Deliktsrecht: Eigentumsverletzung & Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb („Stromkabel-Fall“)


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Klassisches Klausurproblem

Baggerfahrerin B durchtrennt ein Stromkabel, welches mehrere Fabriken in einem Industriegebiet versorgt. In der Hühnerfarm des H verderben die Eier. In der Druckerei des D können eine Nacht lang keine Zeitungen mehr gedruckt werden.

Einordnung des Falls

Deliktsrecht: Eigentumsverletzung & Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb („Stromkabel-Fall“)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat das Eigentum des D verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB), indem sie das Stromkabel durchtrennt hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Eigentumsverletzung kann erfolgen durch (1) Sachentziehung, (2) wirksame Verfügung eines Nichtberechtigten, (3) Beeinträchtigung der Sachsubstanz oder (4) Beeinträchtigung des Sachgebrauchs. Zu (4): Die Vorenthaltung der Sache oder die Beeinträchtigung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs darf nicht nur kurzzeitig oder teilweise sein. Vielmehr kommt es darauf an, dass eine Mehrzahl von Verwendungszwecken für eine erhebliche Dauer ausgeschlossen sein muss. D konnte seine Druckmaschinen vorübergehend, d.h. eine Nacht lang, nicht nutzen. Die Beeinträchtigung ist ihrem Gesamtbild nach nicht erheblich genug, um eine Eigentumsverletzung darzustellen.

2. B hat das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des D verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB), indem sie das Stromkabel durchtrennt hat.

Nein!

Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfasst alles, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert eines Betriebes ausmacht. Der Eingriff muss allerdings auch unmittelbar betriebsbezogen gewesen sein. Betriebsbezogenheit ist gegeben, wenn ein unmittelbarer Eingriff in den betrieblichen Tätigkeitskreis vorliegt, der sich spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet und nicht lediglich gegen vom Betrieb lösbare Rechte oder Rechtsgüter. Vorliegend sind jedoch mehrere Betriebe betroffen. Damit ist der Eingriff nicht spezifisch gegen D gerichtet.

3. B hat das Eigentum des H verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB), indem sie das Stromkabel durchtrennt hat.

Genau, so ist das!

Eine Eigentumsverletzung kann erfolgen durch (1) Sachentziehung, (2) wirksame Verfügung eines Nichtberechtigten, (3) Beeinträchtigung der Sachsubstanz oder (4) Beeinträchtigung des Sachgebrauchs. Zu (3): Eine Substanzverletzung liegt vor, wenn eine zunächst intakte Sache körperlich zerstört oder beschädigt wird. Das Verderben der Eier könnte eine Substanzverletzung beinhalten. Verdorbene Eier sind nicht mehr zum Verzehr geeignet und daher als beschädigt anzusehen. Damit hat H eine Eigentumsverletzung erlitten. Diese basiert auch adäquat-kausal auf dem Durchtrennen des Kabels.

4. H kann sich auf die Verletzung seines Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berufen.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfasst alles, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert eines Betriebes ausmacht. Dazu gehören z.B. Bestand, Erscheinungsform, Tätigkeitskreis und Kundenstamm. Es ist allerdings subsidiär zur Eigentumsverletzung, § 823 Abs. 1 BGB, Kreditgefährdung (§ 824 BGB) und wettbewerbsrechtlichen Sondervorschriften (u.a. UWG, GWB, MarkenG). H hat in Bezug auf die Eier bereits eine Verletzung eines vom Betrieb loslösbaren Rechts (Eigentum an den Eiern) erlitten. Damit kann sich H nicht auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berufen.

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