Vereinbarung einer Form – Wahrung der Form hat konstitutive Bedeutung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V möchte K ihren sprechenden Graupapageien Otto verkaufen. Bei der Verhandlung über den Preis und die Haltungsbedingungen stimmen sie ab, der Kaufvertrag müsse zwingend schriftlich erfolgen. Drei Tage später einigen sie sich im mündlichen Gespräch über alle Vertragsbedingungen.
Einordnung des Falls
Vereinbarung einer Form – Wahrung der Form hat konstitutive Bedeutung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein Rechtsgeschäft, welches der vereinbarten Form nicht genügt, ist zwingend nichtig.
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Nein, das trifft nicht zu!
2. Die Schriftformvereinbarung zwischen V und K ist konstitutiv.
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Ja!
3. Folge der konstitutiven Vereinbarung ist grundsätzlich die Nichtigkeit des Vertrags zwischen V und K.
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Genau, so ist das!
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Faby
27.8.2021, 10:06:19
Also bedeutet „zwingend“, dass sozusagen doppelte/qualifizierte Schriftformerfordernis vereinbart wurde?
Victor
27.8.2021, 10:12:03
Inwiefern meinst doppeltes Schriftformerfordernis? Hier war die Schriftform vereinbart. Jedoch war ihr Wille darauf gerichtet nicht nur später etwas zu Beweiszwecken in der Hand zu haben, sonder die Wirksamkeit des Vertrages soll davon abhängen. Dadurch soll meistens voreiligen Entscheidungen vorgebeugt werden und jeder soll sich der Ernsthaftigkeit des Rechtsgeschäftes bewusst sein.

Lukas_Mengestu
17.11.2021, 20:39:01
@Faby: in der Tat hat hier die konstitutive Vereinbarung der beiden zur Folge, dass auch die spätere mündliche Abrede das ursprünglich vereinbarte Schriftformerfordernis nicht mehr beseitigen konnte - ähnlich also wie bei den sog. "doppelte Schriftformklauseln", die nicht nur beinhalten, dass jegliche Änderung des Vertrages der Schriftform bedarf, sondern auch, dass die Aufhebung der Schriftformklausel selbst der Schriftform bedarf. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Illustration zum Fall
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