe und Struktur und führen zu diesem Zweck Projekte aus. Der gemeinsame Bezugspunkt ist also die Projektarbeit im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe. J und K gehören demselben Bezugspunkt an. Sie sind somit vergleichbar und damit verfassungsrechtlich gesprochen wesentlich gleich. Hier sind J und K nicht nur durch den gemeinsamen Tätigkeitsschwerpunkt vergleichbar, sondern auch hinsichtlich der Größe und Struktur ihrer Unternehmung. Wären sie allein beide in der Kinder- und Jugendhilfe tätig, aber von deutlich unterschiedlicher Größe und Struktur, könnten sie wiederum als ungleich anzusehen sein. Bei der Bildung von Vergleichsgruppen musst Du daher sehr sorgsam vorangehen.

4. Werden J und K dadurch ungleich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG behandelt, dass J den Zuschuss von B erhält, K von F jedoch nicht?

Nein, das trifft nicht zu!

Art. 3 Abs. 1 GG untersagt die Ungleichbehandlung von Menschen, Personengruppen oder Situationen, die in wesentlicher Hinsicht vergleichbar sind. Eine solche liegt vor, wenn der einen Vergleichsgruppe ein staatlicher Vor- oder Nachteil zuteilwird, der anderen aber nicht. Sie muss jedoch vom selben Träger der Hoheitsgewalt ausgehen, sonst fehlt es an der Gleichheit, die Anknüpfungspunkt für eine Ungleichbehandlung sein könnte. J erhält einen Zuschuss durch Gemeinde B, K von Nachbarort F jedoch nicht. Die Situation ist hier somit zwar in wesentlicher Hinsicht vergleichbar, jedoch erfolgt die Ungleichbehandlung nicht durch denselben Träger der Hoheitsgewalt. Die Gemeindemitglieder von K sind nicht mit denen der Gemeinde F vergleichbar, sodass J und K nicht ungleich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG behandelt werden. Hintergrund dieser Unterscheidung ist, dass verschiedene Hoheitsträger unterschiedliche Handlungsbefugnisse, Kompetenzen und finanzielle Ressourcen haben. Merke Dir daher: Es liegt keine nach Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung vor, wenn diese nicht vom selben Hoheitsträger ausgeht. Darunter fallen etwa auch Länder, Bundesländer, Gemeinden oder auch Hochschulen.
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