+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Als H das beschädigte Hausdach ihres ortsabwesenden Nachbarn N repariert, findet sie im Haus Ns verängstigte Katze. Aufgrund der weiter zu erwartenden Regenfälle und Überflutungen rettet H die Katze und pflegt sie bei sich, bis N wieder zurück ist.
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Einordnung des Falls
Fremdheit des Geschäfts – Einführungsfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. H möchte nun die Kosten für die Versorgung der Katze von N nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) ersetzt verlangen. Musst Du daher zunächst die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB prüfen?
Ja, in der Tat!
Die Grundvoraussetzungen der echten GoA sind in § 677 BGB geregelt. Erforderlich ist danach, dass jemand ohne Beauftragung oder anderweitige Berechtigung für einen anderen ein Geschäft führt.
Zu prüfen sind also folgende Prüfungspunkte:
(1) Geschäftsbesorgung,
(2) Fremdheit des Geschäfts,
(3) Fremdgeschäftsführungswille,
(4) Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung.
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2. Indem H die Katze gerettet hat, hat er „ein Geschäft besorgt“ (§ 677 BGB).
Ja!
Der Begriff der Geschäftsbesorgung ist wie im Auftragsrecht (§ 662 BGB) weit zu verstehen und umfasst jede rechtsgeschäftliche oder tatsächliche Tätigkeit, auch von kurzer Dauer, soweit es über reines Dulden oder Unterlassen hinausgeht. Die Rettung der Katze ist als tatsächliche Tätigkeit eine Geschäftsbesorgung.
3. Zudem müsste H das Geschäft „für einen anderen“ (§ 677 BGB) besorgt haben. Setzt dies die Fremdheit des Geschäfts voraus?
Genau, so ist das!
Der Geschäftsführer muss das Geschäft „für einen anderen“ besorgen (§ 677 BGB). Aus dieser Wendung „für einen anderen“ und dem Sinn und Zweck der Geschäftsführung folgert die h.M. über den Gesetzeswortlaut hinaus das Erfordernis der Fremdheit des Geschäfts. In der Literatur wird hingegen die Auffassung vertreten, die Fremdheit des Geschäfts sei neben dem Fremdgeschäftsführungswillen kein eigenständiges Tatbestandsmerkmal ist. Denn die Wendung „für einen anderen“ sei subjektiv formuliert. Überdies könne die Fremdheit ohnehin oft nur über den Fremdgeschäftsführungswillen ermittelt werden. In der Klausur ist es wichtig, dass Du die Fremdheit des Geschäfts prüfst. Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten fremder Geschäfte (objektiv fremd, auch-fremden, subjektiv fremd) hat eine wesentliche Bedeutung für die Feststellung des Fremdgeschäftsführungswillens – wie Du in den nächsten Aufgaben sehen wirst.
4. Ein Geschäft ist für den Geschäftsführer fremd, wenn es dem Rechts- und Interessenkreis eines anderen angehört.
Ja, in der Tat!
Ein fremdes Geschäft liegt vor, wenn das Geschäft dem Rechts- und Interessenkreis eines anderen angehört. Dabei kann die Zuordnung eines Geschäfts zum Rechts- und Interessenkreis des Geschäftsherrn objektiv oder subjektiv erfolgen. Es ist insoweit zu unterscheiden zwischen:
(1) Dem objektiv fremden Geschäft: Das Geschäft fällt nach außen erkennbar in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen.
(2) Dem subjektiv fremden Geschäft (auch neutrales Geschäft): Das Geschäft ist nach außen hin neutral, sodass nach außen nicht erkennbar ist, wessen Geschäft es ist.
(3) Dem auch-fremden Geschäft: Das Geschäft fällt nach außen erkennbar sowohl in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen, als auch in denjenigen des Geschäftsführers selbst.
5. Ein objektive fremdes Geschäft liegt also vor, wenn das Geschäft nach außen erkennbar in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen fällt. Ist das hier bei der Rettung der Katze der Fall?
Ja!
Objektiv fremde Geschäfte sind bereits nach äußerlichen, objektiven Kriterien dem Rechts- und Interessenkreis des Geschäftsherrn zuzuordnen. Also dann, wenn das Geschäft bereits seinem Inhalt nach einem fremden Interessen- oder Pflichtenkreis angehört. Zu den objektiv fremden Geschäften zählen danach insbesondere diejenigen Handlungen, die unmittelbar darauf abzielen, fremde Rechtsgüter vor Gefahr oder Schaden zu bewahren.Die Rettung der Katze, die im Eigentum des N steht, gehört bereits äußerlich erkennbar, also nach objektiven Kriterien allein zur Interessensphäre des N selbst. Denn diese Rettung dient gerade dem Schutz des Eigentums des N (§ 903 BGB). H hat somit ein fremdes Geschäft besorgt.