Strafrecht

BT 9: Amtsdelikte

Einführung

Amtsträgereigenschaft nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB

Amtsträgereigenschaft nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB

25. Januar 2025

16 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

R ist Leiter der Sportredaktion der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt H. Dort ist er für inhaltliche Gestaltung und Auswahl des Programms zuständig. Von Handballlfunktionär B lässt er sich ein teures Auto schenken, im Gegenzug zeigt H besonders viel Handball.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Amtsträgereigenschaft nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. R könnte Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB sein und damit tauglicher Täter der Amtsdelikte nach §§ 331 ff. StGB.

Genau, so ist das!

Voraussetzungen für eine Amtsträgereigenschaft nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB sind: (1)Tätigkeit bei oder im Auftrag einer Behörde oder sonstigen Stelle (2)Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (3)Bestellungsakt.
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2. Handelt es sich bei H um eine Behörde (§ 11Abs. 1 Nr. 2 c Alt. 1 StGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Behörde ist ein ständiges, von der Person des Inhabers unabhängiges, in das Gefüge der öffentlichen Verwaltung eingeordnetes Organ der Staatsgewalt (=unmittelbare Staatsverwaltung) mit der Aufgabe, unter öffentlicher Autorität nach eigener Entschließung für Staatszwecke tätig zu sein.Rundfunkanstalten sind kein Teil der unmittelbaren Staatsverwaltung, sondern als Anstalten des öffentlichen Rechts selbstständige Verwaltungsträger. Sie sind Teil der mittelbaren Staatsverwaltung und als solche keine Behörde.Nach § 11 Abs. 1 Nr. 7 StGB sind im StGB vom Begriff der Behörde nicht nur Organe der Verwaltung (Exekutive), sondern auch Gerichte (Judikative) gemeint.

3. Der Begriff der sonstigen Stelle umfasst öffentlich-rechtlich und privatrechtlich organisierte Stellen (§ 11Abs. 1 Nr. 2 c Alt. 2 StGB).

Ja!

Sonstige Stellen sind behördenähnliche Institutionen, die rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken. Nicht nur öffentlich-rechtlich, sondern auch privatrechtlich organisierte Stellen können grundsätzlich sonstige Stellen sein, sofern sie wie behördenähnliche Institutionen befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen mitzuwirken. Allerdings sind sie nur dann als sonstige Stellen zu qualifizieren, wenn sie ihm Rahmen einer Gesamtbetrachtung als „verlängerter Arm” des Staates erscheinen. Indizien dafür sind insbesondere die Wahrung von Allgemeininteressen, die (Mit-)Finanzierung aus öffentlichen Mitteln, keine erwerbswirtschaftlich orientierte Gewinnerzielung und kein Wettbewerb mit Konkurrenten.Zu den sonstigen Stellen gehören etwa öffentliche Sparkassen, Kreiskrankenhäuser und gesetzliche Krankenkassen.

4. Handelt es sich bei H um eine sonstige Stelle (§ 11Abs. 1 Nr. 2 c Alt. 2 StGB)?

Genau, so ist das!

Sonstige Stellen sind behördenähnliche Institutionen, die - unabhängig von ihrer Organisationsform - rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken.Als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt ist H befugt, bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben - der Versorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen - mitzuwirken. H ist damit eine sonstige Stelle.Privatrechtliche Rundfunkanstalten stellen sich dagegen nicht als „verlängerter Arm” des Staates dar. Deren Mitarbeiter fallen damit nicht unter § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB.

5. Nimmt R für H Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr?

Ja, in der Tat!

Die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung umfasst alle Tätigkeiten, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen.Dazu gehört typischerweise die hoheitliche Ausübung der staatlichen Anordnungs- und Zwangsgewalt im Bereich von Daseinsvorsorge, Eingriffs- und Leistungsverwaltung. Nicht erfasst ist Rechtsprechung und Gesetzgebung.Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist die Sicherstellung der unerlässlichen Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen. Dies umfasst auch die Berichterstattung über Sportereignisse. R wirkt als leitender Angestellter maßgeblich an der Umsetzung dieser Aufgabe mit. Auch das Gebot der Staatsfreiheit, das für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gilt, stehe laut BGH der Einordnung des Grundversorgungsauftrags als öffentliche Aufgabe nicht entgegen.

6. R ist jedoch nicht bestellt, um Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahzunehmen.

Nein!

Die Bestellung verlangt einen besonderen öffentlich-rechtlichen Bestellungsakt. Die bloß faktische Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben ist nicht ausreichend. Die Bestellung muss den Bestellten entweder organisatorisch in die Behördenstruktur eingliedern oder zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit führen.Als angestellter Redaktuer arbeitet R dauerhaft bei H und ist damit bestellt öffentlich-rechtliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dogu

Dogu

23.11.2024, 18:41:20

Liebes Team, die Antwort auf die Behördeneigenschaft des Rundfunks ist leider immer noch falsch im System hinterlegt (siehe andere Threads).

LELEE

Leo Lee

24.11.2024, 08:41:28

Hallo Dogu, vielen Dank für den sehr wichtigen Hinweis! In der Tat hatte sich hier der Fehlerteufel eingeschlichen, weshalb wir den Text nunmehr entsprechend korrigiert haben. Wir möchten uns bei dir vielmals dafür bedanken, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen uns auf weitere Feedbacks :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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