1. V könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung der €5.200 aus dem Kaufvertrag haben (§ 433 Abs. 2 BGB). Bestand zwischen K und V zunächst ein Kaufvertrag über das Pferd?
Ja!
Ein Kaufvertrag kommt durch Angebot und Annahme (§§ 145ff. BGB) zustande.
K und V haben einen Kaufvertrag über das Pferd zum Preis von €5.200 geschlossen.
Wenn im Sachverhalt keine genaueren Angaben zu Angebot und Annahme stehen, kannst Du hier auch nicht genauer prüfen. Dies wird auch nicht verlangt, der Schwerpunkt der Klausur liegt offensichtlich nicht im Rahmen des Vertragsschlusses. Es reicht aus, wenn Du kurz feststellst, dass die Parteien einen Kaufvertrag geschlossen haben.
Tiere sind zwar keine Sachen (§§ 90, 90a S. 1 BGB). Es werden aber die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend angewendet, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist (§ 90a S. 3 BGB). Somit sind auch die Vorschriften über den Kaufvertrag anwendbar.
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2. Ist der Kaufvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen, wenn K ihn wirksam angefochten hat (§ 142 Abs. 1 BGB)?
Genau, so ist das!
Die wirksame Anfechtung einer Willenserklärung (§§ 119 ff., 142 BGB) setzt voraus:
(1) Zulässigkeit der Anfechtung / Kein Ausschluss
(2) Anfechtungsgrund (§§ 119, 120, 123 BGB)
(3) Anfechtungserklärung (§ 143 BGB)
(4) Anfechtungsfrist (§§ 121, 124 BGB)
(5) Rechtsfolge: Nichtigkeit ex tunc (§ 142 BGB)
Der Kaufvertrag von K und V ist als von Anfang an nichtig anzusehen, wenn K ihn wirksam angefochten hat.
Bei Gestaltungsrechten empfiehlt es sich, den Obersatz immer anhand der Rechtsfolge zu formulieren (z. B. § 142 Abs. 1 BGB, § 346 Abs. 1 BGB, § 389 BGB).
Die Anfechtung wird teilweise unter „Anspruch entstanden” und teilweise unter „Anspruch erloschen” geprüft. Hintergrund ist die Frage, ob die Anfechtung eine rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendung ist. Letztlich handelt es sich um eine Aufbaufrage, die Du in der Klausur nicht begründen musst. Dazu später mehr. Eine Anfechtung kann in der Klausur innerhalb verschiedener Anspruchsgrundlagen relevant werden. Achte hier auf den Bearbeitervermerk!
3. Kann K ihre Willenserklärung gerichtet auf den Abschluss des Kaufvertrags anfechten, wenn V sie durch arglistige Täuschung zur Abgabe bestimmt hat (§ 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB)?
Ja, in der Tat!
§ 123 Abs. 1 BGB ermöglicht es, eine Willenserklärung anzufechten, wenn infolge einer arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung des Geschäftsgegners die Freiheit der Willensentschließung des Erklärenden fehlte. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung setzt voraus:
(1) Täuschung des Erklärenden durch Geschäftsgegner
(a) Täuschung über Tatsachen
(b) Widerrechtlichkeit der Täuschung
(4) Kausaler Irrtum des Erklärenden
(5) (Mit)ursächlichkeit des Irrtums für Abgabe der Erklärung
(6) Arglist des Geschäftsgegners
Arglisterfordert einen Täuschungswillen (= zumindest Eventualvorsatz), aber im Gegensatz zum Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) keinen Schädigungsvorsatz. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB wird, anders als die Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums nach § 119 Abs. 2 BGB, nicht von den spezielleren Regelungen der Mängelgewährleistung im Kaufrecht (§§ 437ff. BGB) verdrängt. Denn der arglistige Verkäufer ist nicht schutzwürdig.
K kann ihre Willenserklärung anfechten, wenn V sie durch arglistige Täuschung zur Abgabe bestimmt hat (§ 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB).
