Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Feststellungsklage

Feststellungsinteresse + Rechtshängigkeit bei negativer Feststellungsklage und Widerklage auf Leistung

Feststellungsinteresse + Rechtshängigkeit bei negativer Feststellungsklage und Widerklage auf Leistung

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B behauptet vehement, dass K ihm €50 schulde. K ist genervt von all den Anrufen und Mahnungen seitens B. Daher erhebt er Klage gegen B. Er möchte feststellen lassen, dass B keinen derartigen Zahlungsanspruch gegen ihn hat. Kurz darauf verlangt B jedoch widerklagend die Zahlung der €50. Es wurde bereits mündlich verhandelt.

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Einordnung des Falls

Feststellungsinteresse + Rechtshängigkeit bei negativer Feststellungsklage und Widerklage auf Leistung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat eine sog. negative Feststellungsklage erhoben.

Ja, in der Tat!

Eine sog. negative Feststellungsklage liegt vor, wenn der vermeintliche Schuldner eines Anspruchs klageweise die Feststellung begehrt, dass besagter Anspruch nicht besteht. B möchte gerichtlich feststellen lassen, dass K keinen Zahlungsanspruch gegen ihn in Höhe von €50 hat und begehrt damit die Feststellung einer negativen Tatsache.
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2. Für die Erhebung seiner Klage fehlte K bereits bei Klageerhebung das notwendige Feststellungsinteresse iSd § 256 Abs. 1 ZPO.

Nein!

Das Feststellungsinteresse ist eine besondere Ausformung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Nach § 256 Abs. 1 ZPO besteht es nur, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses hat. Hierfür muss seiner Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr oder Ungewissheit drohen, die er nur mit einer Feststellungsklage abwenden kann (= Grundsatz der Subsidiarität). Bei einer negativen Feststellungsklage liegt ein solches vor, wenn der Beklagte behauptet, dass der Anspruch bestehe oder die Erfüllung des Anspruchs verlangt. Vorliegend machte B wiederholt einen Zahlungsanspruch gegen K geltend. Dies begründet eine ausreichende gegenwärtige Gefahr und Ungewissheit für die Rechtslage des K. Die Feststellungsklage ist auch nicht gegenüber einer Leistungsklage subsidiär. Als vermeintlicher Anspruchsgegner kann K nämlich keine Leistungsklage erheben.

3. Die Widerklage des B ist wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit unzulässig.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO kann eine Streitsache während der Dauer ihrer Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Durch die Klage des K wurde die Frage, ob B gegen K einen Zahlungsanspruch hat, rechtshängig. Diese Rechtshängigkeit steht der Widerklage des B jedoch ausnahmsweise nicht entgegen, denn die Widerklage geht über das klägerische Begehren hinaus. Sie ist nicht nur auf Feststellung, sondern auf Leistung gerichtet und würde B bei Erfolg einen vollstreckbaren Titel bieten. Wird dagegen zuerst auf Leistung geklagt und widerklagend die Feststellung des Nichtbestehens des klägerischen Anspruchs begehrt, ist die Widerklage schon wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit unzulässig. Denn in diesem Fall geht die begehrte Feststellung nicht über die Leistungsklage hinaus, sondern muss inzident innerhalb der Leistungsklage geprüft werden.

4. Die Klage des K wurde durch die erhobene Widerklage des B nachträglich unzulässig.

Ja, in der Tat!

Das Feststellungsinteresse des Klägers ist grundsätzlich nur dann zu bejahen, wenn die begehrte Feststellung nicht auch als Bestandteil einer Leistungsklage erreicht werden kann. Bei einer negativen Feststellungsklage hat der Kläger zunächst selbst nicht die Möglichkeit eine Leistungsklage zu erheben. Verlangt jedoch der beklagte Anspruchsinhaber widerklagend Leistung, lässt dies das Feststellungsinteresse des Klägers nachträglich entfallen, sobald sich die Widerklage nicht mehr einseitig zurücknehmen lässt(§ 269 Abs. 1 ZPO). Bei Klageerhebung hatte K zunächst das nötige Feststellungsinteresse. Dieses ist jedoch durch die Widerklage des B wieder entfallen, weil sich diese im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht mehr einseitig zurücknehmen ließ. Um der Kostentragung zu entgehen, sollte K daher den Rechtsstreit (einseitig) für erledigt erklären.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

YM

Y. M.

24.5.2024, 19:09:25

Ich finde die Antwort ungenau! Meines Wissens nach wird die Klage auf (negative) Feststellung erst dann unzulässig, wenn die

Widerklage

nicht mehr (ohne Zustimmung des Widebeklagten) zurück genommen werden kann also m.E erst nach dem die Anträge in der mündlichen Verhandlung gestellt worden sind

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.5.2024, 12:45:15

Hallo Y.M., danke für deinen Hinweis! Du hast Recht, die Antwort ist in der Hinsicht unvollständig, als dass die Unzulässigkeit der negativen

Feststellungsklage

eintritt, wenn die

Leistungsklage

nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann. Nach ganz h.M. entfällt in dem Augenblick das Feststellungsinteresse und damit das Rechtsschutzbedürfnis, weil eine Entscheidung über die

Leistungsklage

gesichert ist. Dies ist der Fall wenn diese zulässig ist und vom Gegner nicht m

ehre

inseitig zurückgenommen werden kann, da mündlich verhandelt wurde. Es gibt eine Ausnahme davon: Wenn die

negative Feststellungsklage

entscheidungsreif oder im wesentlichen zur Entscheidungsreife gelangt ist, während die

Leistungsklage

dies noch nicht ist. Beides muß zur Zeit der mündlichen Verhandlung über die

Leistungsklage

(vgl. § 269 ZPO) feststellbar sein, sonst bleibt die

Feststellungsklage

auch bei nachträglicher Entscheidungsreife unzulässig. Wir ergänzen dies in der Aufgabe. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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