Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Erledigung

Welche Wirkung hat die einseitige Erledigungserklärung des Klägers im Zivilprozess?

Welche Wirkung hat die einseitige Erledigungserklärung des Klägers im Zivilprozess?

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K klagt gegen B auf Zahlung von €3.000. Nach Zustellung der Klage bei B zahlt dieser die €3.000 an K. K erklärt daraufhin in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. B widerspricht der Erledigungserklärung ausdrücklich.

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Einordnung des Falls

Welche Wirkung hat die einseitige Erledigungserklärung des Klägers im Zivilprozess?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K und B haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine übereinstimmende Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache liegt nur vor, wenn die Parteien übereinstimmend Erledigungserklärungen abgeben oder eine solche Erklärung des Beklagten nach § 91a Abs.1 S.2 ZPO fingiert wird. Da B der Erledigungserklärung des K ausdrücklich widersprochen hat, hat er keine Erledigungserklärung abgegeben. Es liegt keine übereinstimmende Erledigung vor. Vielmehr hat der Kläger den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt.
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2. Durch die einseitige Erledigungserklärung der K wird der Prozess beendet.

Nein!

Anders als nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen von Klägerin und Beklagtem, endet der Prozess nicht durch die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin. Denn wenn der Beklagte nicht zustimmt, kann von ihm nicht verlangt werden, dass er auf eine rechtskräftige Entscheidung in der Sache verzichtet. Vielmehr endet der Prozess in diesem Fall durch Urteil. Die Entscheidung hängt dabei davon ab, ob die Hauptsache sich tatsächlich nach Rechtshängigkeit erledigt hat und inwieweit sie ursprünglich zulässig und begründet war.

3. Zwar erreicht K durch die einseitige Erledigungserklärung keine sofortige Beendigung des Rechtsstreits, jedoch ist sie insbesondere aus Kostengründen sinnvoll für K.

Genau, so ist das!

Wenn eine ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein Ereignis nach Eintritt der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet wird (z.B. weil der Beklagte die Klageforderung begleicht), würde die Klage abgewiesen werden. Die Klägerin hätte dann nach § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Um dies zu vermeiden, kann sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Dies hat zur Folge, dass der Beklagte die Kosten tragen muss, wenn die Klage bei Eintritt des Ereignisses zulässig und begründet war und das erledigende Ereignis erst nach Rechtshängigkeit eingetreten ist. Ks Anspruch ist durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) untergegangen. Die Hauptsache hat sich damit erledigt, allerdings erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit (§§ 261, 253 ZPO). Die zuvor zulässige und begründete Klage ist nunmehr unbegründet. Nach § 91 ZPO hätte K die Kosten zu tragen, wenn sie keine Erledigung erklärt hätte.

4. Durch die einseitige Erledigungserklärung der K erfolgt eine Klageänderung ihrer ursprünglichen Leistungsklage in eine Feststellungsklage.

Ja, in der Tat!

Die einseitige Erledigungserklärung der Klägerin ist ein Sachantrag auf die Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Die Klägerin begehrt mithin Feststellung, dass die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein nachträgliches, erledigendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Dieser Übergang vom ursprünglichen Sachantrag zur Erledigungserklärung ist nach hM eine nach § 264 Nr.2 ZPO privilegierte, zumindest aber eine nach § 263 ZPO sachdienliche Klageänderung unter Einschränkung des Klageziels. Das stattgebende Urteil ist daher ein Feststellungsurteil: „Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.“
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