Beachte: Die Voraussetzungen beziehen sich nur auf den Anfechtungsgrund (§ 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Um die Rechtsfolge des § 142 BGB auszulösen, muss der Anfechtende innerhalb der Anfechtungsfrist die Anfechtung gegenüber dem Anfechtungsgegner erklären (§ 143 Abs. 1 BGB).
4. Ist das Verschweigen von Tatsachen bei Vertragsschluss wegen der allgemeinen Aufklärungspflicht immer eine Täuschung?
Nein!
Eine Täuschung durch Unterlassen setzt voraus, dass den Täuschenden eine Pflicht zur Aufklärung trifft. Eine allgemeine Aufklärungspflicht gibt es nicht. Das Verschweigen von Tatsachen ist daher nur eine Täuschung, wenn eine Aufklärung nach Treu und Glauben und der Verkehrsanschauung redlicherweise erwartet werden durfte (§ 242 BGB). Dies ist der Fall, wenn die Tatsachen den Vertragszweck möglicherweise vereiteln können und aus diesem Grund für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von erheblicher Bedeutung sind.
Beim Kauf eines Reitpferdes kann aggressives Verhalten das Reiten (= den Vertragszweck) vereiteln. Das Verhalten des Pferdes ist daher für die Willensbildung des Käufers von erheblicher Bedeutung. Somit trifft den Verkäufer eine Aufklärungspflicht, falls das Pferd sich in der Vergangenheit regelmäßig aggressiv verhalten hatte.
Um die Aufklärungspflicht zu begründen, musst Du die Interessen von Verkäufer und Käufer anhand der Umstände des Einzelfalles abwägen. Hierbei kommt es insbesondere auf Charakter und Art der Geschäftsbeziehungen an.
5. Das Pferd hat sich regelmäßig aggressiv rückwärts in Richtung von Menschen bewegt und versucht, nach diesen auszutreten. Wird ein solches Verhalten durch den Hinweis „etwas dominant” ausreichend beschrieben?
Nein, das ist nicht der Fall!
Nachdem Du festgestellt hast, dass das Verhalten des Pferdes grundsätzlich eine Tatsache ist, über die der Verkäufer hätte aufklären müssen, prüfst Du im zweiten Schritt, ob der Verkäufer diese Pflicht erfüllt hat. Ist dies der Fall, wäre eine Täuschung durch Unterlassen abzulehnen.
Ob und inwiefern eine Aufklärungspflicht besteht, ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen.
OLG Braunschweig: Vor dem Hintergrund der Gefahren eines regelmäßig nach hinten in Richtung von Menschen austretenden Pferdes ist die Beschreibung „etwas dominant” geradezu verniedlichend (RdNr. 13). V hat deshalb nicht ordnungsgemäß über das Verhalten des Pferdes aufgeklärt. Er hat die bestehende Aufklärungspflicht verletzt und K dadurch getäuscht.
In einem Klausursachverhalt würdest Du ausreichend Informationen zum Verhalten des Pferdes und der Beschreibung im Vertrag erhalten. Wichtig ist, dass Du diese Informationen in Deiner Argumentation verarbeitest. Zu welchem Ergebnis Du dann kommst, ist weniger entscheidend.
6. Fehlt der nach § 123 Abs. 1 BGB erforderliche Irrtum der K?
Nein, das trifft nicht zu!
Der Anfechtungsgrund setzt voraus, dass die Täuschung zu einem Irrtum des Getäuschten geführt hat. Ein Irrtum ist eine Fehlvorstellung über Tatsachen. Weil V der K das aggressive Verhalten des Pferdes verschwiegen hat, ging K davon aus, dass das Pferd nicht aggressiv, sondern höchstens „etwas dominant“ war. Hätte V seine Aufklärungspflicht erfüllt, wäre diese Fehlvorstellung bei K nicht entstanden. Wir schauen uns den Fall sehr kleinteilig an. In einer Klausur könntest Du die Prüfung an dieser Stelle kürzer halten – je nachdem, wo die Schwerpunkte des Falles liegen.
