Sachbeschädigung (§ 303 StGB) durch Freilassen eines Vogels


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Klassisches Klausurproblem

T und O sind konkurrierende Züchter heimischer Singvögel. Um O zu schaden, öffnet T den Käfig eines seltenen und zur Züchtung eingesetzten Vogels des O. Der Vogel verlässt den Käfig und fliegt davon.

Einordnung des Falls

Sachbeschädigung (§ 303 StGB) durch Freilassen eines Vogels

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Vogel ist für T eine fremde Sache (§ 303 StGB).

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Ja, in der Tat!

Taugliche Tatobjekte der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) sind fremde Sachen. Darunter fallen alle körperlichen Gegenstände, beweglich oder unbeweglich. Fremd ist eine Sache, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht oder herrenlos ist.Unbeschadet des § 90a S. 1 BGB ("Tiere sind keine Sachen."), unterliegen auch Tiere dem strafrechtlichen Sachbegriff. Zudem befindet sich der Vogel im Eigentum des O und ist damit für T eine fremde Sache im Sinne des § 303 StGB.

2. T hat den Vogel beschädigt (§ 303 Abs. 1 StGB), indem er den Käfig geöffnet hat.

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Nein!

Beschädigen ist nach hM jede körperliche Einwirkung auf eine Sache, die zu einer nicht unerheblichen Substanzverletzung oder Brauchbarkeitsminderung führt. Keine Sachbeschädigung liegt vor beim bloßen Entziehen der Sache durch Verbringung an einen anderen Ort oder Verhinderung des Zugangs (aA: Funktionsvereitelungstheorie).T hat den Vogel weder in seiner Substanz verletzt, noch auf andere Weise in seiner Brauchbarkeit als Zuchtvogel gemindert. Er hat den Vogel lediglich an einen anderen Ort verbracht und so den Zugang durch O verhindert. Es handelt sich um eine straflose Sachentziehung.

3. T hat den Vogel zerstört (§ 303 Abs. 1 StGB), indem er den Käfig geöffnet hat.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Handlungsmodalität der Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) ist das Zerstören. Eine Sache ist zerstört, wenn sie (1) auf Grund der Einwirkung in ihrer Existenz vernichtet oder (2) so wesentlich beschädigt ist, dass sie ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit völlig verloren hat.Weder hat T den Vogel getötet und damit seine Existenz vernichtet, noch hat er ihn derart beschädigt, dass der Vogel seine bestimmungsgemäße Brauchbarkeit verloren hätte. T hat den Vogel nicht zerstört.

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