Referendariat
Die Revisionsklausur im Assessorexamen
Begründetheit II: Verletzungen des Verfahrensrechts (Verfahrensrüge)
Abwesenheit des Angeklagten als absoluter Revisionsgrund - Vorübergehende Entfernung des Angeklagten bei Vernehmung eines Zeugen oder eines Mitangeklagten (§ 247 StPO)
Abwesenheit des Angeklagten als absoluter Revisionsgrund - Vorübergehende Entfernung des Angeklagten bei Vernehmung eines Zeugen oder eines Mitangeklagten (§ 247 StPO)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A wird wegen Körperverletzung verurteilt. Da Zeuge Z mit ängstlichem Blick angab, er sage vor A „lieber nichts”, weil dieser ihn angerufen und gedroht habe, Z bekomme „heftig aufs Maul”, wenn er „sich verplappere”, wird A bis zu den Plädoyers aus dem Saal entfernt.
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Einordnung des Falls
Abwesenheit des Angeklagten als absoluter Revisionsgrund - Vorübergehende Entfernung des Angeklagten bei Vernehmung eines Zeugen oder eines Mitangeklagten (§ 247 StPO)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Urteil ist rechtsfehlerhaft, wenn der Angeklagte entgegen § 230 Abs. 1 StPO nicht an der Verhandlung teilnimmt, ohne dass ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Verhandlung ohne den Angeklagten ist zulässig, wenn zu befürchten ist, ein Zeuge werde bei seiner Vernehmung in Gegenwart des Angeklagten die Wahrheit nicht sagen (§ 247 S.1 StPO).
Genau, so ist das!
3. Die Anordnung der Entfernung (§ 247 S. 1 StPO) war bereits deshalb rechtsfehlerhaft, weil keine Gefahr für die Wahrheitsfindung vorlag.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Der Verstoß gegen § 230 Abs. 1 StPO war somit gerechtfertigt und das Urteil damit rechtsfehlerfrei (§ 337 StPO).
Nein!
5. Das Urteil beruht auf dem Verfahrensfehler (§ 338 Nr. 5 StPO).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Entenpulli
13.11.2024, 17:38:38
Wird "nicht die Wahrheit sagen" hier also weit ausgelegt, da der Zeug vorliegend nur Schweigen will, nicht aber die Unwahrheit erzählen. Wenn das so sein sollte, gilt das unabhängig davon, ob ein Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht besteht?
Nocebo
20.11.2024, 15:05:31
Das mit dem Schweigen als solches ist eine interessante Frage, da ein Zeuge ja gar nicht ohne Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht schweigen darf. Zu diesen gilt: "Das Gericht kann den Angeklagten ausschließen, wenn ein nach § 52 zeugnisverweigerungsberechtigter Zeuge erklärt, dass er nur in Abwesenheit des Angeklagten aussagen wolle (BGHSt 46, 142 (143) = BGH NStZ 2001, 46 (47); BGH NStZ 1997, 402; 2001, 608). Gleiches gilt für den Zeugen, dem ein nach § 55 verdichtetes, daher umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zusteht (BGH NStZRR 2004, 116 ff.), u. für den Mitangeklagten, der seine generelle Aussagebereitschaft vom Ausschluss des Angeklagten abhängig macht (BGH bei Becker NStZRR 2002, 69). § 247 S. 1 setzt freilich voraus, dass die Auskunftsperson in diesen Fällen ernsthaft ankündigt, in Gegenwart des Angeklagten nicht auszusagen; wie auch sonst ist es hingegen nicht ausreichend, dass sie bei vorhandener Aussagebereitschaft bloß einen entsprechenden Wunsch äußert (BGH NStZ 2002, 44 (45))." (BeckOK StPO/Berg, 53. Ed. 1.10.2024, StPO § 247 Rn. 4.1, beck-online)