Beweisvereitelung

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K behauptet, V habe ihr ein defektes Fahrrad verkauft. Aufgrund des Defekts sei es zu einem Sturz gekommen und K habe sich erheblich verletzt. Als V mitbekommt, dass K Klage gegen ihn erheben will, entsorgt er das Fahrrad. V weiß, dass das Rad das einzige in Betracht kommende Beweismittel ist.

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Einordnung des Falls

Beweisvereitelung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Grundsätzlich trägt K die Beweislast für alle den Schadensersatzanspruch begründenden Umstände.

Ja!

Hinsichtlich der Beweislastverteilung gilt folgender Grundsatz: Jede Partei trägt für die ihr günstigen Tatsachen die Beweislast. Der Anspruchsteller trägt danach die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen, der Gegner die Beweislast für die rechtshindernden und -vernichtenden Einwendungen und die rechtshemmenden Einreden. K trägt somit als Anspruchstellerin grundsätzlich alle den Schadensersatzanspruch begründenden Umstände. Sie muss daher unter anderem beweisen, dass das Fahrrad defekt war und es dadurch zu einem Sturz gekommen ist. Den Beweis wird K jedoch nicht führen können, da das einzige in Betracht kommende Beweismittel von V vernichtet wurde.
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2. Durch die Entsorgung des Fahrrades hat V Ks Beweisführungsmöglichkeiten vereitelt.

Genau, so ist das!

Von Beweisvereitelung spricht man, wenn eine Partei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert, indem sie während des Prozesses oder vorher vorhandene Beweismittel vernichtet, vorenthält oder ihre Benutzung erschwert, obwohl die spätere Notwendigkeit einer Beweisführung dem Aufklärungspflichtigen bereits erkennbar sein musste. Das Verschulden muss sich sowohl auf die Vernichtung bzw. Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Vereitelung seiner Beweisfunktion beziehen. V wusste, dass das Fahrrad das einzige in Betracht kommende Beweismittel ist und K dieses in dem zukünftigen Schadensersatzprozess als Beweismittel dringend benötigen wird. Er hat das Fahrrad entsorgt, um es als künftiges Beweisobjekt zu vernichten.

3. Bleibt es trotz dieser vorsätzlichen Beweisvereitelung dabei, dass K die volle Beweislast trägt?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Folgen einer vorsätzlichen Beweisvereitelung sind gesetzlich nicht geregelt. Die Rechtsprechung berücksichtigt das beweiserschwerende Verhalten der Partei bei der Beweiswürdigung oder billigt Beweiserleichterungen zu, indem sie das auf Verschulden einer Partei beruhende Fehlen eines Beweismittels als Indiz für die zu beweisende Tatsache genügen lässt. Im Einzelfall kann dies bei bewusster Beweisvereitelung bis zur Beweislastumkehr führen. Da V den Beweis vorsätzlich vereitelt hat, kommt es hier zur Beweislastumkehr. Es obliegt nunmehr daher V zu beweisen, dass das Fahrrad nicht defekt war und der Sturz nicht dadurch verursacht worden ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GEI

Geithombre

6.2.2024, 15:56:03

Führe ich das dann mehr oder weniger abstrakt aus oder knüpfe ich es an § 371 III ZPO, da der Mangel am Fahrrad nun nicht mehr in

Augenschein

genommen werden kann?

PAT

Patrick4219

17.6.2024, 13:42:08

Ich würde es hier ganz klar bei § 371 Abs. 3 ZPO erörtern. Die Norm ist ja quasi auf den vorliegenden Fall zugeschnitten. Diese Info wäre allerdings eine Ergänzung im Lösungstext wert. @[Lukas Mengestu](221887)


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