Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Untreue (§ 266 StGB)

Tatsächliches Treueverhältnis, § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB – 1

Tatsächliches Treueverhältnis, § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB – 1

16. Juni 2023

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs-Illustration zum Fall zum Tatsächlichen Treueverhältnis, § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB:

Prokuristin P ist bereits entlassen. Ehe ihre Entlassung bekannt wird, gelingt es ihr, mit dem nach wie vor in ihrem Besitz befindlichen Tresorschlüssel den Inhalt der Firmenkasse in ihren Besitz zu bringen.

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Einordnung des Falls

Tatsächliches Treueverhältnis, § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB – 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Lässt § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB als Entstehungsgrund für Vermögensbetreuungspflichten ein tatsächliches Treueverhältnis genügen?

Ja, in der Tat!

§ 266 Abs. 1 Alt 2 StGB nennt ein Treueverhältnis als mögliche Grundlage einer Vermögensbetreuungspflicht, was in Abgrenzung zu den anderen Grundlagen (Gesetz, behördlichen Auftrag und Rechtsgeschäft) auch als sog. tatsächliches Treueverhältnis bezeichnet wird. Eine faktische Herrschaft über fremde Vermögensinteressen eines anderen liegt insb. in zwei Fallgruppen vor: (1) zivilrechtlich nicht wirksam entstandene Betreuungsverhältnisse, bei denen aufgrund tatsächlichen oder mutmaßlichen Willens der Beteiligten und tatsächlicher Pflichtenübernahme dennoch ein faktisches, fremdnütziges Herrschaftsverhältnis über fremdes Vermögen entstanden ist und (2) zivilrechtlich erloschene Betreuungsverhältnisse, bei denen nach dem (mutmaßlichen) Willen der Beteiligten das Betreuungsverhältnis tatsächlich fortbesteht.
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2. Obliegt P hier im Rahmen eines tatsächlichen Treueverhältnisses eine Vermögensbetreuungspflicht (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB)?

Ja!

Die Beendigung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses führt grundsätzlich auch zum Erlöschen der Treupflicht. Für die früheren Handlungspflichten gilt uneingeschränkt, dass sie mit der Beendigung des Rechtsverhältnisses zu dem Geschäftsherrn erlöschen. Demgegenüber können hinsichtlich der Unterlassungspflichten in begrenztem Umfang Treupflichten im Sinne eines Schädigungsverbots nachwirken. Zwar ist das Rechtsverhältnis durch Ps Entlassung erloschen, dennoch hat P fortwirkend die Pflicht, die Firma nicht zu schädigen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FTE

Findet Nemo Tenetur

10.10.2024, 11:47:00

Ihr schreibt, dass in beiden Fällen, also auch beim Erlöschen ein beidseitig bestehender Wille zum Fortbestand der Betreuungspflicht bestehen muss. Ich verstehe nicht, weswegen im Vorliegenden Fall, noch ein beiderseitiger Wille anzunehmen ist. Die Täterin wurde ja bereits entlassen. Oder einfach aufgrund der Tatsache, dass sie noch den Schlüssel hat? Aber ist dann wiederum aus ihrer Sicht anzunehmen, dass sie noch eine Vermögensbetreuungspflicht will?


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