Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Klageänderung

Veräußerung der streitbefangenen Sache durch den Kläger - Beklagter stimmt Übernahme durch Erwerber nicht zu

Veräußerung der streitbefangenen Sache durch den Kläger - Beklagter stimmt Übernahme durch Erwerber nicht zu

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Als K erfährt, dass sich sein verloren geglaubtes Fahrrad im Besitz des B befindet, verlangt er klageweise dessen Herausgabe (§ 985 BGB). Noch bevor es zu einem Urteil kommt, übereignet er das Fahrrad an X. Dieser möchte den Prozess übernehmen, womit K, nicht aber B einverstanden ist.

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Einordnung des Falls

Veräußerung der streitbefangenen Sache durch den Kläger - Beklagter stimmt Übernahme durch Erwerber nicht zu

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Fahrrad stellt eine streitbefangene Sache im Sinne des § 265 Abs. 1 ZPO dar.

Ja, in der Tat!

Eine Sache ist streitbefangen, wenn auf der rechtlichen Beziehung zu ihr die Sachlegitimation des Klägers oder des Beklagten beruht. Dies ist der Fall, wenn durch ihre Veräußerung der Kläger nicht mehr aktivlegitimiert oder der Beklagte nicht mehr passivlegitimiert ist. K macht einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB geltend. Dieser Anspruch besteht nur, wenn und solange K Eigentümer des Fahrrads ist. Durch eine Übereignung des Fahrrads an eine andere Person verliert er seine Aktivlegitimation.
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2. X kann den Prozess anstelle des K weiterführen.

Nein!

Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei anstelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen (§ 265 Abs. 2 S. 2 HS 1 ZPO). Der Rechtsnachfolger ist derjenige, an den die streitbefangene Sache veräußert oder der streitbefangene Anspruch abgetreten wird. Der Rechtsvorgänger ist der Veräußernde/Abtretende. K und X wollen, dass X den Prozess anstelle von K weiterführt. B hat dem jedoch nicht zugestimmt.

3. K bleibt Partei des Prozesses. Er muss seine Klage jedoch umstellen.

Genau, so ist das!

Liegen die Voraussetzungen des § 265 Abs. 2 S. 2 HS 1 ZPO nicht vor, so gilt § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO: Der Prozess wird mit den bereits vorhandenen Parteien bzw. mit dem Rechtsvorgänger (Veräußerer/Zedent) fortgesetzt. Ist der Kläger der Veräußerer/Zedent, kann er nur dann weiterhin Leistung an sich selbst verlangen, wenn der Rechtsnachfolger (Erwerber/Zessionar) ihm eine Einzugsermächtigung erteilt. Andernfalls muss er den Klageantrag auf Leistung an den Rechtsnachfolger umstellen, was eine nach § 264 Nr. 2 ZPO stets zulässige Klageänderung darstellt. Da B der Übernahme des Prozesses durch X anstelle von K nicht zugestimmt hat, liegen die Voraussetzungen des § 265 Abs. 2 S. 2 HS 1 ZPO nicht vor, sodass K Partei des Prozesses bleibt. Mangels Einzugsermächtigung von X muss K seine Klage jedoch umstellen und nunmehr Herausgabe an X verlangen.X bleibt die Möglichkeit, als Streithelfer am Prozess teilzunehmen (§§ 66 ff. ZPO).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PAT

Patrick4219

19.1.2024, 23:01:35

In der letzten Frage heißt es "K MUSS die Klage jedoch umstellen". Mich hat die Formulierung hier leicht verwirrt, da K nicht gezwungen ist die Klage umzustellen. Er kann weiterhin die Herausgabe an sich selbst verlangen, wobei in diesem Fall jedoch die Klage abgewiesen werden würde.

GEI

Geithombre

22.1.2024, 00:35:17

Ja, ein "sollte" wäre in der Tat präziser

JAS

Jasper

19.6.2024, 11:55:14

ich fand es verwirrend, dass die neue Partei nicht den Prozess übernimmt, nachdem der Beklagte die streitbefangene Sache veräußert hat, obwohl der Kläger zustimmt. Aus § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO ergibt sich das nämlich nicht, dort ist nur die Zustimmung des Gegners erforderlich. Hier wäre ein Hinweis hilfreich, dass die Zustimmung des Rechtsvorgängers nötig ist, weil er gegen seinen Willen nicht zum Ausscheiden gezwungen werden kann.


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