Aufgaben des Bundespräsidenten
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Bundesregierung beschließt ein allgemeines Verbot von Studiengebühren. Das entsprechende Gesetz wird Bundespräsidentin P vorgelegt, die jedoch – wie bereits zuvor angekündigt – die Ausfertigung des Gesetzes verweigert, weil sie Studiengebühren für sinnvoll hält.
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Einordnung des Falls
Aufgaben des Bundespräsidenten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Bundespräsidentin P handelt nur repräsentativ für die Bundesrepublik Deutschland und hat keine eigenständigen Handlungsbefugnisse.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Grundgesetz sieht vor, dass ein Gesetz erst dann in Kraft tritt, wenn die Bundespräsidentin es ausgefertigt hat.
Ja!
3. P darf nicht in die Gesetzgebung eingreifen und muss jedes Gesetz ausfertigen, das ihr vorgelegt wird.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Darüber hinaus darf P die Ausfertigung auch aus materiellen bzw. inhaltlichen Gründen ablehnen, wenn das Gesetz offensichtlich verfassungswidrig ist.
Ja, in der Tat!
5. War P befugt, die Ausfertigung des Gesetzes zu verweigern, weil sie Studiengebühren für sinnvoll hält?
Nein!
6. P könnte die Unterschrift verweigern, weil der Bund für die Studiengebühren nicht zuständig ist.
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
🦊LEXDEROGANS
2.8.2020, 22:21:23
Eine kurze Darstellung der gängigen Argumente (Eid, Verwerfungsmonopol, etc.) wäre hilfreich...
iustus
5.4.2021, 11:44:08
Bindung des BP an Recht und Gesetz, Art 20, dazu: Gewaltenteilung: Gesetze verwerfen dürfen nur Judikativorgane, deswegen nur mat Evidenzkontrolle.
Wendelin Neubert
12.11.2021, 11:18:56
Hallo LEXDEROGANS, danke für deine berechtigte Anregung. iustus hat ja bereits einige Argumente geliefert, aber wir haben jetzt auch noch eine weitere Aufgabe hierzu hinzugefügt. Weitere Aufgaben zur Vertiefung dieses Streitstandes folgen zeitnah. Hoffe das hilft! Beste Grüße – Wendelin, für das Jurafuchs Team
Raphaeljura
14.4.2023, 05:29:23
Hallo. Gab es denn bereits eine materielle Evidenzkontrolle durch den Bundespräsidenten und wenn ja, mit welchem Ausgang? Und was ist denn der Maßstab? Also was bedeutet offensichtlich verfassungswidrig? Oder ist das beschränkt auf Verletzungen von Art. 1 und Art. 20 GG ?
Wendelin Neubert
21.7.2023, 09:57:02
Danke für Deine Frage @[Raphaeljura](207944)! In der Rechtspraxis gab es bislang acht Fälle, in denen Bundespräsidenten die Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen verweigert haben, überwiegend aus formellen Gründen. In vielen Fällen hat der Bundestag die vom Bundespräsidenten beanstandeten Gesetze überarbeitet und neu eingebracht (vgl. dazu die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, WD 3 - 3000 - 257/20 vom 26.11.2020). Wann ein Fall der Evidenzkontrolle vorliegt, lässt sich sehr schwer abstrakt bestimmen. Der Fehler muss dem Gesetz geradezu auf die Stirn geschrieben sein, was aber für die Prüfung im
Einzelfallauch nicht wirklich weiterhilft. Jedenfalls ist die Evidenzkontrolle nicht beschränkt auf Verletzungen von Art. 1 und Art. 20 GG. In der Klausursituation dürfte eher ein Fall vorkommen, in dem der Bundespräsident die Grenzen seines Prüfungsrechts überschreitet. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
lennart20
16.5.2023, 11:18:45
Wo findet man die normative Zugrundelegung der Kompetenzzuteilung zu den Ländern? Ich habe nur den Kompetenztitel der Hochschulzulassung und der Hochschulabschlüsse in Art. 74 I Nr. 33 GG, also in der konkurrierenden Gesetzgebung gefunden, bzw. in der
Abweichungskompetenz der Länderin Art. 72 III 1 Nr. 6 GG. Haben die Länder durch die Abweichungskompetenz im vorliegenden Fall die
Gesetzgebungskompetenzfür die Studiengebühren? Oder bin ich auf Abwegen?
lw1
15.6.2023, 16:48:06
Nach Art 30, 70 GG haben die Länder grundsätzlich die Kompetenz der Gesetzgebung inne. Nur wenn das Grundgesetz dem Bund ausdrücklich eine Kompetenz zuschreibt, ist der Bund für die Gesetzgebung zuständig (ausschließlich oder konkurrierend) gemäß Art. 70 I. Der Bund hat gemäß Art 74 I Nr. 33 nur die
konkurrierende Gesetzgebungfür die Hochschulzulassung inne (Abitur etc.). Im Umkehrschluss ergibt sich dann, dass für alle anderen Belange der Hochschule (u. A. Studiengebühren) der Bund keine Kompetenz hat und damit der Grundsatz der Länderkompetenz greift.
Aleksandra
21.11.2024, 21:42:27
Liebes Jurafuchs-Team, da die Thematik aktuell sehr relevant ist, würde ich mich über mehr Aufgaben und Fragen zum Bundespräsidenten freuen :)