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Politische Parteien

Kriterium der Ernsthaftigkeit bei Neugründung

Kriterium der Ernsthaftigkeit bei Neugründung

2. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S.W. möchte zusammen mit ihren Freunden eine eigene Partei gründen. Zum Zeitpunkt der Gründung hat sie 44 Mitglieder. Die Gruppe fordert Vernunft und Gerechtigkeit. Das vollständige Parteiprogramm wird derzeit fleißig erarbeitet. Die Gruppe hat das Ziel, in den Bundestag einzuziehen.

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Einordnung des Falls

Kriterium der Ernsthaftigkeit bei Neugründung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das entscheidende Merkmal des Parteienbegriffs in § 2 Abs. 1 PartG ist die Ernsthaftigkeit.

Ja!

Die Frage nach der Ernsthaftigkeit steht regelmäßig im Zentrum der Prüfung für das Vorliegen der Parteifähigkeit. Das Kriterium der Ernsthaftigkeit ergibt sich dabei aus einer Gesamtschau aller tatsächlich vorliegenden Umstände. Das Bundesverfassungsgericht richtet sich bei der Frage nach der Ernsthaftigkeit insbesondere nach: (1) Umfang und Festigkeit der Organisation (2) Anzahl der Mitglieder (3) Hervortreten in der Öffentlichkeit
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2. S.W. hat Sorge, dass sie schon allein aufgrund ihres kurzen Bestehens keine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit bieten kann. Schließt die Neugründung die Ernsthaftigkeit aus?

Nein, das ist nicht der Fall!

Allein der Umstand, dass eine Vereinigung frisch gegründet wurde, schließt die Ernsthaftigkeit nicht aus. Das Bundesverfassungsgericht erhöht seine Anforderungen an die einzelnen Faktoren der Ernsthaftigkeit, je länger eine Vereinigung besteht. In der Gründungsphase reicht eine ernsthafte Absicht, während mit der Zeit die tatsächliche Fähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben nachgewiesen werden muss. Diese Differenzierung ist erforderlich, um den demokratischen Prozess gemäß Art. 20 Abs. 2 GG möglichst offen zu halten.

3. Politiker P findet, 44 Mitglieder seien viel zu wenig. Schließt ein geringer Mitgliederbestand in der Gründungsphase automatisch die Ernsthaftigkeit gemäß § 2 Abs. 1 PartG aus?

Nein, das trifft nicht zu!

Ein geringer Mitgliederbestand schließt nicht automatisch die Ernsthaftigkeit aus. Insbesondere berücksichtigt das BVerfG in verschiedenen Entscheidungen die Schwierigkeiten in der Gründungsphase. Gleichwohl hat das Gericht acht Mitglieder als nicht ausreichend erachtet (BVerfGE 134, 131 (134f.)), während es gleichzeitig 42 Mitglieder als ausreichend anerkannt hat (BVerfGE 134, 124 (130)).

4. In der Gründungsphase reicht der Nachweis einer ernsthaften Absicht, politische Ziele zu verfolgen. Trift dies auf das Bündnis von S.W. zu?

Ja!

Das Bündnis von S.W. erarbeitet ein Parteiprogramm, plant, an Wahlen teilzunehmen, und hat für die Neugründung ausreichend Mitglieder, um diese Ziele zu erreichen. Nach einer Gesamtbetrachtung verfolgt das Bündnis daher ernsthafte Ziele. Beachte, dass das BVerfG insbesondere in der Gründungsphase abgeschwächte Anforderungen an die einzelnen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 PartG stellt. Diese Anforderungen erhöhen sich mit der Zeit. So muss die Partei später die tatsächliche Fähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben nachweisen können. Das BVerfG geht in seiner Rechtsprechung (BVerfGE 91, 276 (287)) nicht konkreter darauf ein, welche „Aufgaben“ die Partei erfüllen soll. Bei der Fähigkeit, die Aufgaben (im Allgemeinen) zu erfüllen, kann man sich jedoch an der Dauer, dem Mitgliederbestand und dem Organisationsgrad orientieren.
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