Abwandlung zu § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB (5)

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Goldenface (G) will auf seinem Außenbereichsgrundstück eine für seinen gewerblichen Betrieb notwendige Trockenauskiesung vornehmen. Die Stelle ist durch Eisenbahngleise und Industriegebiete eingekreist. Der Flächennutzungsplan weist den Bereich als Fläche für Bahnanlagen aus.

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Einordnung des Falls

Abwandlung zu § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB (5)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich nach § 35 BauGB.

Genau, so ist das!

Liegt das Vorhaben (§ 29 Abs. 1 BauGB) weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB), noch innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB), so richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit allein nach § 35 BauGB (Außenbereich). Gs Vorhaben stellt die Errichtung einer baulichen Anlage dar. Es liegt im Außenbereich.
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2. Bei Gs Vorhaben handelt es sich um ein privilegiertes Vorhaben.

Ja, in der Tat!

§ 35 BauGB unterscheidet zwischen privilegierten und sonstigen Vorhaben. Privilegierte Vorhaben sind im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn ein Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 BauGB erfüllt ist. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist die Ortsgebundenheit gegeben, wenn das Vorhaben nur an diesem konkreten Ort im Außenbereich sinnvoll errichtet werden kann. Die Abhängigkeit der baulichen Anlage vom konkreten Ort kann auf geographischen oder geologischen Gründen beruhen. Ein Vorhaben dient einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 3, wenn ein vernünftiger Betriebsinhaber unter Beachtung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs das Abgrabungsvorhaben an demselben Standort und mit etwa gleichem Umfang durchführen würde. Kiesabbaubetriebe sind ortsgebunden. Gs Betrieb ist gewerblich und das Vorhaben notwendig für den Betrieb. Durch die Einkreisung durch Eisenbahn und Industriegebiete ist das Grundstück vorbelastet und die Auskiesung im Verhältnis zu anderen Außenbereichsstellen größtmöglich schonend.

3. Gs Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans und ist damit umgehend unzulässig.

Nein!

Wenn ein Vorhaben Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, sind öffentliche Belange beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB). Beeinträchtigt ein sonstiges Vorhaben öffentliche Belange, ist es nach § 35 Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig. Gs Vorhaben ist privilegiert. Unabhängig davon, ob es sich bei der Ausweisung des Bereichs als Fläche für Bahnanlagen um eine Darstellung handelt, kann sich die Unzulässigkeit daher nicht allein aus einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange ergeben. Diese müssen dem Vorhaben entgegenstehen.

4. Die Ausweisung des Bereichs als Bahnanlagenfläche geht auf ein Planungsverfahren der Deutschen Bahn nach §§ 18ff. AEG zurück. Diese will dort einen Containerbahnhof errichten. Steht sie Gs Vorhaben nach § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB entgegen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die jeweiligen Voraussetzungen nach § 35 Abs. 3 Nr. 1-8 BauGB müssen erfüllt sein, um einen öffentlichen Belang mit Sperrwirkung zu bejahen. Für § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB gilt, dass Planungen anderer Planungsträger als der Gemeinde, die in den Flächennutzungsplan nachrichtlich aufgenommen werden, nicht als Darstellungen des Flächennutzungsplans gelten. Die Entscheidung über die Ausweisung der Fläche als Bahnanlage erfolgte im Rahmen eines eigenen Planungsverfahrens. Dass die Ausweisung im Flächennutzungsplan eventuell sogar mit der Gemeinde abgestimmt war und diese die Planung verwirklichen will, ist unerheblich. Die Verwirklichung – die Errichtung eines Containerbahnhofs – liegt außerhalb der Kompetenz der Gemeinde. Aus § 7 S. 1 BauGB ergibt sich auch keine Verpflichtung der Deutschen Bahn zur Verwirklichung der zeichnerischen Wiedergabe im Plan. Die Ausweisung als Fläche für Bahnanlagen ist kein Gegenstand der Planungsentscheidung der Gemeinde und demnach keine Darstellung des Flächennutzungsplans nach § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

fuchs_

fuchs_

31.3.2024, 20:49:50

Danke, dass ihr Aufgaben reinbringt, die einen zwingen, sich den §35 BauGB genauer anzuschauen in seiner Struktur und mit den verschiedenen Nummern, das hilft ungemein!

YO

yolojura

8.7.2024, 12:45:39

Wäre im Geltungsbereich eines Planfeststellungsbeschlusses, wie es vorliegend der Fall ist, der § 35 wegen § 38 BauGB ohnehin nicht anzuwenden?


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