Öffentliches Recht
Examensrelevante Rechtsprechung ÖR
Verwaltungsrecht BT: Straßenrecht
Straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis im Ermessen der Behörde
Straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis im Ermessen der Behörde
12. April 2025
9 Kommentare
4,7 ★ (33.747 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
E ist Eigentümerin eines Grundstücks in B mit einer Grundstückszufahrt vom öffentlichen W-Weg. Von der W-Zufahrt können Es Garage und Autostellplätze angefahren werden. E plant eine zweite Grundstückszufahrt von der S-Straße zur Errichtung weiterer Stellplätze. B lehnt die zweite Zufahrt ab.
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Einordnung des Falls
Straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis im Ermessen der Behörde
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E erhebt Klage zum VG. Sie verlangt die Feststellung, dass die zweite Zufahrt vom Anliegergebrauch gedeckt und nicht erlaubnisbedürftig ist. Ist die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Feststellungsklage ist nur zulässig, wenn der Kläger ein besonderes Interesse an der Feststellung hat. Hat E ein Feststellungsinteresse?
Ja!
3. Grundsätzlich ist die allgemeine Feststellungsklage subsidiär (§ 43 Abs. 2 VwGO). Ist die Klage deshalb schon unzulässig?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Es Feststellungsklage ist begründet, wenn die zweite Zufahrt vom gesteigerten Gemeingebrauch (Anliegergebrauch) erfasst ist. Fällt die Anbindung eines Grundstücks an eine öffentliche Straße unter den Anliegergebrauch?
Ja, in der Tat!
5. Fallen auch zwei Grundstückszufahrten unter den Anliegergebrauch?
Nein!
6. Ist E ausnahmsweise von dem Erfordernis einer Sondernutzungserlaubnis befreit, da B ihr bereits im Verwaltungsverfahren mitgeteilt hatte, die Errichtung neuer Stellplätze sei verfahrensfrei möglich?
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Es Hauptantrag auf Feststellung der Genehmigungsfreiheit ist also erfolglos. E stellt einen Hilfsantrag auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis. Ist die Klage über den Hilfsantrag zulässig?
Ja, in der Tat!
8. Hat E einen Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für ihre zweite Grundstückszufahrt?
Nein!
9. E kann Neubescheidung verlangen, wenn B ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. B stellte in ihrer Ermessensentscheidung maßgeblich auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ab. Ist das zulässig?
Genau, so ist das!
10. Durch die Erlaubnis für eine weitere Grundstückszufahrt ist eine Verknappung von Parkplätzen auf der S-Straße zu erwarten. War es ermessensfehlerhaft, dass B auf dieser Grundlage E keine Sondererlaubnis für eine zweite Zufahrt erteilt hat?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Entenpulli
19.2.2024, 14:19:11
Kann mir bitte jemand erklären, wieso man keine Anfechtungsklage gegen den ablehnenden Bescheid erheben kann? Würde diese durchgehen, stünde der Antrag wieder im Raum und es müsste doch neu über ihn entschieden werden. Danke im Voraus
_Andor_
4.4.2024, 10:18:44
Ich denke, man könnte durchaus eine AK erheben, wenn dies dem klägerischen Begehr entspräche. Hier ist aber gerade die Feststellung, dass es keiner Erlaubnis bedarf, gewünscht. Nach § 88 VwGO (ne ultra petita) entspricht also ein unmittelbares Vorgehen gegen den Bescheid nicht dem Begehr: Beseitigte man die Ablehnung, wäre weiterhin ungeklärt, ob eine Erlaubnis nötig ist oder nicht.

Whale
22.7.2024, 10:24:53
War im Originalfall jetzt das Vornahmeurteil oder das
Bescheidungsurteilzu prüfen? Hier in der Übung wird ja beides erwähnt. Das Begehren einer Entscheidung durch Vornahmeurteil hätte ja aufgrund mangelnder
Spruchreifekeinen Erfolg. Wandelt sich das dann automatisch in ein einfaches
Bescheidungsurteilum?
as.mzkw
19.9.2024, 12:37:12
So verstehe ich zumindest § 113 V 2 VwGO, ja.

Simon
15.10.2024, 22:32:31
"Dieser Ausspruch [Verpflichtung der
Behördezur erneuten Bescheidung] setzt keinen eigenständigen Antrag des Klägers voraus; er ist als minus im Verpflichtungsbegehren nach [§ 113] V 1 enthalten" (Bamberger, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 113 Rn. 105). Damit wäre in der Klausur auch § 113 V 2 VwGO zu prüfen, wenn die Klage nach § 113 V 1 VwGO nicht begründet ist. Allerdings führt dies dann zu einem teilweisen Unterliegen des Klägers mit der Kostenfolge des § 155 I 1 VwGO (s. Zimmermann-Kreher, in: Beck-OK, VwGO, 70 Ed. 2024, § 155 Rn. 1).
Franzi Fuchs
13.2.2025, 11:14:51
Der Fall ist wirklich super aufgearbeitet worden!

Linne_Karlotta_
13.2.2025, 18:12:11
Hallo Franzi Fuchs, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team