Strafrecht
BT 5: Verkehrsdelikte
Unterlassene Hilfeleistung, § 323c StGB
Objektiver Tatbestand: Unglücksfall
Objektiver Tatbestand: Unglücksfall
30. August 2024
10 Kommentare
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Häufigste Klausurkonstellation im Bereich des § 323c Abs. 1 StGB ist der „Unglücksfall“. Wann liegt dieser vor?
Als Unglücksfall gilt ein plötzlich auftretendes Ereignis, das eine erhebliche Gefahr für ein Individualrechtsgut begründet.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Polizistinnen P und T werden um 23.15 Uhr informiert, dass in Berlin Tiergarten eine Frau in ihrem Pkw bewusstlos zusammengebrochen ist. P und T erklären sich für nicht zuständig und werden nicht tätig. Später stellt sich heraus, dass die Frau möglicherweise schon um 23.10 Uhr nicht mehr lebte.
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Einordnung des Falls
In dem Fall geht es um die Definition des „Unglücksfalls“ als objektives Tatbestandsmerkmal der Unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c StGB). Ob ein Unglücksfall vorliegt, richtet sich nach einer ex-Post-Betrachtung der Tatgegebenheiten. Für die Beurteilung der Strafbarkeit ist daher nicht relevant, was sich die potenziellen Täter:innen zum Tatzeitpunkt dachten, sondern ob sich auch unter Einbeziehung erst später bekannt gewordener, objektiver Gegebenheiten, ein Unglücksfall vorlag. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Strafbarkeit nach § 323c StGB aus. Dieser Fall zeigt den Sinn und Zweck des § 323s StGB: Es soll sichergestellt werden, dass jemand Hilfe erhält, sodern Hilfe wirklich notwendig ist. Ist dies tatsächlich nicht der Fall, besteht keine Notwendigkeit einer Strafbarkeit. Dass der Täter eventuell irrig annahm, ein Unglücksfall läge vor, spielt also keine Rolle.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c Abs. 1 StGB) normiert eine allgemeine Hilfeleistungspflicht in Form eines echten Unterlassungsdelikts, das jeder (nicht nur Garanten (§ 13 StGB)) begehen kann.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Handelt es sich bei dem Zusammenbruch der Frau um einen „Unglücksfall“, sodass die Polizisten den objektiven Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung verwirklicht haben?
Nein!
3. P und T haben sich wegen Versuchs des § 323c Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
Häufige Fragen
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