Telefonüberwachung

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B ist eines Raubes verdächtig, da in seiner WG die Beute aus einer Raubserie gefunden wurde. Weil anderweitige Ermittlungen aussichtslos sind, erlangt Staatsanwalt S beim zuständigen Richter einen Abhörbeschluss über Bs Handy. In einem Telefonat berichtet B über den Raub.

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Einordnung des Falls

Telefonüberwachung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Abhören des Mobiltelefons des B stellt eine Telekommunikationsüberwachung (§ 100a StPO) dar.

Ja, in der Tat!

Telekommunikation ist der technische Vorgang des Aussendens, Übermitteln und Empfangens von Nachrichten jeglicher Art in der Form von Zeichen, Sprache, Bildern oder Tönen mittels Telekommunikationsanlagen. Zu den Telekommunikationsanlagen gehören auch Mobiltelefone. Es liegt somit eine Telekommunikationsüberwachung iSd. § 100a StPO vor.
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2. Die Telekommunikation darf ohne Wissen des Betroffenen nie überwacht und aufgezeichnet werden.

Nein!

Um relevante Ergebnisse zu erzielen bedarf es selbstverständlich einer verdeckten Überwachung. Nach § 100a Abs. 1 S. 1 StPO darf die Telekommunikation wegen des Eingriffes in Art. 10 GG (Post- und Fernmeldegeheimnis) ohne Wissen der Betroffenen aber nur unter strengen Voraussetzungen überwacht und aufgezeichnet werden.

3. Die Telekommunikationsüberwachung ist stets zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre (§ 100a StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Dieser Subsidiaritätsgrundsatz ist zwar eine Voraussetzung für die TKÜ, allerdings nicht die einzige!Eine TKÜ ist zulässig, wenn: (1) bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine Katalogtat nach § 100a Abs. 2 StPO begangen hat (§ 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO), (2) die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt (§ 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO) und (3) die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre (Subsidiaritätsgrundsatz, § 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO). (4) Zudem unterliegt die Anordnung der Telefonüberwachung dem Richtervorbehalt und setzt einen Antrag der Staatsanwaltschaft voraus (§ 100e Abs. 1 S. 1 StPO). Die Maßnahme darf zudem nicht durchgeführt werden, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt werden (§ 100d Abs. 1 StPO).

4. Bestand hier ein auf bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht einer Katalogtat (§ 100a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO)?

Ja, in der Tat!

Der Tatverdacht iSd. § 100a Abs. 1 Nr. 1 StPO muss weder hinreichend noch dringend sein. Er darf aber auch nicht nur unerheblich sein. Es müssen bestimmte Tatsachen vorliegen, die unmittelbar oder als Beweisanzeichen den Verdacht einer Katalogtat begründen. Auch kriminalistische Erfahrungen können berücksichtigt werden. Da bei B die Beute gefunden wurde, die einem polizeilich bekannten Raubgeschehen zuzuordnen ist, liegen konkrete Tatsachen vor, die den Verdacht begründen, dass B den Raub begangen hat. Bei dem Raub handelt es sich zudem um eine Katalogtat nach § 100a Abs. 2 Nr. 1 k) StPO (§ 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO).

5. Wog diese Tat auch im Einzelfall schwer (§ 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO)?

Ja!

Die Anlasstat muss auch im konkreten Einzelfall und nicht nur abstrakt schwer wiegen (§ 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO). Anhaltspunkte sind beispielsweise die Folgen der Tat, die Schutzwürdigkeit des verletzten Rechtsguts oder das Hinzutreten besonderer Umstände. Es besteht der Verdacht, dass B einen Raub begangen hat, der Teil einer ganzen Raubserie war. Denn schließlich wurde bei ihm die gesuchte Beute aus einer Raubserie gefunden. Dieses mögliche Zusammenwirken mit anderen Straftätern stellt einen besonderen Umstand dar, sodass die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt.

6. Weil auch die übrigen Voraussetzungen (Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes und Richtervorbehalt) vorliegen, dürfen die durch das Abhören erlangten Erkenntnisse gegen B verwertet werden.

Genau, so ist das!

Auch die weiteren Voraussetzungen für die Anordnung einer heimlichen Telefonüberwachung lagen vor. Insbesondere war eine anderweitige Erforschung des Sachverhalts aussichtslos (§ 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO). Überdies wurde der Richtervorbehalt gewahrt (§ 100e Abs. 1 S. 1 StPO). Folglich waren alle Voraussetzungen für die Anordnung einer heimlichen Telefonüberwachung gegeben. Die Maßnahme war rechtmäßig. Somit dürfen die durch das Abhören erlangten Erkenntnisse gegen B verwertet werden.
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