Lauschangriff in Wohnung

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B wird aufgrund bestimmter Tatsachen verdächtigt, einen Betrug begangen zu haben. Der zuständige Richter ordnet auf Antrag des ermittelnden Staatsanwalts eine akustische Wohnraumüberwachung an.

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Einordnung des Falls

Lauschangriff in Wohnung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Wohnung unterliegt dem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz durch Artikel 13 GG. Eine Wohnraumüberwachung ist daher stets unzulässig.

Nein, das trifft nicht zu!

Die akustische Wohnraumüberwachung (sog. großer Lauschangriff) ist in §§ 100c ff. StPO geregelt. Da durch das Abhören des nicht öffentlich gesprochenen Wortes innerhalb von Wohnungen in Art. 13 GG und Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG (Allgemeines Persönlichkeitsrecht) eingegriffen wird, ist eine Anordnung der Wohnraumüberwachung nur unter strengen Voraussetzungen zulässig.
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2. Die akustische Überwachung der Wohnung des B ist stets zulässig, wenn der Verdacht einer Katalogtat vorliegt (§ 100c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO).

Nein!

Der Verdacht, einer Katalogtat ist nicht die einzige Voraussetzung.Eine Anordnung der akustischen Wohnraumüberwachung ist nur zulässig, wenn: (1) ein auf bestimmte Tatsachen begründeter Tatverdacht vorliegt, der sich (2) auf eine Katalogtat richten muss, (3) die Tat im Einzelfall schwer wiegt, (4)tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Äußerungen des Beschuldigten erfasst werden, die für die Erforschung des Sachverhalts oder Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten von Bedeutung sind, (5) der Subsidiaritätsgrundsatz gewahrt ist und (6)der Kernbereich privater Lebensführung nicht berührt wird (§ 100d StPO). (7) Nach § 100e Abs. 2 S. 1 StPO unterliegt sie zudem dem Richtervorbehalt und setzt einen Antrag der Staatsanwaltschaft voraus. Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Wohnraumüberwachung ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz (§§ 100c ff. StPO) und müssen nicht auswendig gelernt werden.

3. Für die Anordnung einer Wohnraumüberwachung kann auf den Katalogtatenbestand zurückgegriffen werden, der auch für die Anordnung einer Telekommunikationsüberwachung gilt (§ 100a Abs. 2 StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 StPO muss ein auf bestimmte Tatsachen begründeter Verdacht einer Katalogtat vorliegen. Dabei verweist § 100c Abs. 1 Nr.1 StPO ausdrücklich nicht auf den Katalogtatbestand des § 100a Abs. 2 StPO, der für die Telekommunikationsüberwachung anwendbar ist, sondern es wird auf den Katalog in § 100b Abs. 2 StPO verwiesen. Dieser ist deutlich enger. Beispielsweise ist -anders als vom Katalog des § 100a Abs. 2 StPO- nicht der Betrug oder Subventionsbetrug erfasst. Zudem sind statt der „einfachen“ Bestechlichkeit (§ 100a Abs. 2 Nr.1v StPO) nur besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit (§ 100b Abs. 2 Nr.1o StPO) erfasst. Diese strengeren Anforderungen an die Anordnung der Wohnraumüberwachung gegenüber der Telekommunikationsüberwachung resultieren aus dem besonderen Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG).

4. Da B „nur“ eines Betruges verdächtig ist, war die Anordnung der akustischen Überwachung seiner Wohnung unrechtmäßig.

Ja, in der Tat!

Damit die Anordnung der Wohnraumüberwachung rechtmäßig ist, ist unter anderen nach § 100c Abs. 1 Nr. 1 StPO erforderlich, dass bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine in § 100b Abs. 2 StPO bezeichnete besonders schwere Straftat begangen hat. Der Betrug ist keine Katalogtat nach § 100b Abs. 2 StPO. Daher war die Anordnung der akustischen Überwachung der Wohnung des B unrechtmäßig.
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