7. K wollte ein „liebes” Pferd kaufen. War die Täuschung somit zumindest mitursächlich für den Abschluss des Kaufvertrages?
Ja!
Die Täuschungshandlung muss zu einem Irrtum führen. Dieser Irrtum muss wiederum ursächlich für die Abgabe der Willenserklärung des Getäuschten sein. Entscheidend ist, dass der Getäuschte ohne den Irrtum die Willenserklärung überhaupt nicht oder nur mit einem anderen Inhalt abgegeben hätte.
K wollte kein aggressives Pferd kaufen. Dass sie das Pferd trotz des Hinweises „etwas dominant” kaufte, lässt zwar darauf schließen, dass sie bereit war, V diesbezüglich etwas entgegenzukommen. Allerdings hätte sie ein Pferd mit einer derart aggressiven Vorgeschichte jedenfalls nicht für denselben Preis gekauft, wie ein Pferd ohne ein solches Verhalten. Somit war die Täuschung für den Abschluss des konkreten Kaufvertrags kausal.
Zu diesem Prüfungspunkt finden sich regelmäßig genug ausdrückliche Hinweise im Sachverhalt.
8. V wusste vom aggressiven Verhalten beim Vorbesitzer, hatte aber selbst keine Probleme mit dem Pferd. Hat er deshalb hinsichtlich der Täuschung lediglich fahrlässig gehandelt?
Nein, das ist nicht der Fall!
Arglist setzt Eventualvorsatz voraus: Der Handelnde muss den Umstand zumindest für möglich halten und zugleich billigend in Kauf nehmen, dass der Käufer den Umstand nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.
Aggressives Verhalten beim Vorbesitzer ist etwas, an dem ein Käufer regelmäßig stark interessiert ist und wovon er den Abschluss und die Höhe des Kaufvertrages abhängig macht. Es deuteten für V keine Anhaltspunkte darauf hin, dass K dieser Umstand egal ist. V musste davon ausgehen, dass K das Verhalten des Pferdes nicht kennt und den Vertrag bei Kenntnis nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Selbst wenn V tatsächlich keine Schwierigkeiten mit dem Pferd gehabt hatte, kann er das berechtigte Interesse von K nicht nur fahrlässig übersehen haben. V handelte zumindest mit Eventualvorsatz.
Ein typischer Fall des Eventualvorsatzes sind sogenannte Angaben „ins Blaue hinein”. Dabei gibt der Verkäufer Erklärungen ab, ohne selber Kenntnis über die Richtigkeit des Inhalts zu haben.
9. Hat K innerhalb der Anfechtungsfrist wirksam die Anfechtung erklärt?
Ja, in der Tat!
Der Anfechtende muss gegenüber dem Anfechtungsgegner die Anfechtung erklären (§ 143 Abs. 1 BGB). Wer der richtige Anfechtungsgegner ist, richtet sich nach der Art des Rechtsgeschäfts (§ 143 Abs. 2 bis Abs. 4 BGB). Die Anfechtungserklärung ist – wie bei jeder Ausübung eines Gestaltungsrechts – unwiderruflich und bedingungsfeindlich.
K hat innerhalb der Anfechtungsfrist von einem Jahr (§ 124 Abs. 1 BGB) die Anfechtung erklärt (§ 143 Abs. 1 BGB).
Dieser Prüfungspunkt ist hier unproblematisch. Generell können in einer Klausur bei der Anfechtungserklärung Probleme aus dem allgemeinen Teil des BGB eingebaut werden.
10. Hat V gegen K einen Anspruch auf Zahlung von 5.200 Euro aus dem Kaufvertrag (§ 433 Abs. 2 BGB)?
Nein!
Durch die Rückwirkung der Anfechtung (= ex tunc, § 142 Abs. 1 BGB) wird der Kaufvertrag als von Anfang an nichtig angesehen. Der Anspruch des V auf Zahlung des Kaufpreises (§ 433 Abs. 2 BGB) ist somit nicht entstanden.
