Abwesenheit des Verteidigers - Verwirkung der Abwesenheits-Rüge

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird vor dem Landgericht in 1. Instanz verurteilt. Sein Verteidiger V rügt das Urteil: Er habe aufgrund des „Verhaltens des Vorsitzenden” kurz den Saal verlassen, um „runterzukommen”. Während seiner Abwesenheit habe der dann das Urteil durch Verlesen der Urteilsformel verkündet.

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Einordnung des Falls

Abwesenheit des Verteidigers - Verwirkung der Abwesenheits-Rüge

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da V während eines wesentlichen Teils der Verhandlung nicht anwesend war, ist § 140 StPO verletzt.

Ja!

§ 140 StPO ist verletzt, wenn ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt und die Verteidigung während eines wesentlichen Teils der Hauptverhandlung nicht anwesend ist.Die Verkündung der Urteilsformel (§ 268 Abs. 2 S. 1 StPO) ist wesentlicher Teil der Hauptverhandlung, denn sie enthält den eigentlichen Urteilsspruch. Ist dieser nicht verkündet, so liegt kein Urteil im Rechtssinne vor. Da die erstinstanzliche Hauptverhandlung vor dem Landgericht stattfand, lag auch ein Fall der notwendigen Verteidigung vor (§ 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO).
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2. Kann A mit Erfolg Revision einlegen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Rechtsprechung hält eine Verwirkung der Rüge nach § 338 Nr. 5 StPO für möglich, wenn der Verteidiger sich eigenmächtig aus der Verhandlung entfernt. Denn in diesem Fall würde der Verteidiger die Grundlage der Revisionsrüge selbst schaffen. Die Revision soll den Angeklagten aber vor Rechtsverletzungen durch die staatliche Gewalt schützen.V beruft sich zwar auf das "Verhalten" des Vorsitzenden. Er legt aber nichts weiter dar, sodass aufgrund seines Vortrags nicht beurteilt werden kann, ob das Verhalten des Vorsitzenden so schwer wog, dass ein Verlassen des Saals entschuldbar war.
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