Kinnhaken-Fall (Risikoersetzung)

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Mit Knüppeln bewaffnet lauert A dem B auf, um ihn schwer zu misshandeln. R will dies verhindern. Er streckt B vor dem Erreichen des Hinterhalts mit einem Kinnhaken nieder, sodass B vor den vermutlich gravierenderen Angriff des A bewahrt bleibt. B hat heftige Kieferschmerzen.

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Einordnung des Falls

Kinnhaken-Fall (Risikoersetzung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der konkrete Verletzungserfolg ist R objektiv zuzurechnen.

Ja, in der Tat!

Risikoverringerung liegt vor, wenn jemand einen bereits angelegten Kausalverlauf im Umfang der drohenden Schäden für den Betroffenen auf die Weise reduziert, dass er diese in ihrer nachteiligen Wirkung abschwächt, ohne zugleich eine eigenständige, anders gelagerte Gefahr zu setzen. In diesem Fall hat der Täter keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen.R hat zwar durch das Niederstrecken des B den Angriff des A in seiner schädigenden Wirkung abgeschwächt. Er hat aber mit dem Kinnhaken zugleich eine eigenständige, andersartige Gefahr für B begründet, die sich auch im konkreten Verletzungserfolg, den Kieferschmerzen, realisiert hat (Risikoersetzung).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Nebenbesitzer einer Fräsmaschine

Nebenbesitzer einer Fräsmaschine

19.12.2020, 18:35:13

Jetzt verstehe ich gar nicht mehr. Ich wünsche mir eine Differenzierung zum den Fall mit den Ziegelsteinen. Meiner Ansicht nach widerspricht sich Jurafuchs hier erheblich.

TJU

Tr(u)mpeltier junior

25.12.2020, 01:29:38

Das liegt indes weniger an dem Fall hier, als vielmehr an dem ziegelfall. Auch dort dürfte - zumindest nach dem derzeitigen SV - eher von einer zurechenbaren Tat auszugehen sein, da die Prellung eine neue Gefahr begründet.

Rüsselrecht 🐘

Rüsselrecht 🐘

23.2.2021, 16:35:35

Es gäbe auch eine andere Lösung. Akzeptiert man die Zurechnung und die tatbestandsmäßige Körperverletzung, so könnte man über den rechtfertigenden Notstand einer Strafe ausweichen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.6.2021, 14:18:54

Hallo ihr drei, wir haben den Ziegelstein-Fall (ebenfalls Risikoersetzung) angepasst, sodass hier nun ein Gleichlauf herrscht. Maßgeblich ist also stets die Frage, wurde die ursprüngliche Gefahr abgemildert (=Verringerung) oder mit einer (ggfs. weniger schweren) anderen Gefahr ausgetauscht (=Ersetzung). Wie Fantomaus zurecht ausführt, kommt man aber über den rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB) dennoch zur Straffreiheit. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Rüsselrecht 🐘

Rüsselrecht 🐘

15.6.2021, 14:20:03

Prima 🥰


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