Öffentliches Recht
Verwaltungsrecht AT
Verwaltungsvollstreckung
Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßmahme 1
Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßmahme 1
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A parkt sein Auto vor einem abgesenkten Bordstein. Behörde B lässt das Auto nach 30 Minuten Wartezeit durch ein privates Unternehmen (U) abschleppen. Auf dem Armaturenbrett des Autos lag ein Zettel mit As Handynummer und dem Hinweis, er wäre bei Problemen schnell vor Ort.
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Einordnung des Falls
Verhältnismäßigkeit der Vollstreckungsmaßmahme 1
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Rechtsgrundlage für Bs Maßnahme ist § 6 Abs. 1 VwVG.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. B hat sich für das Zwangsmittel der Ersatzvornahme entschieden.
Genau, so ist das!
3. Bei der Wahl des Zwangsmittels muss die Behörde den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten.
Ja, in der Tat!
4. Weil A seine Telefonnummer und die Nachricht in seinem Auto hinterlassen hat, ist die Ersatzvornahme durch B nicht erforderlich.
Nein!
5. Die Ersatzvornahme ist aber unangemessen.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Peter
24.1.2024, 18:05:33
aber hier ist die Entscheidung nachzulesen: https://www.bverwg.de/090414U3C5.13.0 :-)
Nora Mommsen
28.1.2024, 17:15:19
Hallo Peter, super - danke dir für den Hinweis! Wir haben sie nun auch in den Hinweisen zur Aufgabe ergänzt. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Al Bandy
1.2.2024, 22:30:32
Zur Klarstellung könntet ihr eventuell ergänzen, dass der Bedienstete tatsächlich (vergeblich) versucht hat, den Falschparker zu erreichen. So war es auch im Originalfall :)
Lukas_Mengestu
5.2.2024, 17:02:35
Hallo Luca, in der Tat war im Originalfall ein vergeblicher Kontaktanruf vorausgegangen - dieser ist allerdings nicht zwingend. Nach der st. Rechtsprechung des BVerwG ist das Abschleppen nur dann unverhältnismäßig wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Verantwortliche kurzfristig wieder am Fahrzeug erscheinen und es unverzüglich selbst entfernen wird. Allein das Auslegen eines Zettels mit der Angabe einer Telefonnummer reicht beispielsweise regelmäßig nicht, da dann nicht klar wird, wann der Fahrer eintreffen wird und kein Bezug zur konkreten Situation besteht (vgl. zB Oberverwaltungsgericht Hamburg: Urteil vom 14.08.2001 – 3 Bf 429/00 = https://www.iww.de/quellenmaterial/id/2527). Letztlich ist es aber - wie immer bei der Prüfung der Angemessenheit - eine Frage der konkreten Fallumstände. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Al Bandy
5.2.2024, 21:43:09
Vielen Dank!
Aleks_is_Y
6.3.2024, 11:44:28
Vielen Dank für deine Antwort und Klarstellung Lukas! Ich bin aber trotzdem noch ein wenig verwirrt, weil in der Aufgabe auch konkret steht, dass der Fahrer bei Anruf in "3 Minuten" zurück wäre. Im konkreten Fall erscheint das Abschleppen nach 30 Minuten zu warten ohne den Versuch einer Kontaktaufnahme zumindest zweifelhaft. Vielleicht könnte die Aufgabe in dieser Hinsicht tatsächlich präzisiert werden, damit die Verhältnissmäßigkeit deutlicher zu Tage tritt.
Tom98
6.6.2024, 13:47:32
30 Minuten da rumstehen und warten, ohne jeglichen Anhaltspunkt, ob und wann die Person zurückkommt ist also angemessener, als kurz anzurufen? Naja…Klingt für mich nach
Behördenlogik
Linne_Karlotta_
3.9.2024, 13:24:34
Hallo Tom, danke für deinen Hinweis. Bei der Frage der Angemssenheit geht es nicht darum, ob das Verhalten der
Behörde„zweckmäßig“ ist. Sondern lediglich, ob das gewählte Verhalten auf unverhältnismäßige Weise in die Rechte des Adressaten eingreift. Die Frage, ob die
Behördeden Halter des Fahrzeugs hätte anrufen müssen, ist allein eine Frage der der Erforderlichkeit. Also: Musste die
Behördeanrufen, weil das ein milderes, gleichgeeignetes Mittel ist im Vergleich zum Abschleppen ohne vorherigen Anruf war? Dies wird hier aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr verneint. Dass die
Behördevorher 30 Minuten gewartet hat, ist für die Frage, ob das Abschleppen als solches erforderlich war, nicht von Bedeutung. (Es könnte im Prozess ggf. lediglich ein Anhaltspunkt für die Bewertung der Gefahrenlage sein.) Aus einer „praktischen“ Betrachtung verstehe ich Deine Anmerkung natürlich, aber die rechtlich richtige Argumentation ist ja (leider) häufig nicht die praktikabelste ;) Viele Grüße, Linne - für das Jurafuchs-Team
jeci
12.7.2024, 16:02:05
Im Sachverhalt steht "abschleppen". Darunter würde ich jetzt verstehen, dass das Fahrzeug auf den Hof des Abschleppunternehmens verbracht wird. Tatsächlich kann es beim Parken vor einem abgesenkten Bordstein aber ggf. ausreichen, das Fahrzeug verkehrsgemäß an eine andere Stelle umzusetzen. Dies bleibt hier im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vollkommen unberücksichtigt.
jeci
12.7.2024, 16:02:31
Im Sachverhalt steht "abschleppen". Darunter würde ich jetzt verstehen, dass das Fahrzeug auf den Hof des Abschleppunternehmens verbracht wird. Tatsächlich kann es beim Parken vor einem abgesenkten Bordstein aber ggf. ausreichen, das Fahrzeug verkehrsgemäß an eine andere Stelle umzusetzen. Dies bleibt hier im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vollkommen unberücksichtigt.
jeci
12.7.2024, 16:02:52
Im Sachverhalt steht "abschleppen". Darunter würde ich jetzt verstehen, dass das Fahrzeug auf den Hof des Abschleppunternehmens verbracht wird. Tatsächlich kann es beim Parken vor einem abgesenkten Bordstein aber ggf. ausreichen, das Fahrzeug verkehrsgemäß an eine andere Stelle umzusetzen. Dies bleibt hier im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vollkommen unberücksichtigt.
Ala
12.9.2024, 12:02:26
Könnte man die Rechtmäßigkeit des
Sofortvollzugs an der Voraussetzung des § 6 II VwVG „zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig“ scheitern lassen?
Sassun
14.11.2024, 12:24:00
Laufen solche Fälle nicht idR über Landesrecht? Inwieweit ist das VwVG dann überhaupt prüfungsrelevant für das 1. Examen?
G0d0fMischief
21.11.2024, 09:18:48
Ich bin mir nicht sicher, aber an Flughäfen und Bahnhöfen ist ja jeweils die Bundespolizei zuständig. Wenn der Fall nun dort spielt wäre dann das VwVG einschlägig. An sich lässt sich ja aber die Wertung des Falles 1 zu 1 auf das Landesrecht übertragen. Finde es aber auch sehr nervig, dass nichts zum Landesrecht da ist (zumal es doch sehr examensrelevant ist). Hab mir vorgenommen in der Notizfunktion überall das für mich einschlägige Landesrecht zu benennen, wird spaßig..