Öffentliches Recht
Grundrechte
Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG)
Spaßveranstaltung als geschützte Versammlung? – Schutzbereich Art. 8 GG („Loveparade“)
Spaßveranstaltung als geschützte Versammlung? – Schutzbereich Art. 8 GG („Loveparade“)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Veranstalter A meldet bei Polizeipräsidentin P die „Love-Parade“ als Versammlung an. Geplant sind bunte Wagen, die mit Techno-Musik durch die Stadt ziehen. P meint, dass die Veranstaltung keine öffentliche Versammlung sei, und verbietet sie. A ist damit nicht einverstanden.
Diesen Fall lösen 85,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Spaßveranstaltung als geschützte Versammlung? – Schutzbereich Art. 8 GG („Loveparade“)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Versammlung setzt voraus, dass die Teilnehmer einen gemeinsamen Zweck verfolgen.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Love-Parade ist nach dem weiten Versammlungsbegriff eine Versammlung.
Ja!
3. Auch nach einem erweiterten Versammlungsbegriff, der eine gemeinsame Meinungsbildung/-äußerung verlangt, erfüllt die Love-Parade die Voraussetzungen einer Versammlung.
Genau, so ist das!
4. Nach dem weiten Versammlungsbegriff reicht jeder gemeinsame Zweck aus.
Ja, in der Tat!
5. Auch nach dem engen Versammlungsbegriff, der eine auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtete Erörterung oder Kundgabe voraussetzt, liegt eine Versammlung vor.
Nein!
Fundstellen
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Vica
16.7.2020, 08:29:31
Eine Frage. Die Loveparade war ja nicht nur zum feiern und seine Lebensgefühle zu präsentieren da, sondern auch für die Gleichsetzung und Unterstützung anderer Sexualitäten. Liegt hier nicht so mit auch eine gemeinsame Meinungsbildung vor?
Eigentum verpflichtet 🏔️
16.7.2020, 08:40:02
Hey Vica, danke für die Frage. War das auch 2001 schon so? Von dem Jahr ist nämlich die BVerfG Entscheidung. Zudem ist es "verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, die rechtliche Beurteilung (der Loveparade) danach zu richten, ob die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist, oder ob der Spaß-, Tanz-, oder Unterhaltungszweck im Vordergrund steht." Laut unserem Sachverhalt wird hier mit bunten Wägen mit Twchnomusik durch die Stadt gefahren. Das ist keine Versammlung.
Vica
16.7.2020, 08:41:02
Vielen Dank für die Erklärung:)
Elisabeth
21.8.2020, 09:12:49
Ich habe mal gehört, dass als Zweck in der Versammlungsanmeldung damals „Friede, Freude, Eierkuchen“ angegeben wurde.... (ohne Gewähr ;) ) Das ist zumindest formal auch kein Zweck um an der öffentlichen Meinungsbildung teilzuhaben/ bzw. für Gleichsetzung zu demonstrieren. Bemerkenswert ist allerdings, dass man mit der Wahl der „Formulierung“ des Versammlungszweck ein bisschen scheinheilig vorgeben könnte, man fördert einen von Art.8 I GG geschützten Zweck ohne das wirklich zu tun.... ?
Isabell
11.9.2021, 11:33:28
Ich glaube mit den Jahren trat der Versammlungsaspekt immer mehr hinter dem Partyaspekt zurück. Aber auch das ohne Gewähr 😉
Tamer
12.12.2021, 13:15:58
Hätte noch eine Folgefrage. Wenn man den Versammlungsbegriff des Art. 8 I GG bejaht - den sachlichen Schutzbereich also eröffnet - spielt es dann eigentlich noch eine wirkliche Rolle, ob ich zwischen Versammlung und Aufzug differenziere? (Loveparade wäre ja, wenn wir so weit gekommen wären, vermutlich ein Aufzug gewesen.) Oder kann ich mir diese Differenzierung/Feststellung, ob Versammlung oder Aufzug "sparen"? Bei flüchtigem Blick ins VersG des Bundes kann ich nämlich nicht wirklich erkennen, wo diese Unterscheidung eine Rolle spielen könnte? Vielleicht bei den Möglichkeiten des Eingriffs für die
Behörde? Weil Aufzüge sich leichter lenken lassen als eine "stationäre" Versammlung? 🤔 LG, Tamer
Dr. Festd
30.7.2024, 17:50:29
Hallo, es ließe sich als Argument für den engen Versammlungsbegriff, neben dem Telos und der Historie, noch die Gebührenfreiheit von Versammlung aufzählen. Würden Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt gemeinsam zu Feiern als Versammlung klassifiziert, dann könnten sich Veranstalter von solchen hinter dem Schutz von Art. 8 GG und des VersG verstecken um Kosten z.B für Straßenreinigung zu vermeiden.