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Arbeitsrecht

Arbeitsgerichtsprozess

Rechtswegszuständigkeit Arbeitsgerichte – „Sic-Non-Fälle“

Rechtswegszuständigkeit Arbeitsgerichte – „Sic-Non-Fälle“

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Hagrid (H) mietet von der Gemeinde G ein Wanderlokal am Eifelsteig. Zugleich verpflichtet sich H gegen jährliche Zahlung von €7.000, dort für G eine Touristeninformation zu betreiben. Dies entspricht einem Stundenlohn von €5. Nach Ablauf eines Jahres klagt H unter Berufung auf das Mindestlohngesetz vor dem Arbeitsgericht weitere €7.000 ein.

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Einordnung des Falls

Rechtswegszuständigkeit Arbeitsgerichte – „Sic-Non-Fälle“

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren Arbeitnehmern mindestens den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen (§ 1 Abs. 1 MiLoG).

Genau, so ist das!

Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet ihren Arbeitnehmern den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Hiervon abweichende Vereinbarungen sind nach § 3 S. 1 MiLoG unwirksam. Hat der Arbeitgeber aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zunächst zu wenig gezahlt, so kann der Arbeitnehmer die Zahlung der Differenz geltend machen. Seit dem 1.10.2022 beträgt der Mindestlohn €12,00 (§ 1 Abs. 2 MiLoG).
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2. Soweit H seine Klage auf das Mindestlohngesetz stützt, ist sie nur begründet, wenn zwischen M und G ein Arbeitsverhältnis bestand (§ 1 Abs. 1 MiLoG).

Ja, in der Tat!

Das Mindestlohngesetz findet nur auf Arbeitnehmer Anwendung (§ 1 Abs. 1 MiLoG).Sofern zwischen H und G kein Arbeitsverhältnis bestanden hätte, stünde H auch kein Anspruch auf die Differenz des gezahlten Lohns zum gesetzlichen Mindestlohnanspruch zu. Seine Klage wäre dann unbegründet.

3. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei Hs Arbeitnehmereigenschaft um eine sogenannte doppeltrelevante Tatsache.

Ja!

Wird die Klage allein auf eine arbeitsrechtliche Grundlage gestützt, so ist die Arbeitnehmereigenschaft zugleich für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage maßgebend. Es handelt sich um eine „doppeltrelevante Tatsache“.Die Arbeitnehmereigenschaft ist hier sowohl für die Frage der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG (Zulässigkeit) als auch das Bestehen von Hs materiellem Zahlungsanspruch aus § 1 MiLoG (Begründetheit) relevant.Diese Fallgruppe wird „sic-non“ (=wenn-nicht) genannt.

4. Wenn H kein Arbeitnehmer ist, wird das Arbeitsgericht den Streit an das zuständige Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit verweisen (§ 48 Abs. 1 ArbGG iVm 17a Abs. 2 GVG).

Nein, das ist nicht der Fall!

Stellt sich in Fällen, in denen der Kläger seine Klage ausschließlich auf eine arbeitsrechtliche Grundlage stützt („sic-non“-Fälle), heraus, dass kein Arbeitsverhältnis besteht, so ist damit nicht nur die Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte und somit die Unzulässigkeit der Klage geklärt. Vielmehr ist damit zugleich entschieden, dass die Klage unbegründet ist. Eine Verweisung wäre dann wenig zweckmäßig, da das Zielgericht - sofern es die Rechtsauffassung teilt - die Klage einfach als unbegründet ablehnen würde. Zur Verfahrensbeschleunigung wird die Klage deshalb nicht an das zuständige Gericht verwiesen, sondern direkt von den Arbeitsgerichten als unbegründet abgewiesen.Wichtigster Anwendungsfall in der Praxis ist die ordentliche Kündigung. Denn der allgemeine Kündigungsschutz greift nur für Arbeitnehmer (§ 1 KSchG).

5. Da Hs Klagebegehren allein auf eine arbeitsrechtliche Grundlage gestützt werden kann, genügt für die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit bereits die bloße Behauptung, er sei Arbeitnehmer.

Ja, in der Tat!

Das BAG lässt in den „sic-non-Fällen“ für die Bejahung des Rechtswegs die bloße Behauptung des Klägers genügen, er sei Arbeitnehmer. Anders als in den Fällen, in denen der Anspruch alternativ auch auf eine bürgerlich-rechtliche Grundlage gestützt werden kann, kann die Klage hier ausschließlich bei Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Erfolg haben. Eine „Rechtswegserschleichung“ ist somit ausgeschlossen. Deswegen muss die Frage nicht bereits abschließend in der vorgeschalteten Zuständigkeitsprüfung abschließend geklärt werden. Vielmehr genügt es eine Beweisaufnahme im Rahmen eines streitigen Kammertermins durchzuführen.H muss erst im Falle eines streitigen Kammertermins beweisen, dass er für G als Arbeitnehmer tätig war.Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass im Falle einer Einigung der Parteien im Gütetermin eine Beweisaufnahme komplett unterbleiben kann.
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