Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Formfreiheit und Grenzen

Vereinbarung einer Form – Wahrung der Form hat konstitutive Bedeutung

Vereinbarung einer Form – Wahrung der Form hat konstitutive Bedeutung

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V möchte K ihren sprechenden Graupapageien Otto verkaufen. Bei der Verhandlung über den Preis und die Haltungsbedingungen stimmen sie ab, der Kaufvertrag müsse zwingend schriftlich erfolgen, um wirksam zu sein. Drei Tage später einigen sie sich im mündlichen Gespräch über alle Vertragsbedingungen.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Vereinbarung einer Form – Wahrung der Form hat konstitutive Bedeutung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Rechtsgeschäft, welches der vereinbarten Form nicht genügt, ist zwingend nichtig.

Nein, das trifft nicht zu!

Im Unterschied zum gesetzlichen Formerfordernis können die Parteien bei der gewillkürten Schriftform frei darüber entscheiden, welche Folgen die Nichtbeachtung der Schriftform nach sich zieht. Entscheidend ist der Parteiwille. Unterschieden wird zwischen dem konstitutiven und deklaratorischen Formerfordernis. Maßgebend für die Rechtsfolgen ist der Parteiwille.
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2. Die Schriftformvereinbarung zwischen V und K ist konstitutiv.

Ja!

Die Schriftform ist konstitutiv, wenn das Formerfordernis nicht nur Beweiszwecken dient, sondern eine Wirksamkeitsvoraussetzung darstellt. Die deklaratorische Schriftform dient primär Beweiszwecken. Entscheidend für die Abgrenzung der deklaratorischen und konstitutiven Schriftform ist die Parteivereinbarung. V und K möchten den Kaufvertrag zwingend dem Schriftformerfordernis unterwerfen. Nach dem Parteiwillen legen die Parteien Wert auf die Schriftform und soll nach ihrem Willen eine Wirksamkeitsvoraussetzung darstellen.

3. Folge der konstitutiven Vereinbarung ist grundsätzlich die Nichtigkeit des Vertrags zwischen V und K.

Genau, so ist das!

Dies ergibt sich aus § 125 S. 2 BGB. Im Unterschied dazu hat die Nichteinhaltung der deklaratorischen Schriftform keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der Vereinbarung. Die mündlich vereinbarten Vertragsbedingungen sind nichtig.Die konstitutive Schriftform kann allerdings durch (konkludente) Vereinbarung auch wieder abbedungen werden. Sofern V und K durch den mündlichen Vertragsschluss zugleich auch das Formerfordernis aufgehoben haben, liegt ein wirksamer Vertrag vor. Hierzu auch folgender Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FABY

Faby

27.8.2021, 10:06:19

Also bedeutet „zwingend“, dass sozusagen doppelte/qualifizierte Schriftformerfordernis vereinbart wurde?

VIC

Victor

27.8.2021, 10:12:03

Inwiefern meinst

doppeltes Schriftformerfordernis

? Hier war die Schriftform vereinbart. Jedoch war ihr Wille darauf gerichtet nicht nur später etwas zu Beweiszwecken in der Hand zu haben, sonder die Wirksamkeit des Vertrages soll davon abhängen. Dadurch soll meistens voreiligen Entscheidungen vorgebeugt werden und jeder soll sich der Ernsthaftigkeit des Rechtsgeschäftes bewusst sein.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.11.2021, 20:39:01

@Faby: in der Tat hat hier die konstitutive Vereinbarung der beiden zur Folge, dass auch die spätere mündliche Abrede das ursprünglich vereinbarte Schriftformerfordernis nicht mehr beseitigen konnte - ähnlich also wie bei den sog. "

doppelte Schriftformklausel

n", die nicht nur beinhalten, dass jegliche Änderung des Vertrages der Schriftform bedarf, sondern auch, dass die Aufhebung der

Schriftformklausel

selbst der Schriftform bedarf. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Steinfan

Steinfan

26.4.2024, 23:35:40

Wie sieht es hier mit §154 II BGB aus? Warum genau greift hier § 125 S. 2 BGB?

LELEE

Leo Lee

28.4.2024, 12:19:37

Hallo Steinfan, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat liegen 154 II und 125 2 nicht mal so weit voneinander entfernt! Der Unterscheid liegt darin, dass 154 II diejenigen Fälle meint, wo die Beurkundung bereits zum Zustandekommen des Vertrags gehört, während 125 2 eher die „nachgelagerte“ Frage der Wirksamkeit regelt. D.h. also, dass 154 II dann gilt, wenn bereits das Zustandekommen von einer bestimmten Form abhängen soll. Insofern war der Sachverhalt nicht so ganz klar, weshalb wir den Text nun entsprechend angepasst haben. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Busche § 154 Rn. 11 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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