+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft K unwissentlich einen Gebrauchtwagen mit defekter Bremsanlage. Um einer teuren Reparatur und eventuellen Schadensersatzansprüchen aus dem Weg zu gehen, erklärt V die Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums und verlangt das Auto zurück.
Einordnung des Falls
Ausschluss der Anfechtung für Verkäufer
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Auto ist mangelhaft, weil die Bremsanlage defekt ist (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 + 2 BGB).
Ja, in der Tat!
Ein Sachmangel liegt bei einer negativen Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit einer Sache vor. V und K haben keine Beschaffenheit oder vertragliche Verwendung vereinbart. Das Auto ist mangelfrei, wenn es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Auch bei einem gebrauchten Auto kann der Käufer eine funktionsfähige Bremsanlage erwarten. Das Auto ist objektiv mangelhaft (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 + 2 BGB). K stehen die sich aus § 437 BGB ergebenden Mängelrechte zu.
2. V unterlag beim Verkauf des Autos einem Eigenschaftsirrtum, weil er sich über dessen Mangelfreiheit irrte (§ 119 Abs. 2 BGB).
Ja!
Der Eigenschaftsirrtum berechtigt zur Anfechtung, wenn der Erklärende über verkehrswesentliche Eigenschaften der Sache irrt (§ 119 Abs. 2 BGB). Eigenschaften einer Sache sind alle wertbildenden Faktoren, die ihr aufgrund tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse auf Dauer anhaften. Sie sind verkehrswesentlich, wenn sie von der Verkehrsanschauung oder der Parteienabrede als wesentlich anzusehen sind. Die Funktionstüchtigkeit der Bremsanlage eines Autos stellt eine solche verkehrswesentliche Eigenschaft dar, da sie ihm unmittelbar anhaftet und immense Auswirkungen auf dessen Wert hat. Da V hierüber irrte, unterlag er einem grundsätzlich zur Anfechtung berechtigenden Eigenschaftsirrtum. 3. Die kaufrechtliche Mängelhaftung schließt vorliegend das Anfechtungsrecht des Verkäufers wegen eines Eigenschaftsirrtums aus.
Genau, so ist das!
Die kaufrechtliche Mängelhaftung schließt das Anfechtungsrecht des Verkäufers wegen eines Eigenschaftsirrtums nicht grundsätzlich aus. Da dem Verkäufer keine Gewährleistungsrechte zustehen, besteht kein Konkurrenzverhältnis zu den Mängelansprüchen. Allerdings kann der Verkäufer dann nicht anfechten, wenn er sich dadurch den Mängelrechten des Käufers entziehen würde. V ficht vorliegend nur an, um den Mängelrechten des K (Nacherfüllung, gegebenenfalls Schadenersatz) aus dem Weg zu gehen. In diesem Fall ist ein Anfechtungsrecht des Verkäufers ausgeschlossen.