Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Entscheidungsgründe

Veräußerung des Eigentums durch berechtigten Kläger – Bösgläubigkeit des Rechtsnachfolgers

Veräußerung des Eigentums durch berechtigten Kläger – Bösgläubigkeit des Rechtsnachfolgers

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K hat B auf Herausgabe seines Hockeyschlägers verklagt (§ 985 BGB). Kurz darauf übereignet K den Schläger seinem Sportsfreund S, der von dem Prozess weiß, und verlangt nun Leistung an S. B wendet ein, dass K nun zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei (§ 265 Abs. 3 ZPO). ‌

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Einordnung des Falls

Veräußerung des Eigentums durch berechtigten Kläger – Bösgläubigkeit des Rechtsnachfolgers

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat eine streitbefangene Sache veräußert.

Genau, so ist das!

Eine Sache ist streitbefangen, wenn durch ihre Veräußerung der Kläger nicht mehr aktivlegitimiert bzw. der Beklagte nicht mehr passivlegitimiert ist. K hat seine Eigentum an dem Hockeyschläger an S übertragen. Ein Anspruch aus § 985 BGB setzt jedoch voraus, dass der Anspruchsinhaber Eigentümer der herauszugebenden Sache ist. Durch die Veräußerung verliert K grundsätzlich seine Aktivlegitimation, sodass der Hockeyschläger streitbefangen ist.
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2. K hat durch die Veräußerung des Hockeyschlägers seine Prozessführungsbefugnis verloren.

Nein, das trifft nicht zu!

Prozessführungsbefugt ist grundsätzlich derjenige, der behauptet, Inhaber des geltend gemachten Rechts zu sein. Hiervon enthält § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO eine Ausnahme. Hiernach hat die Veräußerung der streitbefangenen Sache oder die Abtretung des streitbefangenen Anspruchs auf den Prozess keinen Einfluss. Dies bedeutet, dass der Prozess grundsätzlich mit den bereits vorhandenen Parteien fortgesetzt wird. Der Abtretende/Veräußernde darf demnach ein nun fremdes Recht in eigenem Namen geltend machen. § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO normiert somit eine gesetzliche Prozessstandschaft. K ist als Prozessstandschafter des S weiterhin prozessführungsbefugt.

3. Ks fehlende Aktivlegitimation ist unschädlich, da er seine Klage auf Leistung an S umgestellt hat.

Ja!

Die Veräußerung der streitbefangenen Sache hat auf den Prozess keinen Einfluss (§ 265 Abs. 2 S. 1 ZPO). Der Prozess wird also mit den bereits vorhandenen Parteien fortgesetzt. Bei Veräußerung auf Beklagtenseite ist die fehlende Passivlegitimation des Beklagten unschädlich. Bei Veräußerung auf Klägerseite bleibt der Kläger als gesetzlicher Prozessstandschafter des Rechtsnachfolgers prozessführungsbefugt. Die fehlende Aktivlegitimation wird jedoch erst dadurch überwunden, dass der Rechtsnachfolger dem Kläger eine Einzugsermächtigung erteilt oder dass der Kläger den Klageantrag auf Leistung an den Rechtsnachfolger umstellt (§ 264 Nr. 2 ZPO), sog. Relevanztheorie. Durch die Umstellung seiner Klage auf Leistung an S hat K seine fehlende Aktivlegitimation überwunden.Durch die Umstellung soll sichergestellt werden, dass das Urteil der wahren Rechtslage Rechnung trägt.

4. Müsste S auch ein klageabweisendes Urteil gegen sich gelten lassen (§ 325 ZPO)?

Genau, so ist das!

Nach § 325 Abs. 1 Alt. 1 ZPO wirkt ein Urteil grundsätzlich nicht nur für und gegen die Parteien des Rechtsstreits, sondern auch für und gegen diejenigen Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit deren Rechtsnachfolger geworden sind. § 325 Abs. 2 ZPO bildet zwar eine Ausnahme hierzu im Falle der Gutgläubigkeit des Rechtsnachfolgers. S war nicht gutgläubig, weshalb die Ausnahmevorschrift des § 325 Abs. 2 ZPO schon deshalb nicht eingreift. Die Rechtskraft einer Entscheidung im Prozess zwischen A und B wirkt somit auch ihm gegenüber )§ 325 Abs. 1 ZPO).

5. Kann B sich hier auf die fehlende Aktivlegitimation des S berufen (§ 265 Abs. 3 ZPO)?

Nein, das trifft nicht zu!

Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 ZPO gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei. Die Rechtskraft eines die Klage abweisenden Urteils würde sich auch auf S erstrecken, sodass Bs Einwand nicht greift.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GL

Glitzer_Hexe

23.3.2024, 19:26:45

In der letzten Frage ist die Rede von einem A, in der Angabe gibt es aber keinen A? Oder habe ich da etwas übersehen?

LELEE

Leo Lee

29.3.2024, 03:46:26

Hallo Glitzer_Hexe, vielen Dank für den Hinweis! In der Tat hatte sich hier der Fehlerteufel eingeschlichen, weshalb wir den Text nunmehr korrigiert haben! Wir möchten uns bei dir bedanken dafür, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen uns auf weitere Feedbacks von dir :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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