Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Formfreiheit und Grenzen
Vereinbarung einer Form – Wahrung der Form hat deklaratorische Bedeutung
Vereinbarung einer Form – Wahrung der Form hat deklaratorische Bedeutung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V möchte K ihre 18 Jahre alte Schildkröte Jette verkaufen. Bei der Verhandlung über den Preis und die Haltungsbedingungen stimmen sie ab, der Vertrag solle in Textform erfolgen, um für später eine Dokumentation zu haben. Am Tag darauf schließen sie den Vertrag mündlich ab.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Vereinbarung einer Form – Wahrung der Form hat deklaratorische Bedeutung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein Rechtsgeschäft, welches der vereinbarten Form nicht genügt, ist zwingend nichtig.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Textformvereinbarung ist hier als deklaratorisch zu qualifizieren.
Ja!
3. Die Nichteinhaltung der Form berührt hier die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. V kann von K verlangen, dass sie den Vertrag nachträglich schriftlich fixieren.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Blackpanther
29.4.2022, 11:51:40
Dies ergibt sich aus § 127 II 2 für die Schriftform und § 127 III 3 für die elektronische Form.
QuiGonTim
4.7.2022, 14:41:49
Handelt es sich bei diesem Anspruch auf nachträgliche Formberichtigung um einen solchen aus
culpa in contrahendo?
Nora Mommsen
19.7.2022, 15:36:19
Hallo QuiGonTim, Ansprüche aus §§ 280 I, 241 II,
311 III BGB(cic) können nur bei Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten entstehen. Haben beide gemeinsam mündlich einen Vertrag geschlossen liegt keine einseitige Schutzpflichtverletzung vor. Man könnte aber überlegen, ob ein Vorvertrag geschlossen wurde, aus dem sich der Anspruch einer bestimmten Form herleiten lässt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
SvzW
23.12.2023, 21:22:18
Was ist hier der Unterschied zum vorherigen Fall mit dem Papagei?
Leo Lee
24.12.2023, 19:16:20
Hallo SvzW, der Unterschied liegt darin, dass beim Papageifall die Parteien „zwingend“ die Schriftform wollten, wohingegen beim hiesigen Fall nur die Textform erfolgen „soll“, damit man später etwas dokumentiert hat. Somit ist bei der „zwingenden“ Schriftform-Vereinbarung die Vereinbarung konstitutiv (weil es „zwingend“ sein sollte, soll auch mit Nichteinhaltung Unwirksamkeit eintreten), während bei der Textform (nur) zwecks Dokumentation die Vereinbarung eben „nur“ deklaratorisch ist (womit eben nicht die Unwirksamkeit automatisch eintreten soll, falls die Textform nicht eingehalten wird). Sprich, beim Papageifall war es den Parteien derart wichtig, dass eben die Form eingehalten wird, sodass ansonsten die Unwirksamkeit das Ergebnis ist. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Einsele § 125 Rn. 70 sehr empfehlen :). Besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch wünscht dir das Jurafuchsteam!