An dieser Stelle wird der Streit relevant, ob die Anfechtung eine rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendung ist. Wäre die Anfechtung eine rechtsvernichtende Einwendung, wäre der Anspruch des V zwar entstanden, aber später durch die Anfechtung erloschen. Es handelt sich hierbei um eine Aufbaufrage, sodass Du den Streit nicht führen musst.
Für die rechtshindernde Einwendung spricht insbesondere der Wortlaut des § 142 Abs. 1 BGB, wonach das Rechtsgeschäft „von Anfang an” nichtig ist. Für die rechtsvernichtende Einwendung spricht, dass diese Wirkung erst mit der Anfechtungserklärung eintritt. Letztlich sind hier beide Ansichten gleich vertretbar.
11. Angenommen, K hat den Kaufpreis bereits in bar bezahlt. Könnte sie gegen V einen Anspruch auf Herausgabe des Geldes haben (§ 985 BGB)?
Genau, so ist das!
Der Anspruch aus § 985 BGB setzt voraus: (1) Eigentum des Anspruchstellers, (2) Besitz des Anspruchsgegners, (3) Fehlendes Recht zum Besitz des Anspruchsgegners (§ 986 BGB). Eigentümer ist, wer nach Belieben mit einer Sache verfahren und andere Personen von der Einwirkung darauf ausschließen darf, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen (§ 903 S. 1 BGB).
In einer Klausur hängen die Anspruchsgrundlagen und der Prüfungsaufbau stets vom Bearbeitervermerk ab. Denkbar ist auch eine inzidente Prüfung der Anfechtung innerhalb des § 985 BGB. Dann würdest Du unter „(1) Eigentum” prüfen, ob die Anfechtung auch die Übereignung erfasst. Unter „(3) Recht zum Besitz” verweist Du nach oben zur Prüfung der Anfechtung, um zu begründen, dass kein Kaufvertrag vorliegt.
12. K hatte ursprünglich Eigentum an ihrem Geld. Hat sie ihr Eigentum bereits durch Abschluss des Kaufvertrags mit V verloren (§ 433 Abs. 2 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
An dieser Stelle musst Du das Trennungs- und Abstraktionsprinzip beachten! Durch den Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts (= Kaufvertrag) erlangt man kein Eigentum.
Die Übereignung richtet sich nach § 929 S. 1 BGB und erfordert:
(1) die Einigung (dinglicher Vertrag),
(2) einen Publizitätstatbestand (Übergabe (§ 929 S. 1 BGB), Besitzkonstitut (§ 930 BGB) oder Abtretung eines Herausgabeanspruchs § (931 BGB)),
(3) Einigsein bei Eintritt des Publizitätstatbestands, sowie
(4) die Berechtigung zur Übereignung.
K kann ihr Eigentum an dem Geld nicht durch den Kaufvertrag mit V verloren haben, sondern nur durch (dingliche) Übereignung.
13. K hat ihr Eigentum zunächst durch Übereignung an V verloren (§ 929 S. 1 BGB). Hat die wirksame Anfechtung des Kaufvertrags ohne Weiteres zur Folge, dass auch die dingliche Einigung unwirksam ist?
Nein!
Nach dem Abstraktionsprinzip sind Verpflichtungsgeschäft und das Verfügungsgeschäft unabhängig voneinander rechtlich wirksam: Die Wirksamkeit des einen Rechtsgeschäfts ist losgelöst („abstrakt“) von der Wirksamkeit des anderen Rechtsgeschäfts zu beurteilen. Mängel des einen Geschäfts beeinträchtigen die Wirksamkeit des anderen Geschäfts nicht.
Die Anfechtung des Kaufvertrages führt somit nicht automatisch zur Unwirksamkeit der dinglichen Einigung.
Das Abstraktionsprinzip ist eines der Grundprinzipien des deutschen Zivilrechts. Ein Verstoß hiergegen wäre in einer Klausur ein schwerwiegender Fehler.
