Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
Sachbeschädigung (§ 303 StGB) durch Freilassen eines Vogels
Sachbeschädigung (§ 303 StGB) durch Freilassen eines Vogels
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T und O sind konkurrierende Züchter heimischer Singvögel. Um O zu schaden, öffnet T den Käfig eines seltenen und zur Züchtung eingesetzten Vogels des O. Der Vogel verlässt den Käfig und fliegt davon.
Diesen Fall lösen 93,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Sachbeschädigung (§ 303 StGB) durch Freilassen eines Vogels
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Vogel ist für T eine fremde Sache (§ 303 StGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat den Vogel beschädigt (§ 303 Abs. 1 StGB), indem er den Käfig geöffnet hat.
Nein!
3. T hat den Vogel zerstört (§ 303 Abs. 1 StGB), indem er den Käfig geöffnet hat.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
le.boi
26.5.2020, 17:06:07
Wie hat er sich letztendlich strafbar gemacht?
Jana-Kristin
14.7.2020, 10:59:57
Nach der hier vorliegenden Lösung liegt gar keine Strafbarkeit vor. M.E. liegt aber eine Zerstörung vor. Es mag zwar sein, dass der Vogel durch das aus dem Fenster fliegen, keinen Schaden genommen hat, ein „exotischer Singvogel“ - wie im Sachverhalt geschildert - wird wohl kaum den Winter überleben. So auch Beulke, Klausurenkurs im Strafrecht, S. 29.
Raimond
25.9.2020, 11:15:31
@Jana-Kristin. Genau! Aber bitte nicht den Sachverhalt biegen. Jurafuchs hat das zwar angedeutet, aber zum Beispiel nicht die Jahreszeit mit hingeschrieben. Daher kann es im Sommer zB auch schön warm sein..
Raven13
26.5.2020, 18:27:27
T hat O's Vogel frei gelassen. Einen Vogel den T nicht gehört. Dem Vogel könnte alles geschehen. Das wäre dann T Schuld.
Raimond
25.9.2020, 11:14:33
Yes das stimmt. Aber da wäre im SV der Hinweis "Der tropenvogel tat sich nicht an das mitteleuropäische Klima gewöhnt, findet keinen warmen Unterschlupf und erfriert. Das wusste der Züchter der diese Art Vögek kennt, auch." den Hinweis gibt es so hier nicht.
Alex
29.7.2020, 16:58:57
Die erste Frage lautet Sinngemäß:" ist der Vögel eine fremde Sache" das ist Str. oder nicht ? e.A. sagt Tiere sind keine Sachen sondern werden nur als solche behandelt (das ist glaube ich die h.M.) a.A sagt, dass vom strafrechtlichen Sachbegriff auch Tiere umfasst sind (m.A.n ist das aber die Mindermeinung, weshalb die Antwort auf die Frage eigentlich "Nein" sein müsste oder?)
Eigentum verpflichtet 🏔️
29.7.2020, 22:06:56
Hallo Alex, danke für deine Frage. Bei der Sacheigenschaft von Tieren ist das Strafrecht vom Zivilrecht zu unterscheiden. § 90a BGB gilt nach ganz h.M. nur für das Zivilrecht, der Sachbegriff ist strafrechtlich autonom zu bestimmen (vgl. OLG Karlsruhe NJW 2001, 2488; MükoStGB-Schmitz, 3. Aufl, 2017, § 242 Rn. 26; BeckOK-Wittig §
242 StGBRn. 4; Zopfs ZJS 09, 506; a.A. Schönke/Schröder-Bosch, 30. Aufl. 2019, § 242 Rn. 9.) Vgl. auch den Wortlaut "Tiere, Pflanzen und andere Sachen" in § 325 I StGB.
glaenzejenseitsvonnullundachtzehn
21.5.2023, 23:31:44
Neben §325 kann auch §324a mit selbigen Argument als Argumentationsstütze herangezogen werden
Prokurist
20.11.2022, 13:36:47
Meines Wissens nach greift § 303 I nach verbreiteter Ansicht hier schon, da es sich um einen exotischen Vogel handelt, der hierzulande in Freiheit nicht lange überleben kann (Stichwort:
Sachentziehung, die mit vorhersehbarer Zerstörung oder Beschädigung einhergeht).
Lukas_Mengestu
22.11.2022, 14:16:18
Hallo Alexander, der Sachverhalt war an dieser Stelle in der Tat etwas zweideutig. Schon das Reichsgericht hat ausgeführt, dass das bloße Fliegenlassen eines eingesperrten Vogels für sich genommen keine Sachbeschädigung darstellt (RG 17.1.1890 – Rep. 3271/89, RGSt 20, 182 (185)). Anders wird dies aber beurteilt - wie Du zurecht angemerkt hast - wenn die
Sachentziehungzwangsläufig eine Beschädigung oder Zerstörung der Sache zur Folge hat, wie zB bei einem im See versenkten Fahrrad, das rostet oder an einen frei gelassenen Kanarienvogel, der bei ungewohnten Außentemperaturen erfriert (Schönke/Schröder/Hecker, 30. Aufl. 2019, StGB § 303 Rn. 13). Da hier nicht näher spezifiziert wurde, welche Bedingungen der exotische Vogel draußen zu erwarten hat, haben wir ihn nun zu einem heimischen Vogel gemacht, um hier mögliche Unklarheiten zu beseitigen. Bete grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Miriam
6.9.2024, 18:30:40
Müsste aber dann nicht bei dem vorherigen Fall mit dem Verlobungsring auch angenommen werden, dass dieser am Meeresgrund zwangsläufig beschädigt bzw. zerstört wird?
Tinki
26.9.2024, 22:50:37
Vielleicht hat man hier an den klassischen Goldring gedacht? Stellt man sich den vor, ist es eher schwierig, sich ein Szenario auszudenken, in dem er am Meeresboden zumindest zerstört wird, oder? @[Miriam](254113)
agi
12.10.2024, 01:42:25
@[Tinki](200906) je nachdem ob es sich um Salzwasser handelt oder nicht, besteht auch bei einem Goldring die Möglichkeit eines Bruches. Sobald Gold nicht mehr in seiner Grundform besteht, kann sich Salz nämlich auf die Lötstellen auswirken. :)
Miriam
12.10.2024, 12:29:04
Außerdem sind Goldringe nie zu 100% aus Gold, daher wäre ich schon davon ausgegangen, dass auch ein Goldring am Meeresboden sowohl durch das Salzwasser als auch Sand, Steine, etc. zwangsläufig zumindest beschädigt wird.