Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Entscheidungsgründe

Abtretung eines Zahlungsanspruchs an gutgläubigen Erwerber

Abtretung eines Zahlungsanspruchs an gutgläubigen Erwerber

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K hat einen Zahlungsanspruch gegen B und erhebt diesbezüglich Klage. Kurz darauf tritt er den Anspruch an seinen Gläubiger G ab und verlangt Zahlung an diesen. G weiß nichts von dem Prozess. B wendet ein, dass K nun zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei (§ 265 Abs. 3 ZPO). ‌

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Einordnung des Falls

Abtretung eines Zahlungsanspruchs an gutgläubigen Erwerber

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat eine streitbefangene Sache veräußert.

Ja, in der Tat!

Eine Sache ist streitbefangen, wenn durch ihre Veräußerung der Kläger nicht mehr aktivlegitimiert oder der Beklagte nicht mehr passivlegitimiert ist. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist stets streitbefangen, da der Kläger durch dessen Abtretung seine Prozessführungsbefugnis bzw. Aktivlegitimation verliert. K hat Klage gegen B auf Erfüllung des Zahlungsanspruchs erhoben. Dadurch wurde der klägerische Anspruch streitbefangen. Durch die Abtretung des Anspruchs an G hat er eine streitbefangene Sache veräußert.
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2. K ist wegen der Abtretung des Anspruchs nicht mehr prozessführungsbefugt.

Nein!

Prozessführungsbefugt ist grundsätzlich derjenige, der behauptet, Inhaber des geltend gemachten Rechts zu sein. Hiervon enthält § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO eine Ausnahme. Hiernach hat die Veräußerung der streitbefangenen Sache oder die Abtretung des streitbefangenen Anspruchs auf den Prozess keinen Einfluss. Dies bedeutet, dass der Prozess grundsätzlich mit den bereits vorhandenen Parteien fortgesetzt wird. Der Abtretende/Veräußernde darf demnach ein nun fremdes Recht in eigenem Namen geltend machen. § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO normiert somit eine gesetzliche Prozessstandschaft. K ist als Prozessstandschafter des G weiterhin prozessführungsbefugt.

3. Ks fehlende Aktivlegitimation ist unschädlich, da er seine Klage auf Zahlung an G umgestellt hat.

Genau, so ist das!

Die Veräußerung der streitbefangenen Sache hat auf den Prozess keinen Einfluss (§ 265 Abs. 2 S. 1 ZPO). Der Prozess wird also mit den bereits vorhandenen Parteien fortgesetzt. Bei Veräußerung auf Beklagtenseite wird zugleich die fehlende Passivlegitimation des Beklagten durch § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO überwunden. Bei Veräußerung auf Klägerseite bleibt der Kläger als gesetzlicher Prozessstandschafter des Rechtsnachfolgers prozessführungsbefugt. Die fehlende Aktivlegitimation wird jedoch erst dadurch überwunden, dass der Rechtsnachfolger dem Kläger eine Einzugsermächtigung erteilt oder dass der Kläger den Klageantrag auf Leistung an den Rechtsnachfolger umstellt (§ 264 Nr. 2 ZPO). Durch die Umstellung seiner Klage auf Zahlung an G hat K seine entfallene Aktivlegitimation überwunden.

4. Da G nichts von dem Prozess ahnt, würde sich die Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils in dem Prozess zwischen K und B nicht auf ihn auswirken.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 325 Abs. 1 Alt. 1 ZPO wirkt ein Urteil grundsätzlich nicht nur für und gegen die Parteien des Rechtsstreits, sondern auch für und gegen diejenigen Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit deren Rechtsnachfolger geworden sind. § 325 Abs. 2 ZPO bildet zwar eine Ausnahme hierzu im Falle der Gutgläubigkeit des Rechtsnachfolgers. Nach h.M. gilt § 325 Abs. 2 ZPO jedoch nur, wenn die veräußernde Partei als Nichtberechtigter über die streitbefangene Sache verfügt hat. Eine Forderung kann grundsätzlich nicht gutgläubig von einem Nichtberechtigten erworben werden (§ 404 BGB). Wenn es sich bei der streitbefangenen Sache also um eine Forderung handelt, ist die Anwendbarkeit des § 325 Abs. 2 ZPO gänzlich ausgeschlossen. K hat über seine Forderung verfügt. § 325 Abs. 2 ZPO ist hierauf nicht anwendbar. Das Urteil ist also selbst dann gegenüber G wirksam, wenn der geltend gemachte Anspruch abgewiesen würde.

5. Kann B hier mit Erfolg die Einrede des § 265 Abs. 3 ZPO geltend machen?

Nein!

Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 ZPO gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei. Die Rechtskraft eines die Klage abweisenden Urteils würde sich auch auf G erstrecken. Daher greift der Einwand des B nach § 265 Abs. 3 ZPO nicht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GEI

Geithombre

6.6.2024, 17:18:46

Da bei vielen anderen Aufgaben das präzise Lesen der Frage notwendig ist und da teils Fallen eingebaut werden, finde ich die 2 (?) Frage etwas misslich. Es ist keine streitbefangene Sache veräußert, sondern ein Anspruch abgetreten worden. Das sind mMn schon zwei unterschiedliche Paar Schuhe.


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