14. K hätte auch das Geld nicht übereignet, wenn sie vom Verhalten des Pferdes gewusst hätte. Ist ihre Anfechtungserklärung so auszulegen, dass sie auch die auf die Übereignung gerichtete Willenserklärung erfasst?
Genau, so ist das!
Sowohl Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäft können angefochten werden, wenn sie an demselben Fehler leiden (= Identität der Fehlerquelle). Der Fehler muss für beide Geschäfte separat festgestellt werden. Bei der arglistigen Täuschung ist es ausreichend, dass der Erklärende durch die Täuschung zur Abgabe der Willenserklärung bestimmt wurde.
Ohne die Täuschung hätte K das Geld nicht an V übereignet. Damit leidet die auf Übereignung gerichtete Willenserklärung an dem gleichen Fehler wie die auf Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung und kann angefochten werden. K hat zudem erklärt, sie wolle „alles anfechten”. Ihre Anfechtungserklärung ist daher so auszulegen, dass sie auch die Übereignung erfasst.
Hierbei handelt es sich nicht um eine Ausnahme vom Abstraktionsprinzip, denn beide Rechtsgeschäfte sind hier unabhängig voneinander fehlerbehaftet und werden separat angefochten (= Identität der Fehlerquelle).
15. Angenommen, K hat den Kaufpreis bereits in bar bezahlt. Hat K gegen V einen Anspruch auf Herausgabe des Geldes (§ 985 BGB)?
Ja, in der Tat!
K hat ihre auf Übereignung gerichtete Willenserklärung wirksam angefochten. Sie ist somit weiterhin (1) Eigentümerin der € 5.200 (§ 903 S. 1 BGB). (2) V ist Besitzer (§ 854 Abs. 1 BGB). Der Kaufvertrag ist ex tunc nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB), weshalb V auch kein (3) Recht zum Besitz hat. Somit hat K gegen V einen Anspruch auf Herausgabe des Geldes (§ 985 BGB).
V hat seine auf Übereignung des Pferdes gerichtete Willenserklärung nicht angefochten. Somit hat er gegen K keinen Anspruch auf Rückübereignung des Pferdes aus § 985 BGB.
16. K hat den Kaufpreis bezahlt, V hat ihr das Pferd übergeben. Hat K gegen V einen Anspruch auf Herausgabe des Geldes und V gegen K auf Herausgabe des Pferdes aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB?
Ja!
„Etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist jede vorteilhafte Rechtsposition. Eine Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Ob der Rechtsgrund bei einer Anfechtung von Anfang an fehlt (dann condictio indebiti, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) oder nachträglich wegfällt (dann condictio ob causam finitam, § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB), ist umstritten. Die h. M. wendet die condictio indebiti an (§ 812 Abs. 1 S. 1. Alt. 1 BGB). Dafür spricht, dass durch die Anfechtung das anfechtbare Rechtsgeschäft „von Anfang an” (ex tunc) entfällt (§ 142 Abs. 1 BGB).
K und V haben als „etwas” jeweils Eigentum und Besitz am Geld bzw. dem Pferd erlangt. Dies erfolgte durch bewusste Mehrung des jeweils anderen Vermögens zur Erfüllung der Pflicht aus dem Kaufvertrag, also durch Leistung. Durch die Anfechtung ist der Kaufvertrag ex tunc nichtig geworden (§ 142 Abs. 1 BGB). Somit erfolgte die Leistung ohne rechtlichen Grund.
Verlangt der Anfechtende nach der Anfechtung etwas vom Anfechtungsgegner zurück, musst Du immer an § 812 Abs. 1 BGB denken. Unter dem Prüfungspunkt „ohne rechtlichen Grund” verweist Du nach oben zur Prüfung der Anfechtung des Kaufvertrags oder prüfst die Anfechtung an dieser Stelle erstmalig inzident.
Bei der Frage des richtigen Kondiktionsanspruches wirkt sich wieder der Streit aus, ob die Anfechtung rechtshindernd oder rechtsvernichtend wirkt (siehe oben). Letztlich beeinflusst dies jedoch nur die Anspruchsgrundlage, nicht das Ergebnis.