Zugang im elektronischen Geschäftsverkehr – Zugang eines Telefaxes bei Aufbrauch des Toners


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Klassisches Klausurproblem

Unternehmer U macht K ein bis Montag befristetes Kaufangebot. K sendet U am Montagmittag seine Annahmeerklärung per Fax. U's Faxgerät empfängt die Erklärung, druckt sie aber nicht aus. Der Toner ist leer. U erhält erst am Dienstag neuen Toner.

Einordnung des Falls

Zugang im elektronischen Geschäftsverkehr – Zugang eines Telefaxes bei Aufbrauch des Toners

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die per Fax versandte Annahmeerklärung des K ist wirksam geworden, als das Faxgerät des U das eingehende Fax Montagmittag gespeichert hat.

Ja!

Empfangsbedürftige WE werden wirksam mit Zugang (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Zugang (Phase 3) liegt bei verkörperten WE vor, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass er von ihr Kenntnis nehmen kann und wenn unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.Ein Fax ist schon dann in den Machtbereich des Empfängers gelangt, wenn das Empfängergerät die gesendeten technischen Signale vollständig empfangen (gespeichert) hat. Die Speicherung ist vergleichbar mit einem in den Briefkasten eingeworfenen Brief. Bei Unternehmen ist innerhalb üblicher Geschäftszeiten unmittelbar mit der Kenntnisnahme von eingehenden Faxen zu rechnen. Die Annahmeerklärung des K ist wirksam.

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DI

Dini2010

11.1.2020, 12:41:46

Ich habe gelernt, dass eine WE, die per Fax übermittelt wird, erst mit dem Ausdruck als zugegangen gilt (BGH NJW 1994, 1881; 1987, 2586)??

SEBA

Sebastian

15.1.2020, 19:24:30

Generell ist diese Frage äußert irrelevant. Das Fax ist längst ausgestorben!

Marilena

Marilena

16.1.2020, 12:26:11

@Dini2010 Ich habe mir die Urteile, auf die Du Dich beziehst, angeguckt. Im erstgenannten wird auch auf die vollständige Signalübertragung abgestellt und eben nicht auf den (dort zudem fehlerhaften/unvollständigen) Ausdruck. In der neueren Rspr. (BGH NJW 2007, 2045, 2046; NJW 2006, 2263, 2265) stellt der BGH maßgeblich darauf ab, wann die Datenübermittlung im Fax des Empfängers eingegangen und gespeichert ist, auf den Ausdruck kommt es nicht an: „Zu berücksichtigen ist hierbei, dass es maßgeblich nicht auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem die Rechtsmittelbegründungsschrift im Telefaxgerät des Gerichts ausgedruckt worden ist, sondern auf den Zeitpunkt, in dem die gesendeten Signale vom Empfangsgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) wurden (vgl. BGH, BGHZ 167, 214, 219 ff.).“

Marilena

Marilena

16.1.2020, 12:30:49

@Sebastian Das kann man so nicht sagen, denke ich. Am Lehrstuhl, an dem ich gearbeitet habe, wurde und wird insbesondere vom Prof (Jg. 1960) nach wie vor gefaxt. Und nach der Trojaner-Attacke am Kammergericht müssen die Richter auf Fax-Geräte ausweichen, https://eur04.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fwww.tagesspiegel.de%2Fberlin%2Fnach-trojaner-attacke-am-kammergericht-richter-muessen-auf-fax-geraete-ausweichen%2F25132698.html&data=02%7C01%7C%7C71596c7867c644d8efbd08d79a7750ff%7C84df9e7fe9f640afb435aaaaaaaaaaaa%7C1%7C0%7C637147709551321598&sdata=T%2FoABpC%2BLTFsA3xvdYY8OP5gzXeQAffA2pvy70N9wh4%3D&reserved=0

DI

Dini2010

20.4.2020, 14:32:35

@marilena: vielen Dank für die Antwort!! Dann sind unsere Lehrkräfte da teils wohl auch nicht up-to-date....

MO

Mona32145

11.4.2021, 17:31:54

Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt, zu dem z. B. die Rechtsmittelbegründungsschrift im Telefaxgerät des Gerichts ausgedruckt worden ist, sondern der, in dem die gesendeten Signale vom Empfangsgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) wurden (BGH, Beschluss v. 8.5.2007, VI ZB 74/06).

LALA

Lalala

18.4.2020, 19:27:57

Wird die Annahmeerklärung nicht erst dann wirksam wenn nach den gewöhnlichen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist? Also nicht schon dann wenn das Faxgerät das eingehende Fax erst nur gespeichert hat?

GEL

gelöscht

19.4.2020, 08:19:46

Hi - die gewöhnlichen Umstände sollten ja sein, dass das Faxgerät funktionsfähig ist. Gerade von einem Unternehmer kann erwartet werden, dass er seine zum Empfang von Willenserklärungen vorgehaltenen Geräte zu den üblichen Zeiten ständig empfangsbereit hält. Dass er keinen Toner mehr hat fällt ihm zur Last und die Speicherung des Fax ist somit ausreichend.

SNEU

Stefan Thomas Neuhöfer

19.4.2020, 21:53:39

Hi, vielen Dank für Eure Beiträge! In der Sache bin ich in der Mitte: Bei einem Fax handelt es sich um eine vekörperte Willenserklärung unter Abwesenden. Zugang deshalb, wenn die Willenserklärung dergestalt in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass unter üblichen Umständen mit Kenntnisnahme zu rechnen ist. Beim Fax ist die Willenserklärung damit zwar im Machtbereich des Empfängers, wenn das Fax gespeichert ist. Der Zugang setzt dann zusätzlich voraus, dass unter üblichen Umständen mit Kenntnisnahme zu rechnen ist - das ist grundsätzlich, wie Marcus schreibt, im geschäftlichen Verkehr sofort. Deshalb liegt hier Zugang vor.

SNEU

Stefan Thomas Neuhöfer

19.4.2020, 21:53:51

Viele Grüße Für das Jurafuchs-Team - Stefan

N€olib€ral

N€olib€ral

19.7.2021, 11:52:20

In der anwaltlichen Praxis ist die Nutzung eines Faxgeräts (leider) noch sehr üblich. Da wurde die Digitalisierung teilweise echt verpennt :D


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